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Sauber kalkulieren, clever (re)investieren …

Lesezeit: 8 Minuten

Re-Investieren will gekonnt sein, sonst schlägt der Fiskus zu. Worauf es dabei ankommt, ­verraten Ihnen Bernhard Billermann und Walter Stalbold, Steuerberater aus Münster.


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Was haben der Verkauf von Grund und Boden, der Brand einer Maschinenhalle oder der Ausbruch einer Seuche im Stall gemeinsam? Wenn Sie den Verkaufserlös bzw. -gewinn oder die Entschädigung von der Versicherung wieder investieren wollen, sollten Sie die steuerlichen Spielregeln genau kennen – sonst kann es teuer werden!


Das Problem: Mit dem Ausscheiden der Wirtschaftsgüter aus Ihrem Betrieb decken Sie die darin enthaltenen stillen Reserven auf (Verkehrswert minus Buchwert). Normalerweise müssten Sie diese versteuern. Der Staat möchte aber, dass Sie Ihren Betrieb weiterentwickeln und nicht verkleinern. Deshalb verzichtet der Staat unter bestimmten Voraussetzungen auf die sofortige Besteuerung der stillen Reserven, wenn Sie das Geld wieder in Ihren Betrieb re-investieren, also neue Wirtschaftsgüter anschaffen, die die veräußerten oder z. B. durch einen Brand verlorenen ersetzen.


Für die Re-Investition gibt es zwei verschiedene Regelwerke:


  • Paragraf 6 b des Einkommensteuer-Gesetzes. Dieser greift immer dann, wenn Sie Grund und Boden oder Betriebs-Gebäude veräußern.
  • Abschnitt R 6.6 der Einkommensteuer-Richtlinie. Er kommt dann zum Zuge, wenn Sie Wirtschaftsgüter aus Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb durch höhere Gewalt verloren haben, z. B. durch Feuer, Hagel, Sturm oder Hochwasser. Das Gleiche gilt bei Enteignungen oder vergleichbaren Eingriffen durch Behörden.


In manchen Fällen können Sie sogar zwischen beiden Regelwerken wählen. Das trifft zum Beispiel zu, wenn Sie Grund und Boden oder Gebäude veräußern – aber dies nicht freiwillig, sondern weil Ihnen eine Enteignung droht.


Typisches Beispiel: Flächen Ihres Betriebes werden für den Straßenbau ­benötigt und können notfalls enteignet werden, wenn Sie sich nicht vorher mit der Behörde über einen Verkauf einigen. Man spricht in einem solchen Fall von einer Veräußerung zur Abwendung der Enteignung. Damit erfüllen Sie grundsätzlich die Voraussetzungen – sowohl nach ­§ 6 b als auch nach der Richtlinie.


Beide Regelwerke sind aber keineswegs identisch. Sie unterscheiden sich in wichtigen Punkten. Diese Besonderheiten können Sie in Fällen, in denen Sie ein Wahlrecht haben, gezielt nutzen, um Ihre Re-Investition steuerlich möglichst optimal zu gestalten. In unserer Übersicht auf der Seite 40 finden Sie die wichtigsten Unterschiede. Dazu müssen Sie aber Folgendes wissen:


1. Betroffene Wirtschaftsgüter:

Nach § 6 b ist nur der Verkauf von Grund und Boden (mit oder ohne Aufwuchs) oder von betrieblichen Gebäuden begünstigt. Die Richtlinie gilt dagegen für sämtliche Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens, also auch z. B. für Maschinen und Betriebsvorrichtungen, aber auch für seuchenbedingt gekeulte Tierbestände usw.


2. Betriebszugehörigkeit:

Eine Re-Investition nach § 6 b setzt voraus, dass der veräußerte Grund und Boden oder die Gebäude seit mind. sechs Jahren ununterbrochen zu Ihrem Betriebsvermögen gehört haben. Bei Ersatzbeschaffungen nach der Richtlinie gibt es diese Frist nicht.


