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Rosémast im Aufwind

Lesezeit: 5 Minuten

Rinderhalter, die Rosékälber mästen, sind seit Jahren zufrieden. Experten sehen weiteres Potenzial für diese Nische. Dr. Hans-Jürgen Kunz vom Institut für Tierzucht und Tierhaltung in Kiel stellt den besonderen Markt vor.


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Totgesagte leben länger: Viele Experten rechneten mit dem Ende der Rosémast in Deutschland, als aufgrund der EU-Verordnung 2008 auch Rosékälber nicht mehr älter als acht Monate sein durften. Doch die Rinderhalter stellten sich auf die kürzere Mastzeit von acht statt zwölf Monaten ein und konkurrieren seitdem noch stärker mit Weißfleisch. Kalbfleisch insgesamt hat Potenzial: Die Nachfrage steigt, und der Selbstversorgungsgrad liegt in Deutschland lediglich bei rund 55%.


Rindermast schrumpft.

Seit Jahren schrumpfen die Rinderschlachtungen in Deutschland langsam aber sicher. 2009 kamen beispielsweise noch 1,5 Mio. Jungbullen an den Haken. Bis 2016 fiel diese Zahl auf nur noch 1,3 Mio. Tiere. Die Schlachtungen von Kälbern mit einem Alter von maximal 8 Monaten stiegen hingegen im selben Zeitraum um über 10% auf zuletzt 336381.


Der überwiegende Teil sind Weißfleischkälber. Der Anstieg der letzten Jahre ist aber vor allem auf die steigende Zahl der Rosékälber zurückzuführen. Auch wenn in der deutschen Statistik nicht nach Rosé- und Weißfleisch differenziert wird, spricht der Anstieg des durchschnittlichen Schlachtgewichts von 136 auf 146 kg pro Tier in den vergangenen Jahren dafür. Informationen zur deutschen Mastkälber-Branche sind rar. Einiges lässt sich aber zumindest aus der Schlachtstatistik 2016 ableiten:


  • Mit 283000 Schlachtungen kommen die mit Abstand meisten Kälber aus NRW und Niedersachsen.
  • 28700 meist Fleckvieh-Milchmastkälber kommen in Bayern und Baden-Württemberg an den Haken.
  • Hinzu kommen 11000 schwarzbunte Rosékälber aus Schleswig-Holstein.
  • Laut Statistik exportierte Deutschland 2016 insgesamt 551697 Kälber in die Niederlande – der größte Teil als Einstallkälber, die dort gemästet und geschlachtet werden. Schätzungsweise 150000 bis 200000 Tiere kamen aber auch als Schlachtkälber aus Deutschland.


Bei den meisten Schlachtungen dürfte es sich auch weiterhin um Weißfleisch-Tiere handeln, weil immer noch viele Käufer das helle Fleisch bevorzugen. Der Kontrollverband Deutsches Kalbfleisch schätzt den Anteil der Rosékälber auf 20 bis 30%. Die Ware wandert dann hauptsächlich in Gastronomie, Großküchen und in geringerem Umfang auch in den Einzelhandel.


Die Produktion der Tiere unterscheidet sich im Wesentlichen durch die Fütterung. In der Weißfleischmast werden Kälber mit Milch und Raufutter bis zu einem Schlachtgewicht von etwa 120 bis 140 kg (Lebendgewicht ca. 240 kg) gemästet. Aufgrund des geringen Eisenanteils der Milch bleibt das Fleisch sehr hell. Für diese Kälber zahlt der Markt im Schnitt rund 1,80 € pro kg SG mehr als für Rosékälber. Das klingt viel, deckt jedoch kaum die hohen Futterkosten vor allem für Milchaustauscher.


Futterkosten sind entscheidend.

In der Rosémast werden die Kälber nach einer etwa zehnwöchigen Milchperiode, die der natürlichen Entwicklung der Tiere entspricht, mit wiederkäuergerechten Rationen gefüttert. Dabei wird die Energiekonzentration allerdings mit einem hohen Kraftfutteranteil deutlich angehoben. Die Farbe des Fleisches von Rosékälbern ist durch den höheren Eisengehalt im Futter deutlich dunkler. So kommt es zu der Bezeichnung „Rosé“.


