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Maisstroh: Ein günstiges Biogassubstrat

Lesezeit: 7 Minuten

Die ersten Biogasanlagen in Deutschland setzen Maisstroh ein. Auch entwickelt die Landtechnikindustrie neue Ernteverfahren. Aktuelle Forschungsprojekte in Niedersachsen und Bayern zeigen das große Potenzial dieses Substrats.


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Südwest-Niedersachsen im Oktober 2014: Während ein Mähdrescher mit Maispflücker die letzten Reihen Körnermais erntet, wartet am Rand ein Feldhäcksler mit einemAbfuhrgespann. Kommunikationsprobleme beim Lohnunternehmer? „Nein, wir testen hier einen neuen Maispflücker, der die Kolben erntet und das Stroh im Schwad ablegt“, erklärt Dietrich Baye, Produktmanager der Firma Geringhoff aus Ahlen (Nordrhein-Westfalen). Der neue Erntevorsatz besitzt gekröpfte Häckslermesser. Sie werfen das herunter fallende Stroh in eine dahinter angebrachte Wanne. Eine horizontale Schnecke fördert das Stroh, einschließlich Lieschen und Spindeln, mittig zu einer Öffnung, aus der es herausfällt und unter dem Drescher in einem ca. 1,20 m breitem Schwad abgelegt wird. Dieses Schwad wird anschließend per Pickup vom Feldhäcksler aufgenommen.


Das Projekt ist eines der ersten zur Maisstrohernte in Deutschland. Bislang bleibt dieser Reststoff ungenutzt. Dabei bietet er eine Menge Potenzial. „Pro Hektar fallen rund 90 bis 100 dt Trockenmasse an Stroh an“, berichtet Monika Fleschhut vom Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising, die in einem weiteren Forschungsprojekt seit zwei Jahren vier Verfahren für die Maisstrohernte testet. Von diesen 90 bis 100 dt ernteten die Wissenschaftler 46 dt TM, also etwa die Hälfte des Strohs.


Andere Länder nutzen den Reststoff bereits als Brennstoff, als Rohstoff für die Zellstoffherstellung oder zur Produktion von Ethanol. In Österreich wird Maisstroh seit mehreren Jahren als Substrat in Biogasanlagen eingesetzt. „Wir sehen auch in Deutschland die Verwertung in Biogasanlagen am aussichtsreichsten an“, erklärt Fleschhut. Erste Gärversuche zeigen, dass Maisstroh rund 320 (Norm-)Liter Methan je kg organische Trockensubstanz (oTS) liefert. Das ist etwa 85 % der Gasausbeute von Silomais.


Vorteile für den Abgeber:

Wie die Erfahrungen aus Österreich und Bayern zeigen, zahlen Biogasanlagenbetreiber pro Tonne TS einen Preis zwischen 23 und 40 € frei Feld und übernehmen die Erntekosten. Im Vergleich dazu lagen die vergleichbaren Biogasmaispreise im Jahr 2013 im Schnitt bei 91 €/t TS (stehend ab Feld), wie eine bundesweite Analyse des Fachverbandes Biogas zeigt. „Damit ist Maisstroh trotz der etwas geringeren Gasausbeute ein sehr günstiges Substrat für die Biogasanlage – und das ohne Konkurrenz zur Nahrungs- oder Futtermittelproduktion“, fasst Fleschhut die Ergebnisse zusammen.


Aber auch der abgebende Landwirt hat Vorteile durch die Maisstrohernte:


  • Er kann mit dem Strohverkauf einen Zusatzerlös zum Körnermais erzielen. Selbst wenn er zum Ausgleich der Humusbilanz Gärrest zurücknimmt, bleiben ihm immerhin noch rund 5 bis 10 €/t TS Stroh übrig, zeigt die Praxis.
  • Die Ernte des Strohs (deren Kosten der Biogaserzeuger übernimmt) hilft bei der Bodenbearbeitung und dient damit indirekt der Bekämpfung des Maiszünslers (Ostrinia nubialis) und Fusarien, denn die Stoppeln lassen sich bei geringerer Strohmenge effektiver bearbeiten.
  • Vor allem in Veredelungsgebieten dient der Strohverkauf dazu, mehr Nährstoffe zu exportieren und damit mehr Freiraum für das Düngen mit eigenem Wirtschaftsdünger zu lassen. Auch kann der Dünger – anders als das Stroh auf dem Feld – flexibel eingesetzt werden. Trotz des Strohverkaufs bleibt die Humusbilanz unbedenklich: Denn es bleiben die Hälfte des Strohs plus Wurzelmasse auf dem Feld zurück.


Vier Verfahren im Vergleich:

Um das Maisstroh vom Feld zu bergen, ist allerdings eine spezielle Technik notwendig. Denn anders als bei der Getreideernte wird es üblicherweise beim Drusch nicht im Schwad abgelegt, sondern breitflächig verteilt.


