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Risiko absichern – nur wie?

Lesezeit: 4 Minuten

Die Branche braucht Instrumente gegen Milchpreis-Abstürze. Doch welche wünschen sich die Milcherzeuger? Hier die Ergebnisse einer Umfrage der Uni Kiel.


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Die Milchpreise erholen sich. Falsch wäre jedoch, das Risikomanagement deshalb beiseite zu legen. Denn für ein wirksames Risikomanagement ist es zu spät, wenn die Krise schon voll durchgeschlagen hat. Vielmehr sollten Milcherzeuger jetzt nach Maßnahmen suchen, mit denen sie sich gegen bestimmte Risiken wappnen können – damit die nächste Krise nicht zur einzelbetrieblichen Katastrophe wird.


Vier Strategien:

Für Milcherzeuger sind auch schwankende Kraftfutterpreise oder Ertragsausfälle ein Risiko. Besonders schlecht sind sie aber auf Milchpreis-Schwankungen vorbereitet.


Deshalb haben wir 78 Milchviehbetriebe aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zum Risikomanagement befragt. Die Betriebe halten im Schnitt 180 Kühe (8793 kg Milch) und haben in den letzten Jahren im Schnitt 412000 € investiert. Die Befragung lief von Dezember 2015 bis Januar 2016, der Milchpreis lag bei ca. 27 ct/kg.


Wir haben nach verschiedenen Instrumenten zur einzelbetrieblichen Milchpreis-Absicherung gefragt:


  • Warenterminbörsen: Preisabsicherung von Milchpulver- und Butter-Kontrakten an der Börse in Leipzig.
  • Steuerliche Risiko-Ausgleichsrücklage: Gewinn-/Verlustglättung bei den Steuern über mehrere Wirtschaftsjahre.
  • Milchpreis-Garantiezertifikate: Festpreise des niederländischen Dienstleisters Dairy Trading Online (DTO).
  • Margen-Versicherung: Staatlich gestützte Margen-Versicherung zwischen Milchpreis und Futterkosten (wie USA).


Die Ergebnisse: 74% der Teilnehmer wünschen sich eine Alternative zum Warenterminmarkt. Denn 57% halten es für ein schwer verständliches Instrument zur Absicherung. Zudem bemängeln 34% den hohen Liquiditätsbedarf.


Unter den Alternativen zum Warenterminmarkt schneiden die steuerliche Risiko-Ausgleichsrücklage und die Milchpreis-Garantiezertifikate positiv ab (Übersicht 1). Im Vergleich gibt es bei der Risiko-Ausgleichsrücklage aber mehr Milcherzeuger, die hierin keine Alternative sehen oder neutral sind.


Eine staatliche Margen-Versicherung beurteilen die Teilnehmer eher zurückhaltend. Das entspricht den bisherigen Erfahrungen aus den USA: Die Margen-Versicherung ist an überregionale Referenzpreise gekoppelt. Das wird der betriebsindividuellen Risikostruktur nur unzureichend gerecht. Zudem ist der vorausschauende Planungsaufwand für die Betriebsleiter relativ hoch.


Warum stockt es?

Des Weiteren haben wir gefragt, warum Landwirte die bestehenden Instrumente Warenterminmarkt und Milchpreis-Zertifikat nicht oder nur zögerlich nutzen. Die meisten Teilnehmer nennen dabei ein Informationsdefizit (54%) bzw. den hohen Einarbeitungsaufwand (40%) als Grund. Immerhin 20% der Teilnehmer bilden jetzt schon Finanzrücklagen für Niedrig-Preisphasen.


Allerdings gibt ein größerer Teil (35%) an, bisher „immer irgendwie über die Runden gekommen“ zu sein. Offenbar haben diese Betriebsleiter noch nicht erkannt, wie wichtig vorausschauendes Risikomanagement durch Rücklagenbildung oder Preisabsicherung ist. Denn seit einigen Jahren hat sich die Marktlage grundsätzlich geändert. Die Preise schwanken wesentlich stärker.


Bei zuvor geringen Milchpreis- Schwankung konkurrierten die Betriebe um Land und Milchquote. Wer bei „Wachsen oder Weichen“ zu spät kam, konnte seinen Betrieb womöglich nicht mehr erweitern. Deshalb sind viele Betriebe sehr schnell gewachsen. Das erhöhte den Fremdkapitalanteil und die Anzahl familienfremder Arbeitskräfte. Dadurch stiegen die monatlich benötigten liquiden Mittel. Eine vorausschauende Planung der im Jahresverlauf zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben hat somit an Bedeutung gewonnen.


Liquidität geht vor Rentabilität. Bei unsicherer Marktlage gilt also „zahlungsfähig bleiben oder weichen“. Risikomanagement ist somit insbesondere bei Wachstum unverzichtbar: Auch ein Bergsteiger darf es nie versäumen, nach einigen Schritten wieder Zeit für die eigene Sicherung aufzuwenden.


Dabei kann Risikomanagement effiziente Produktionsabläufe nicht ersetzen. Aber es kann z.B. dazu führen, Investitionen zurückzustellen. Dies kann auch bedeuten, dass Landwirte für eine Teilmenge einen Festpreis abschließen, um den Kapitaldienst zu erbringen. Der Festpreis gilt auch, wenn der Milchpreis ihn übersteigen sollte. Denn Risikomanagement durch Preiskontrakte ist keine Lotterie zur Gewinnerhöhung. Es ist eine bei guter Marktlage bewusst in Kauf genommene Gewinneinbuße, um die Liquidität zu sichern. Weil nicht immer passende Kontrakte verfügbar sind, dürfen Landwirte die innerbetrieblichen Rücklagen nicht vernachlässigen.


Molkereien gefordert:

In der Studie gaben 70% der Befragten an, dass Risikomanagement für sie in Gemeinschaft leichter umzusetzen sei. Das deckt sich mit einer weiteren Umfrage im schleswig-holsteinischen Landeskontrollverband (Übersicht 2): Mehr als die Hälfte der 337 Befragten stehen dem Instrument der Warenterminbörse unentschlossen bis ablehnend gegenüber. 43% wünschen sich dieses Instrument verstärkt in Zukunft. Davon fordern zwei Drittel, dass Molkereien es anbieten.


Fazit:

Risikomanagement durch die Kombination von Absicherungen und Rücklagen ist wichtiger denn je. Es ist nur auf einzelbetrieblicher Ebene sinnvoll. Viele Milchviehhalter fühlen sich dafür aktuell jedoch nicht gewachsen. Denn über Jahrzehnte war es wegen staatlicher Markteingriffe nicht nötig. Allerdings wird bei stärker schwankenden Märkten die Strategie „Augen zu und durch“ auch für rentabel wirtschaftende Betriebe gefährlich. -pl-

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