Um Kälber innerhalb von acht Monaten wirtschaftlich mästen zu können, müssen Schlachtgewichte von mindestens 160 kg erreicht werden. Das entspricht Lebendgewichten von etwa 320 kg bzw. täglichen Zunahmen von 1200 g. Spitzenbetriebe erreichen im Herdendurchschnitt 1300 bis 1400 g. Übersicht 2 zeigt mit welchen Aufwendungen und Leistungen man in den vergangenen Jahren rechnen konnte.


Die direktkostenfreien Leistungen pro Kalb liegen demnach zwischen 110 und 150 €. Nach Abzug der Gemeinkosten, Zinsansätze für Maschinen und Viehkapital sowie der kalkulatorischen Lohnkosten ergibt sich ein kalkulatorisches Betriebszweigergebnis, das in den Jahren von 2013 bis 2017 zwischen 3 und 42 € pro Kalb gelegen hat. Den Vergleich mit der Bullenmast muss die Rosémast deshalb, bezogen auf das Ergebnis pro Masttag, nicht scheuen (siehe Übersicht 1). Während R3-Bullen auf der Basis von Kreuzungen aus Fleischrind x Schwarzbunt die höchsten Ergebnisse erreichen, zeigen O3-Bullen immer wieder ein negatives kalkulatorisches Ergebnis.


Alternative zur Bullenmast?

Im Vergleich zur Bullenmast ist die Futterverwertung bei der Rosémast deutlich besser. Sie liegt in der Rosémast bei etwa 1:3,3, in der Bullenmast hingegen bei 1:8 bis 1:10. Aufgrund des hohen Kraftfutteranteils in der Ration wirken sich allerdings hohe Kraftfutterpreise schneller negativ auf das Gesamtergebnis aus als bei der Bullenmast. Das Gleiche gilt für die Bestandsergänzung. Hier ist es die kürzere Mastdauer, auf die sich diese Kosten verteilen.


Ob sich ein Einstieg rechnet, hängt aber von weiteren Faktoren ab. Bedenken sollte man beispielsweise, dass der Grundfutterverbrauch in der Rosémast im Vergleich zur Bullenmast minimal ist. Grassilage wird nur selten von Rosémästern eingesetzt, weil die Gefahr besteht, dass sich das Fett gelb färbt. Das führt zu Abschlägen bei der Bezahlung.Für nicht mehr benötigte Futterflächen bräuchte man also Alternativen.


Und nicht jeder Bullenstall kann ohne Weiteres auf Rosémast umgestellt werden. Denn Spaltenböden von mehr als 2,5 cm Schlitzbreite, bei Gummiauflage liegt die Grenze bei 3,0 cm, sind erst ab einem Alter von einem halben Jahr zugelassen. Prüfen sollte man zudem, ob die Möglichkeit für die Aufzucht der zugekauften Kälber im Falle einer Rosémast gegeben sind.


Früher war die Rosémast meist ein zweites Standbein für Milchviehhalter. Doch mit dem früheren Schlachtalter von acht Monaten stellten viele Betriebe die Mast ein. Das Zeitfenster von ca. 14 Tagen für das Zusammenstellen von schlachtreifen Gruppen ist für Milchviehbetriebe zu klein. Die Rosémast als Kälbermast findet seitdem, ähnlich wie die Weißfleischmast, überwiegend in spezialisierten Betrieben statt. -ab-


Früher war die Rosémast meist ein zweites Standbein für Milchviehhalter. Doch mit dem früheren Schlachtalter von acht Monaten stellten viele Betriebe die Mast ein. Das Zeitfenster von ca. 14 Tagen für das Zusammenstellen von schlachtreifen Gruppen ist für Milchviehbetriebe zu klein. Die Rosémast als Kälbermast findet seitdem, ähnlich wie die Weißfleischmast, überwiegend in spezialisierten Betrieben statt. -ab-


Lesen Sie dazu auch die Reportage auf der folgenden Seite.

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