3. Mögliche Ersatzgüter:

Nach § 6 b können Sie Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgebäuden nur wieder in den Neubau oder Erwerb anderer Wirtschaftsgebäude re-investieren. Etwas größer ist der Spielraum beim Verkauf von Grund und Boden. Wenn Sie von dem Verkaufserlös bzw. -gewinn keine Ersatzflächen erwerben können, dürfen Sie die stillen Reserven auch auf ein Betriebsgebäude übertragen.


Bei Ersatzbeschaffungen nach der Richtlinie gilt dagegen immer das Prinzip der Funktionsgleichheit. Das heißt: Der Ersatz muss funktionsgleich oder ähnlich sein und funktionsgleich genutzt werden. Sie dürfen z.B. Ihre Entschädigung für einen Schweinestall nicht in eine Getreidehalle investieren. Stattdessen müssten Sie in diesem Fall wieder in einen Stall investieren.


Es gibt aber zwei Ausnahmen nach der Richtlinie: Wenn Sie stille Reserven aus dem Verkauf einer Hofstelle nicht wieder auf Grund und Boden einer Hofstelle übertragen können, dürfen Sie die Summe auch in ein Gebäude auf der Hofstelle investieren. Entsprechendes gilt für stille Reserven aus Gebäuden. Wenn Sie z. B. keine Genehmigung für den Bau einer Halle erhalten, dürfen Sie von der Entschädigung auch Grund oder Boden einer Hofstelle kaufen.


4. Teilbeträge investieren:

Wer nach dem § 6 b re-investiert, muss den Betrag nicht in „einem Zug“ ausgeben, sondern kann diesen splitten und auf mehrere Güter verteilen. Die Richtlinie lässt Ihnen hingegen kaum Spielraum: Sie müssen den Verkaufserlös auf das jeweilige Ersatz­gut übertragen (im Verhältnis 1:1).


5. Vorgezogene Investitionen:

Sowohl nach § 6 b als auch nach der Richtlinie dürfen Sie den Verkaufserlös auf Wirtschaftsgüter übertragen, die Sie vor dem eigentlichen Verkauf angeschafft bzw. gebaut haben. Allerdings: Nach § 6 b ist das zeitlich begrenzt – und zwar auf ein Wirtschaftsjahr vor dem Jahr, in dem der Verkauf stattfand.


Nach der Richtlinie gibt es keine Zeitgrenze. Es ist somit nach Abschnitt 6.6 egal, wann Sie das Ersatzgut im Voraus angeschafft haben. Aber dafür muss in diesem Fall ein Zusammenhang zwischen dem Verkauf und dem Kauf des Ersatzgutes bestehen.


Beispiel: Ihr Nachbar hat seinen landwirtschaftlichen Betrieb vor drei Jahren aufgegeben und Ihnen damals einen Teil seiner Flächen zum Verkauf angeboten. Weil Sie bereits zu dem Zeitpunkt wussten, dass Sie wegen des Baues einer Umgehungsstraße Ihre Hoftstelle verkaufen müssen, haben Sie die Nachbarfläche vorsorglich bereits gekauft.


6. Betriebsbindung:

Nach § 6 b dürfen Sie den Verkaufserlös in jeden Betrieb investieren, der Ihnen gehört oder an dem Sie als Mitunternehmer beteiligt sind. Sie müssen das Ersatzgut somit nicht zwingend für den Betrieb erwerben, aus dessen Bestand Sie zuvor die Flächen oder beispielsweise ein Gebäude verkauft haben.


Nach der Richtlinie sind Sie hingegen verpflichtet, den Verkaufserlös bzw. -gewinn wieder in den Betrieb zu investieren und auch zu nutzen, in dem der Schaden entstanden ist oder aus dessen Bestand Sie die Wirtschaftsgüter verkauft haben.


7. Rücklage bilden:

Wenn Sie die Entschädigung bzw. den Verkaufserlös nicht im gleichen Wirtschaftsjahr, in dem der Verkauf stattfand, wieder in voller Höhe auf ein Ersatzgut übertragen können, müssen Sie eine Rücklage in Ihrer Bilanz bilden – sowohl nach § 6 b als auch nach der Richtlinie immer in Höhe der stillen Reserve. Dadurch gewinnen Sie mehr Zeit.


