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Nur die Ebermast ist langfristig rentabel

Lesezeit: 10 Minuten

Was kostet die Umstellung auf Jungebermast, Improvac-Impfung oder Kastration mit Narkose? Mandes Verhaagh und Dr. Claus Deblitz vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft in Braunschweig haben nachgerechnet.


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Die Uhr tickt. Der 1. Januar 2019 rückt unaufhaltsam näher, und damit steigt der Druck auf die Schweinehalter, sich für eine der drei Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration zu entscheiden. Bislang haben sie die Wahl zwischen:


  • Jungebermast;
  • Impfung gegen Ebergeruch;
  • Kastration mit Injektions- oder Inha-lationsnarkose.


Alle drei Alternativen werden vom Gesetzgeber akzeptiert. Wirklich praxistauglich ist bisher jedoch keines der drei Verfahren. Und auch zu den Kosten, die mit der Umstellung verbunden sind, gibt es bislang sehr unterschied-liche Aussagen. Das hat jetzt ein Ende. Denn das Johann Heinrich von Thünen-Institut in Braunschweig hat im Auftrag der Bundesregierung die wirtschaftlichen Auswirkungen der drei Verfahren miteinander verglichen.


Börgemast als Vergleichsbasis:

Als wirtschaftliche Vergleichsbasis, als sogenannte Baseline, diente das bisherige Verfahren der betäubungslosen Kastration und der anschließenden Mast von weiblichen Tieren und Börgen. Die Baseline bezieht sich auf Erlöse und Kosten im Kalenderjahr 2015. Es wurden Daten aus den Netzwerken „agri benchmark Pig“ und der „InterPIG“ verwendet.


Die Abrechnung der Schlachtkörper erfolgte nach Indexpunkten (IXP) je kg Schlachtgewicht (SG) auf der Basis von AutoFOMIII-Abrechnungsmasken, wie sie z.B. bei Tönnies und bei der Westfleisch im Einsatz sind.


Für den Kostenvergleich wurden zunächst die Betriebszweige Sauenhaltung und Schweinemast getrennt voneinander ausgewertet. In der Ferkelerzeugung wurde dabei für einen Betrieb mit 400 Sauen, 27,89 aufgezogenen Ferkeln je Sau und Jahr sowie 48 € Erlös pro Ferkel gerechnet. Und für die Betriebszweigabrechnung Mast wurden für die Kalkulation 4000 Mastplätze, 2,6% Verluste, eine Mastdauer von 112 Tagen, 96 kg SG und ein Erlös von 1,40 €/IXP pro kg SG unterstellt. Für Kombibetriebe wurden die Ergebnisse der Ferkelerzeugung und Mast zusammengeführt.


Zum Schluss wurde für Süddeutschland noch einmal eine separate Baseline definiert (siehe Kasten rechts). Denn in Bayern sind die Bestände im Schnitt deutlich kleiner und die Leistungen tendenziell etwas schlechter als im Nordwesten der Bundesrepublik.


Vor- und Nachteile der Impfung:

Als erste Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration wurde die Immunokastration durchgerechnet, die Doppel-impfung der männlichen Mastschweine mit Improvac. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass während der Säugezeit nicht kastriert werden muss. Die Tiere haben weniger Stress, die Gefahr von Entzündungen ist geringer, und es gibt weniger Saugferkelverluste. Das wird zum Teil allerdings durch etwas höhere Verluste in der Aufzucht aufgrund von Rangordnungskämpfen wieder zunichte gemacht.


Auch die Zeitersparnis durch den Wegfall des Kastrierens wird zum Teil dadurch aufgezehrt, dass die Schweine selektiert und getrennt-geschlechtlich aufgestallt werden müssen. Durch das getrennte Aufstallen in verschiedenen Buchten können die Tiere aber bedarfsgerechter gefüttert werden, und das Impfen geht schneller über die Bühne. Unter dem Strich ergibt sich für das Impfen der Tiere ein etwas höherer Arbeitsaufwand.


In der Mast profitieren Improvac-Anwender bei den männlichen Tieren von der höheren Futteraufnahme, von besseren Tageszunahmen und einer günstigeren Futterverwertung ihrer Tiere. Die Ausschlachtung fällt wegen des höheren Knochenanteils zwar etwas schlechter aus. Dafür ist der Muskelfleischanteil aber höher als bei Börgen.


Allerdings kann es auch bei der Immunokastration zu „Impfversagern“ kommen. Im Mittel bisheriger Untersuchungen beträgt die Häufigkeit etwa 5%. Die Kontrolle des Impferfolges erfolgt anhand der Hodengröße. Für den zusätzlichen Zeitaufwand müssen ebenfalls Kosten angesetzt werden.


Mehr Vorteile bei der Ebermast:

Die Zunahmen und die Futterverwertung sind bei Jungebern deutlich besser als bei Börgen. Deshalb wurde bei den Auswertungen berücksichtigt, dass sich die Mastdauer bei der Jungebermast verkürzt und die Zahl der Durchgänge pro Jahr von 2,8 auf 3,2 erhöht.


