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Schneeschimmel auf dem Vormarsch

Lesezeit: 9 Minuten

Schneeschimmel war im letzten Jahr die wichtigste Krankheit in Weizen. Über Ursachen, mögliche Ertragsverluste und aktuelle Bekämpfungsstrategien informiert Hermann Hanhart, LWK Nordrhein-Westfalen.


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Wetterextreme sorgen vor allem in Weizen für ein verändertes Auftreten von Krankheiten. Hier dominierten in Nordrhein-Westfalen bis 2005 Krankheiten wie Septoria tritici, Mehltau und Braunrost. Das hat sich geändert. Denn in den letzten elf Jahren fallen im März und April deutlich unterdurchschnittliche Regenmengen, manchmal anhaltend bis Mitte oder sogar Ende Mai.


Oft Mischinfektionen:

Septoria hat damit keine Chance. Selbst bei hohem Ausgangsbefall durch milde, feuchte Winter verhindert anhaltende Trockenheit in der Phase EC 30 bis 34 ein Ausbreiten der Krankheit. Niederschläge ab der zweiten Maihälfte kommen für die langsame Krankheit zu spät. Roste dagegen lieben derartige Bedingungen: Braunrost sehr warme, Gelbrost eher kühle, strahlungsreiche Witterung.


Im letzten Jahr ist vor allem in den Regionen, in denen ab Ende Mai viel Niederschläge gefallen sind, verstärkt Schneeschimmel (Microdochium nivale) aufgetreten. Je mehr Regen fiel, desto heftiger war der Befall. So waren der Nordwesten und die Beneluxländer bis nach Frankreich stärker betroffen. Dabei beschränkte sich der Befall vornehmlich auf Blattnekrosen.


In trockenen Lagen Ostdeutschlands trat z.B. weniger bis kein Befall auf. In den regenreichen Regionen Süddeutschlands konnte man Mischinfektionen aus Septoria tritici oft auch mit starkem Schneeschimmel-Befall beobachten.


Verwechselungsgefahr:

Anfangs in der Schossphase war die Krankheit kaum zu erkennen und wurde mit geringem Befall durch Septoria verwechselt. Mit weiterer Zunahme um Mitte Juni bestand Verwechselungsgefahr mit Septoria nodorum oder auch DTR. Erst ab Ende Juni trat der Pilz in unbehandelten Versuchsvarianten mit typischen Symptomen und massivem Befall (90% zerstörte Blattfläche!) auf. In der Praxis zeigten behandelte Bestände ein sehr differenziertes Bild: Einige erlitten deutliche Blattverluste, andere präsentierten sich bis zur Gelbreife mit sehr gesunder Blattfläche.


Schneeschimmel kann neben den Blättern auch die Ähre befallen und durch Kümmerkorn Ertragsverluste verursachen. Die Diagnose ist nicht einfach, da der Befall durch Schneeschimmel und „echte Fusariosen“ mit dem Auge schwer zu unterscheiden ist.


Im letzten Jahr hatte Fusarium bei anhaltend feuchter Witterung zur Blühphase günstige Infektionsbedingungen. Nach unserem Monitoring war aber wenig Befall bzw. nur eine geringe Belastung mit Mykotoxinen festzustellen. Die in Nordrhein-Westfalen (NRW) etablierte Abschlussbehandlung mit Fusarium-wirksamen Fungiziden hat sicher dazu beigetragen. Die geringe Toxinbelastung spricht aber auch dafür, dass doch etliche Ähren mit Schneeschimmel befallen waren, da dieser Pilz im Korn keine Mykotoxine produziert.


Die Situation wirft folgende drei Fragen auf:


Warum ist 2016 starker Befall aufgetreten?


Bei Schneeschimmel kann Ausgangsbefall aus zwei unterschiedlichen Quellen stammen:


  • Aus nesterweisem Befall im Bestand, der von infiziertem Saatgut über Winter ausging. Regenspritzer verbreiteten von dort Konidiosporen auf Nachbarpflanzen. Nachdem befallene Pflanzen neue Symptome (Läsionen) gebildet haben, ist eine weitere Verbreitung mit Konidiosporen möglich.


Diese Art der Verbreitung spielte 2016 wohl kaum eine Rolle. Ausgangs Winter konnten wir allenfalls auf einigen Roggenschlägen kleine Nester, meistens nur Einzelpflanzen, beobachten, die überwinterten Schneeschimmelbefall zeigten.


  • Durch windverbreitete Ascosporen. Diese stammen aus Fruchtkörpern (Perithezien), die der Pilz auf Blattscheiden und alten Strohresten bildet.


Die Hauptverbreitung dürfte im letzten Jahr über diesen Weg erfolgt sein. So beobachten wir in Westfalen in den letzten vier Jahren immer wieder Blattbefall mit Schneeschimmel. Hieraus hat sich der Ausgangsbefall auf den alten, mit Fruchtkörpern besetzten Strohresten aufgeschaukelt. Dieser hat dann bei günstigster Infektionswitterung für eine weiträumige Ausbreitung (Ascosporen können weit fliegen) und starken Befall gesorgt.