Für Grund und Boden (mit oder ohne Gebäude) haben Sie nach beiden Regelwerken vier Jahre Zeit für die Ersatzbeschaffung. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem der Verkauf stattgefunden hat. Wer ein neues Gebäude baut, dem gewährt der Fiskus sechs Jahre Zeit für die Re-Investition.


Für alle übrigen Wirtschaftsgüter, wie beispielsweise für einen Schlepper oder die Einrichtung eines Stalles, beträgt die Frist grundsätzlich ein Jahr. Sie beginnt ebenfalls mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betrieb ausgeschieden ist.


In Ausnahmefällen können Sie die Ein-Jahres-Frist auf bis zu vier Jahre verlängern. Das ist zum Beispiel möglich, wenn ein Schlepper nicht recht­zeitig vom Händler geliefert werden kann. Dann stehen Sie allerdings in der Beweispflicht. Sie müssen dem Finanzamt „glaubhaft“ versichern, dass Sie nach wie vor einen Schlepper kaufen wollen.


Buchführende Landwirte haben es in diesem Fall jedoch einfach. Wenn diese in Ihrer Bilanz eine Rücklage gebildet haben, reicht das regelmäßig als Nachweis aus. Landwirte, die nicht buchführungspflichtig sind (13-a-Landwirte), haben es schwerer. Sie müssen eine Verlängerung der Frist beim Finanzamt beantragen und die entsprechenden Gründe nennen.


8. Besonderheiten beachten:

Um keine stillen Reserven versteuern zu müssen, sollten Sie nach § 6 b den Veräußerungsgewinn innerhalb der Vier- bzw. Sechs-Jahres-Frist auf das Ersatzgut übertragen. Wer hingegen nach der Richtlinie re-investiert, muss die gesamte Versicherungssumme bzw. die gesamte Entschädigung oder den Verkaufserlös wieder investieren. Andernfalls decken Sie trotzdem stille Reserven auf.


Beispiel: Ihre Maschinenhalle brennt ab. Sie erhalten 100 000 € von der Versicherung. In der Bilanz hatte das Gebäude einen Buchwert von 40 000 €. Die stille Reserve beträgt in diesem Fall somit 60 000 €. Von der Versicherungssumme investieren Sie allerdings nur die Hälfte in die neue Halle. Dann müssten Sie von der stillen Reserve (60 000 €) immer noch 50 % versteuern (30 000 €).


9. Gewinnzuschlag:

Wenn Sie Ihre Rücklage nicht übertragen, müssen Sie diese versteuern – ganz gleich, welche Vorschrift in Ihrem Fall gilt.


Allerdings: Nach § 6 b fallen obendrein noch Gewinnzuschläge an. Für jedes Jahr, in dem die Rücklage bestand, werden 6 % Gewinnzuschlag auf die Rücklage angerechnet. In der Richtlinie hingegen sind keine Zuschläge vorgesehen.


Steuerlich clever re-investieren heißt nun, die Vorteile beider Regelwerke möglichst geschickt miteinander zu kombinieren. Das gilt vor allem bei größeren Vorhaben, wie z. B. dem Verkauf einer Hofstelle, die dem Straßenbau weichen muss.


In unserem Praxisbeispiel auf der folgenden Seite sind neben Grund und Boden viele unterschiedliche Wirtschaftsgüter betroffen. Während Sie in einem Fall vielleicht besser mit § 6 b fahren, schaffen Sie die steuerfreie Übertragung bei anderen Wirtschaftsgütern möglicherweise in solchen Fällen nur mit einer Ersatzbeschaffung nach der Richtlinie.


Das Ziel ist in jedem Fall klar: Möglichst alle aufgedeckten Reserven retten und steuerbegünstigt zur Stärkung des Betriebes re-investieren.

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