Allerdings ist das Futteraufnahmevermögen von Ebern begrenzt. Bei der Kalkulation muss man deshalb unterscheiden, ob sich die ad libitum-Fütterung ohne Umbauaufwand im Be-trieb realisieren lässt, oder ob vor der Umstellung erst noch in die Fütterungstechnik investiert werden muss. Die entsprechenden Investitionskosten wurden auf 25 € pro Jungeber-Mastplatz veranschlagt.


Die Ebermast hat aber auch Nachteile: Aufgrund von Rangkämpfen erhöhen sich z.B. die Verluste von 2,6 auf 3,5% bei Jungebern. Und auch der Arbeitszeitbedarf pro Eber ist etwas höher. Auf den Mastplatz bezogen relativiert sich der jährliche Zeitaufwand aufgrund der verkürzten Mastdauer dann allerdings wieder.


Um die Gefahr des Auftretens von geruchauffälligen Tieren zu verringern, werden die Jungeber in der Kalkulation bereits mit 115 kg Lebendgewicht geschlachtet. Die Ausschlachtung verringert sich gegenüber der Baseline um knapp 1,6%, und der Muskelfleischanteil steigt um rund 3%.


Der Anteil der „Stinker“ unter den männlichen Mastschweinen beträgt nach Erfahrungen der Westfleisch etwa 3,5%. Versuchsstationen berichten dagegen von bis zu 10%. Das Fleisch dieser Tiere wird der Verarbeitung zugeführt. Abzüge gibt es für diese Tiere bislang nicht. Das könnte sich jedoch bald ändern, wenn mehr Betriebe in die Ebermast einsteigen. In der Kalkulation wurde unterstellt, dass der Markt unbegrenzt Eberfleisch aufnehmen kann.


Aufwendige Vollnarkose:

Sollen die männlichen Ferkel weiterhin chirurgisch kastriert werden, müssen sie zuvor narkotisiert werden. Dazu sind in Deutschland derzeit die Inhalationsnarkose mit dem Narkosegas Isofluran und die Injektionsnarkose mithilfe der Injektion von Ketamin und Azaperon möglich. Beide Narkosemöglichkeiten setzen die Anwesenheit eines Tierarztes voraus, denn es gilt der sogenannte Tierärztevorbehalt.


Die Injektionsnarkose ist nicht ganz so zeitaufwendig wie die Inhalationsnarkose, da mehrere Ferkel gleichzeitig betäubt und dann nacheinander kastriert werden können. Der zusätzliche Zeitaufwand gegenüber der Baseline beträgt etwa 0,20 Min. pro Ferkel. Die Anwendung der Narkose durch einen Tierarzt schlägt mit 6,62 € je männ-lichem Ferkel zu Buche.


Knackpunkt bei diesem Verfahren ist zudem die lange Nachschlafzeit nach der Betäubung. Die Ferkel nehmen in dieser Zeit keine Milch auf, kühlen aus und die Verluste steigen.


Bei der Betäubung mit dem Narkosegas Isofluran ist der Zeitaufwand mit durchschnittlich 3,40 Minuten je Ferkel höher als bei der Injektionsnarkose, denn es können beim jetzigen Stand der Technik immer nur zwei Tiere gleichzeitig behandelt werden. Hinzu kommen die Abschreibungs- und Wartungskosten für das Inhalationsgerät, den Verdampfer und weiteres Material, das für die Inhalation benötigt wird. Alles in allem summieren sich die Prozesskosten auf 6,13 € pro kastriertem Ferkel.


Direkter Kostenvergleich:

Übersicht 1 zeigt, wie sich die Anwendung der vier Kastrations-Alternativen auf die Rentabilität in der Ferkelerzeugung auswirkt. Dargestellt sind die Direktkostenfreie Leistung (DKfL), also die Verkaufserlöse abzüglich der Direktkosten. Zieht man davon die variablen Kosten der Arbeitserledigung ab, erhält man den Deckungsbeitrag (DB). Und wenn man den wiederum um die Gebäudekosten vermindert, bleibt unter dem Strich die Einzelkostenfreie Leistung (EKfL), das Maß für die langfristige Rentabilität.


Die Grafik macht deutlich, dass zwischen der Baseline und den Kastrationsalternativen keine großen Unterschiede bestehen. Eine Ausnahme bilden die beiden Narkoseverfahren, wobei die Inhalationsnarkose mit Isofluran noch am schlechtesten abschneidet. Hier schlagen Arbeitsaufwand und Kosten für den Tierarzt, der bei der Narkose anwesend sein muss, besonders zu Buche.


Übersicht 2 zeigt, wie sich die Kastrationsalternativen auf die Rentabilität in der Mast auswirken. Bei der Direktkostenfreien Leistung gibt es kaum Unterschiede. Das Gleiche gilt für die Arbeitserledigungskosten. Die Immunokastration weist je Mastschwein kurzfristig leichte Vorteile auf. Durch den erhöhten Arbeitsaufwand für die Impfung verliert dieses Verfahren in der langfristigen Rentabilität aber wieder gegenüber der normalen Börgemast.