Vergleichbar starker Befall wie 2016 kommt nur selten vor. Schneeschimmeljahre sind keine Ertragsjahre. Sie sind geprägt von extremen Niederschlägen mit strahlungsarmer Witterung in der Kornfüllungsphase.


Die Befallsstärke korrelierte im letzten Jahr mit den Erträgen in den verschiedenen Regionen. So haben z.B. das Münsterland und das Rheinland sehr schlechte Erträge – oft nur um 70 dt/ha – geerntet. In Ostwestfalen, Sachsen und Thüringen waren diese deutlich höher.


Wie hoch sind die Ertragsverluste durch Schneeschimmel?


Wie bei allen Krankheiten im Getreide korreliert die Befallsstärke mit den Ertragsverlusten. Die Höhe hängt davon ab, in welcher Entwicklungsphase Starkbefall auftritt. Bei früher Schädigung der oberen drei Blattetagen (Starkbefall zur Blüte) sind die höchsten Mindererträge zu erwarten. Tritt Befall erst zum Ende der Milchreife auf, können Ertragsverluste vernachlässigt werden.


Mindererträge sind den einzelnen Krankheiten nur klar zuzuordnen, wenn der Erreger allein auftritt. Meist sind aber Mischinfektionen vorhanden. Aus den Ergebnissen vieler Einzelversuche lässt sich in etwa die Ertragsbedeutung von Schneeschimmel ableiten. Beispielhaft zeigt dies der Versuch in Übersicht 1 auf Seite 56 an einem Standort in NRW (Sorte Elixer). Nach anfänglich geringem Mehltau- und Gelbrostdruck (ca. 3%) entwickelte sich nach der Blüte Braunrost mit 10% bis EC 75 und deutlichem Schneeschimmel-Befall. Vor allem dieser hatte Anfang Juli (Beginn Gelbreife) den kompletten Blattapparat zerstört. In den behandelten Parzellen trat er mit ca. 30% und Braunrost mit 2 bis 4% Befall auf den oberen Blattetagen auf.


Die alleinige Blattbehandlung mit 2,5 l/ha Eleando brachte aufgrund des niedrigen frühen Befalls nur einen Mehrertrag von 5,4 dt/ha. Die alleinige Abschlussbehandlung mit reduzierter Menge von 0,5 l/ha Orius + 0,3 l/ha Taspa und Wirkungsgraden von über 60% gegen Schneeschimmel erzielte dagegen 18,2 dt/ha. Die Doppelbehandlung mit verschiedenen Azolen in voller Menge zu EC 31 gefolgt von Orius + Taspa brachte geringfügig mehr, verbesserte aber nicht die Schneeschimmel-Wirkung. Mit noch besserer Wirkung und auch besserer physiologischer Leistung ließ sich der Mehrertrag mit Skyway Xpro auf 25 dt/ha steigern.


Berücksichtigt man den Braunrostbefall und dessen höhere Ertragsrelevanz, sind in diesem Versuch mindestens 12 dt/ha Mehrertrag auf die Schneeschimmel-Kontrolle zurückzuführen.


An einem weiteren Standort verursachte der Schneeschimmel in Tobak noch deutlich höhere Mindererträge (s. Übersicht 2). Bei optimaler Kontrolle des Schneeschimmels erreicht die Doppelbehandlung aus Opus Top in EC 32, gefolgt von Adexar in EC 49, Mehrerträge von 43 dt/ha. Davon gehen mindestens 25 dt/ha auf das Konto der Schneeschimmel-Kontrolle.


Die Vielzahl unserer Versuche zeigt aber auch, dass Schneeschimmel nicht in allen Sorten eine Bedeutung hat. Oft hat sich erst sehr spät nach EC 78 deutlicher Befall entwickelt, der nur 2 bis 3 dt/ha Verlust verursachte. Gleiches gilt für viele Praxisschläge, auf denen trotz Abschlussbehandlung zum Ende der Milchreife Schneeschimmel auftrat. Der Befall wurde ertraglich meist überschätzt.


Trotzdem darf man die Ertragsbedeutung von Schneeschimmel nicht unterschätzen. Grundsätzlich gilt: Je früher die Krankheit auftritt und je massiver der Befallsdruck, umso höher sind die Ertragsverluste. Der Schaden ist mit dem von Septoria tritici vergleichbar. Das hat sich im vergangenen Anbaujahr bestätigt.


1


2


Wie kontrolliert man den Schneeschimmel?


Inwieweit in der kommenden Saison mit Schneeschimmel zu rechnen ist, bestimmt die Witterung. Ausreichend Ausgangsbefall für eine Infektion mit hohem Potenzial aus dem letztjährigen Befall (Perithezien auf alten Strohresten) ist sicher vorhanden. Für Starkbefall sind intensive Regenfälle erforderlich. Kritisch sind vor allem Phasen mit sehr hohen Niederschlägen von über 20 bis 40 mm an einem Tag, gefolgt von anhaltend feuchter Witterung.