Mittlerweile gibt es mehrere Entwicklungen in der Landtechnik zur Ernte des Maisstrohs. Die LfL testet davon drei Verfahren von vier Anbietern in dem Projekt:


  • Der modifizierte Maispflücker von Geringhoff (www.geringhoff.de), der Stroh, Lieschen und Spindeln in einem Arbeitsgang als Schwad direkt hinter dem Drescher ablegen kann. Bei einem 8-reihigen Pflücker ist die Arbeitsbreite ca. 6 m, das Schwad ist ca. 1,20 m breit.
  • Einen Bandschwader der Firma Kuhn (www.kuhn.de): Er nimmt das auf dem Feld verteilte Stroh mithilfe einer Pick­up auf, die das Stroh Querförderbändern zuführt. Bei seitlicher Ablage und einer Arbeitsbreite von 9 m kann der Schwader bei Hin- und Herfahrt 18 m zusammenschwaden.
  • Umgebaute Mulcher, die das Maisstroh aufnehmen und seitlich ablegen: Der Schwadhäcksler UP-6400 von Agrinz und Uidl (www.uidl.at), der zur Querförderung eine Schnecke verwendet, und der BioChipper von BioG (www.biog-biogas.com), der statt der Schnecke ein Querförderband nutzt; beide Firmen kommen aus Österreich. Der UP-6400 hat eine Arbeitsbreite von 6,4 m, der BioChipper wird mit 3 bis 6 m angeboten.


Strohqualität muss stimmen:

Zudem hat die LfL Kurzschnittladewagen und Feldhäcksler zur Aufnahme für das Maisstroh-Schwad getestet. Ergebnis: Alle vier Ernteverfahren sind in Kombination mit beiden Aufnahmeverfahren möglich. Allerdings hat jedes Verfahren Vor- und Nachteile.


Für eine hohe Gasausbeute ist vor allem der Erntezeitpunkt entscheidend. „Je feuchter das Stroh beim Einsilieren ist, desto besser lässt es sich verdichten“, fasst Fleschhut zusammen. TS-Gehalte über 45 % gelten als kritisch. Um auch trockneres Stroh gut silieren zu können, bringen einige Landwirte in Österreich Schichten von feuchten Zwischenfrüchten mit ins Silo ein. Oder sie zerkleinern das Stroh mit einer Maisstrohmühle, um den Silierprozess zu begünstigen.


Ein später Erntezeitpunkt wirkt sich auch nachteilig auf die Inhaltsstoffe aus. Denn je älter die Pflanze wird, desto mehr leicht vergärbarer Zucker, Fett und Rohprotein werden abgebaut, während der unerwünschte Faseranteil zunimmt.


Auch sollte das Stroh möglichst bald nach der Körnermaisernte abgefahren und einsiliert werden. Besonders nachteilig ist es, wenn das breit verteilte Stroh bei trockener Witterung weiter abtrocknet. Dann lässt es sich wesentlich schwerer silieren.


Hier gibt es jedoch regionale Unterschiede: In der kleinstrukturierten Steiermark z. B. lassen die Lohnunternehmer zur besseren Auslastung der Maschinen erst den Großteil der Körnermaisflächen dreschen, bevor sie mit der Strohernte beginnen. Da kann es schon passieren, dass das Stroh auf einigen Flächen über eine Woche liegt.


Nicht zu viel Erde:

Es könnte sich als negativ erweisen, dass beim Schwaden mehr Erdanhang ins Silo transportiert wird. Dagegen gibt es beim Maispflücker wenig Verschmutzung, da die Biomasse hier vor der Schwadablage keinen Bodenkontakt hat. Aber auch hierzu gibt es noch keine abschließenden Auswertungen. Genauso testet die LfL verschiedene Maissorten auf die Strohqualität. Wie die bisherigen Versuche zeigen, ist der Sortenunterschied nicht so groß. In diesem Jahr sind auch Stay green-Sorten mit verspäteter Abreife der Restpflanze in dem Versuch, bei denen die Blätter noch grün sind. Ergebnisse dazu liegen noch nicht vor.


Angepasste Technik:

Ähnlich wie beim Einsatz von Gras, Grünroggen oder anderen Substraten muss auch die Dosier- und Rührtechnik der Biogasanlage auf Maisstroh angepasst sein. „Bei geringeren Anteilen ist die Vergärung noch mit herkömmlicher Technik möglich, bei höheren Anteilen sollte das Stroh vor dem Einbringen zerkleinert werden“, rät Fleschhut. Ansonsten können sich im Dosierer Brücken und im Fermenter Schwimmschichten bilden. Die Zerkleinerung des Häckslers kann das nicht immer verhindern.


Sollten die weiteren Versuche zum Maisstroh genauso positiv ausfallen und die technische Entwicklung der Erntetechnik voranschreiten, könnte sich die Maisstrohernte in Regionen mit hohem Körnermaisanteil künftig immer mehr durchsetzen. Potenzial wäre jedenfalls genügend da: Bei 526 000 ha Körnermais in Deutschland ließen sich damit 2,4 Mio. t des günstigen Substrats ernten und damit theoretisch mehr als 60 000 ha Silomais für Biogasanlagen einsparen. Hinrich Neumann

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