Lediglich die Jungebermast weist in allen Leistungskennzahlen bessere Werte auf als das Referenzverfahren Börgemast. Die höhere Anzahl Durchgänge senkt die Kosten pro Mastplatz. Und die besseren biologischen Leistungen der Eber verbessern die Rentabilität zusätzlich.


In Übersicht 3 ist dargestellt, wie sich die Rentabilität der Kastrationsalternativen in Geschlossenen Systemen (kalkulatorisch) darstellt:


  • Die Ebermast ist demnach aus wirtschaftlicher Sicht positiv zu bewerten. Wenn der Produktionsrhythmus der Jungebermast an die kürzere Mastdauer und die niedrigeren Schlachtgewichte angepasst wird, ist die Rentabilität hier sowohl kurz- als auch langfristig höher als bei allen anderen Kastrationsalternativen oder bei der Baseline.


Das gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass erstens der Anteil der Tiere mit Ebergeruch weniger als 3,5% beträgt. Und zweitens dürfen für die geruchsbelasteten Tiere keine Preisabschläge fällig werden.


In einer Sonderauswertung wurde zudem untersucht, ob es wirtschaftlicher ist, die Jungeber noch früher zu schlachten, wie das z.B. in Spanien gemacht wird. Dazu wurde das Schlachtgewicht in der Kalkulation auf 110 kg abgesenkt. Das Ergebnis: Die Kosten je 100 kg SG veränderten sich durch das frühere Schlachten nicht. Deckungsbeitrag und Einzelkostenfreie Leistung waren nur geringfügig besser.


  • Bei der Immunokastration mit Improvac liegen alle Leistungskennzahlen dicht bei der Baseline (Börgemast). Unter dem Strich wird die bessere Futterverwertung der geimpften Tiere durch die Mehrkosten für das Impfen wieder aufgezehrt.
  • Die schlechteste Rentabilität ergibt sich bei den beiden Narkoseverfahren. Denn in der Ferkelproduktion fallen deutlich höhere Kosten an, besonders bei der Isofluran-Narkose. Und in der Mast wirken sich die geringeren Leistungen der Börge bis zum Zeitpunkt der Schlachtung aus.


Neben den erhöhten Tierarztkosten, die sich aus der Anwesenheitspflicht des Tierarztes bei der Narkose ergeben, schlagen beim Isofluran auch die hohen Gerätekosten zu Buche. Bei einem Anschaffungspreis von 7200 € und einer sechsjährigen Abschreibung kostet jede Ferkelnarkose mit Isofluran im Beispielbetrieb etwa 0,43 €.


Um die Gerätekosten zu vermindern, wird auch über eine überbetriebliche Nutzung der Narkosegeräte nachgedacht. In einer separaten Kalkulation wurde deshalb untersucht, wie weit die überbetriebliche Nutzung die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens verbessert. Die Vergleichsrechnung ergab allerdings, dass sich die überbetriebliche Nutzung der Geräte nur minimal auswirkt. Da zudem ein hohes Hygiene-risiko besteht, ist von einer überbetrieblichen Nutzung abzuraten.


Wirtschafliche Rangfolge:

Unterm Strich ergibt sich bei der langfristigen Rentabilität folgende Rangierung: Die höchste Rentabilität weist die Ebermast ohne Investition auf. An zweiter Stelle folgt die Ebermast mit Investition in die Fütterungstechnik. Entscheidend ist allerdings, dass die Abnahme der Eber langfristig gesichert ist und für „Stinker“ keine Abzüge vorgenommen werden.


Geringfügig besser als die zurzeit durchgeführte Börgemast schneidet die Immunokastration ab. Das wirtschaftliche Ergebnis liegt leicht über der Baseline. Deutlich schlechter schneidet dagegen die Kastration mit Injektions-Narkose ab. Und das Schlusslicht mit der schlechtesten Rentabilität bietet die Kastration mit Inhalations-Narkose.


Nur Ebermast rentabel:

Betrachtet man die Vollkosten (siehe Übersicht 4) der vier Kastrationsalternativen, ergibt sich ein klares Bild. Wirklich rentabel ist nur die Jungebermast. Der reduzierte Aufwand in der Ferkelerzeugung durch den Wegfall der Kastration und die höhere Produktivität in der Mast führen zu einem deutlich höheren Gewinn von 4,37 bis 4,79 €/100 kg SG.


Bei der Immunokastration werden die Einsparungen in der Ferkelerzeugung und die höhere Leistungsfähigkeit in der Mast leider durch die zusätzlichen Kosten der Improvac-Impfung aufgezehrt. Der betriebliche Gewinn ist daher ähnlich hoch wie bei der heute üb-lichen Börgemast.


Die beiden Vollnarkose-Verfahren hingegen führen zu einer deutlichen Minderung des Gewinns. Um den Verlust auszugleichen, müssten die Ferkel-erzeuger 7 bis 8% mehr Geld für ihre Ferkel bekommen. Und Kombibetriebe müssten einen Preisaufschlag von knapp 3% bekommen, um wirtschaftlich nicht schlechter dazustehen als bei der Mast von Börgen.-lh-

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