Die Erfahrung zeigt, dass diese in gemäßigten Klimazonen in der generativen Phase des Winterweizens eine höhere Ertragsrelevanz haben als die frühen Infektionen in der vegetativen Phase.


Extreme sind dann zu befürchten, wenn andauernd hohe Niederschläge von Schossbeginn bis zur Milchreife fallen. Im Jahr 2016 traten vergleichbare Szenarien auf der Schwäbischen Alb und im Südosten Bayerns auf. Dort hätten Septoria tritici und Schneeschimmel ohne Fungizideinsatz zu sehr hohen Ertragsverlusten geführt.


Schneeschimmel ist keine einfach zu kontrollierende Krankheit. Entscheidend ist der Behandlungstermin. Dies machen auch Versuche mit geringer Behandlungsintensität deutlich. So erreichte die Behandlung am 20. Mai mit Adexar erheblich bessere Wirkungsgrade als die spätere am 30. Mai (siehe Übersicht 2).


Dies bestätigen auch die Versuche in Übersicht 3 (Sorte JB Asano). Hier kam es früh zu starkem Gelbrostdruck, der mit der frühen Capalo-Behandlung gut zu kontrollieren war. Nachfolgend ist auf dem Standort stark Schneeschimmel aufgetreten. Die Doppelbehandlung mit der Vorlage von Capalo in EC 31, gefolgt von der Abschlussbehandlung mit Ceriax, kontrollierte beide Krankheiten.


Die frühere Abschlussbehandlung am 24. Mai erreichte aber gegen Schneeschimmel eine um 7% bessere Wirkung als die am 31. Mai. Ertraglich ist die frühere Abschlussbehandlung um ca. 4 dt je ha überlegen. Dieser Mehrertrag ist aber auch auf eine bessere Gelbrostkontrolle zurückzuführen. Stärkerer Schneeschimmel-Befall hat sich in diesem Versuch erst relativ spät entwickelt.


Warum die frühere Behandlung den Schneeschimmel effektiver kontrollierte, lässt sich durch das Infektionsgeschehen des Pilzes erklären. Die lang anhaltende Trockenphase im April und Mai endete mit Regen ab dem 22. Mai. Am 30. Mai traten intensive Regenfälle mit bis 50 mm an einem Tag auf. Danach fielen im Juni phasenweise weiter hohe Niederschläge. Die frühen Anwendungen – besonders am 20. bzw. 24. Mai – erfolgten rein vorbeugend vor Neuinfektionen mit der besten Wirkung. Die Behandlung am 31. Mai kam nur einen Tag nach Infektionswitterung, wirkte aber 10% schlechter als die vorbeugende Anwendung. Daraus wird deutlich, dass die Fungizide kein kuratives Wirkpotenzial gegen Microdochium besitzen.


Welche Mittel greifen?

Bislang galt Prochloraz als Spezialist gegen Schneeschimmel. Das mag als Beizanwendung gegen samenbürtigen Befall auch weiter gelten. Die Versuchsergebnisse aus 2016 erlauben eine differenzierte Aussage:


  • Kontaktwirkstoffe wie Chlorthalonil sind wenig wirksam.
  • Epoxiconazol ist etwas besser als Prothioconazol, beide zeigten eine gute Wirkung.
  • Tebuconazol erreichte in den Vorjahren nicht die Wirksamkeit, erzielte 2016 in Kombination mit weiteren Azolen (Orius + Taspa, siehe Übersicht 1, S. 56) aber auch gute Wirkungen.
  • Prochloraz reiht sich ein.
  • Unix (Wirkstoff Cyprodinil) ist wenig wirksam.


Die Leistungsfähigkeit verschiedener Fungizide ist in Übersicht 4 zu erkennen:


  • Achat bringt wenig,
  • Strobilurine sind weitestgehend mit hohen Resistenzgraden verbraucht. Achat + Diamant zeigt deshalb die schlechte Wirkung.
  • Im Viverda wird die hohe Leistung durch das darin enthaltene Boscalid verbessert.
  • Auch die moderneren Carboxamide in Kombination mit Azolen wirken sehr gut. Das für 2017 erwartete Produkt Elatus Era zeigte in vielen Versuchen die höchste Wirkung.


Gegen Schneeschimmel zeigte kein Fungizid als Einfachbehandlung eine Wirkung von über 90%. In der Regel wird mit Mehrfachbehandlungen, die zielgerichtet gegen weitere Krankheiten eingesetzt werden, eine gute Nebenwirkung erreicht. So erzielten im Jahr 2016 auch Doppel- bzw. Dreifachbehandlungen in der Regel eine ausreichende Wirkung. Die frühe Behandlung in EC 31/32 brachte allein wenig, verbesserte aber die Gesamtwirkung.


Inwieweit Schneeschimmel auch in dieser Saison wieder eine Bedeutung hat, bleibt abzuwarten. Orientieren kann man sich an Witterungsphasen, die für Septoria tritici kritisch sind. Gleiches gilt für die Produktwahl. Dabei ist Chlorthalonil gegen Septoria die Basis, gegen Schneeschimmel bringt es aber nur einen kleinen Zusatzeffekt. -hm-


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