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Standort und Eigenverbrauch sind entscheidend

Lesezeit: 8 Minuten

Keywan Pour-Sartip, Energieberater beim C.A.R.M.E.N. e.V. aus Straubing, gibt Tipps für die Planung eines Kleinwindrades.


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Für wen lohnt sich ein Kleinwindrad?


Pour-Sartip: Wie bei der Photovoltaik lohnt sich eine Volleinspeisung von Strom aus Kleinwindanlagen nicht, der Einspeisetarif ist mit unter 9 ct pro kWh zu niedrig. Daher ist nur der Eigenverbrauch lukrativ. Damit sich ein Kleinwindrad lohnt, muss also ein entsprechender Strombedarf im Betrieb vorhanden sein. Besonders geeignet sind Schweinemäster oder Milchviehhalter mit Melkrobotern. Genauso wichtig ist aber auch ein guter Standort. Die Anforderungen an diesen sind viel höher als bei der Photovoltaik.


Was macht einen guten Standort aus?


Pour-Sartip: Das Windrad muss frei angeströmt werden können. Hinter jedem Hindernis wie Strommasten, Bäumen, Hecken, Gebäuden usw. kommt es zu Verwirbelungen, die den effizienten Anlagenbetrieb einschränken und somit den Energieertrag mindern. Gut geeignet sind also Randlagen oder exponierte Standorte auf Höhenzügen, bei denen die Oberflächenrauigkeit minimal ist. Für einen wirtschaftlichen Betrieb sind die Windverhältnisse ausschlaggebend.


Was ist bei der Planung zu beachten?


Pour-Sartip: Es kommt auf eine gute Vorplanung an, einschließlich einer ausreichenden Windmessung. Jeder Betreiber sollte sich klarmachen: Eine gute Anlage kann einen schlechten Standort nicht ausgleichen. Heißt also, erst den richtigen Standort wählen, dann die passende Anlagentechnik dazu. Als untere Schmerzgrenze für einen wirtschaftlichen Standort gehen wir von einer Windgeschwindigkeit von 3,8 m/s auf einer Höhe von 10 m aus, was im Tiefland oft kaum zu erreichen ist. Mit diesem Wert erreicht man 4 m/s auf den heute üblichen, höheren Masten. Selbst dabei kann eine Anlage in schlechten Windjahren unrentabel sein. Erste Abschätzungen hierzu liefern Windatlasse, die es in verschiedenen Bundesländern gibt.Wenn der Standort zu weit weg vom Hof ist, können die Kabelverlegungskosten zu hoch werden – gerade bei kleineren Anlagen. Ein guter Standort ist also gekennzeichnet durch gute Windverhältnisse. Zudem ist wichtig, dass die Nachbarn nicht durch Schall- und Schattenemissionen beeinträchtigt werden und die Installationskosten insgesamt im Rahmen bleiben. Eine Windmessung auf Nabenhöhe kostet bei professionellen Dienstleistern 5000 bis 10000 €.


Kann man die Windgeschwindigkeit auch selbst messen?


Pour-Sartip: Ja, professionelle Wettermesseinrichtungen im Elektronikfachhandel sind schon ab 300 € erhältlich. Wichtig ist eine Messstation mit Datenlogger, die die Messdaten z.B. auf einer SD-Karte aufzeichnet. Dann können die Daten am Computer ausgewertet und ein Windprofil mit Durchschnittsgeschwindigkeit, Windrichtungsverteilung und Windhäufigkeitsverteilung erstellt werden. Daraus lässt sich viel ablesen: Standorte, an denen es häufiger stärkere Windgeschwindigkeiten gibt, können einen höheren Energieertrag liefern, auch wenn die Durchschnittsgeschwindigkeit vielleicht nicht so hoch ist. Wichtig ist, dass die Messung über mindestens sechs Monate, besser ein Jahr, durchgeführt wird, um die verschiedenen Windphasen innerhalb des Jahres zu erfassen.


Was sollte man bei der Auswahl der Technik beachten?


Pour-Sartip: Die Auswahl ist schwierig. Das Angebot ist riesig und es fällt schwer, einen seriösen Anbieter zu finden. Ein erster Rat ist, kein Windrad auf einer Messe zu kaufen, was leider immer wieder vorkommt. Vielmehr sollte man sich gründlich informieren. Denn es gibt überzogene Versprechen von Verkäufern. So werben einige mit niedrigen Anlaufgeschwindigkeiten. Bei zu wenig Wind produziert das Windrad gerade einmal Strom für den eigenen Wechselrichter. Auch gibt es immer wieder Angebote von nicht ausgereiften Konzepten. Hier sind Referenzen wichtig. Über Hersteller informieren kann man sich z.B. auf dem herstellerunabhängigen Kleinwindkraftportal www.klein-windkraftanlagen.com. Ein weiterer Punkt sind Schallemissionen. Diese dürfen in Wohngebieten 35 dB(A) und in Mischgebieten 45 dB(A) in der Nacht nicht überschreiten. Bei wenig Wind überlagert das Windgeräusch die Rotorgeräusche des Kleinwindrades nicht. Daher sollte auch auf die Angaben des Herstellers zur Lautstärke des Windrades geachtet werden. Zudem muss die Anlage zum Standort passen. Es gibt für das Binnenland genau wie bei den großen Modellen Schwachwindanlagen. Diese haben eine größere Rotorfläche, was zu einer höheren Volllaststundenzahl führt.


Ist eine Genehmigung erforderlich?


Pour-Sartip: Anlagen bis 10 m Gesamthöhe sind in der Regel genehmigungsfrei, unter 50 m fallen sie noch unter das Baurecht, darüber ist eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nötig. Nach § 35 Baugesetzbuch kann eine Energieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb untergeordnet werden, was den Bau im Außenbereich privilegiert. Hierfür muss nachgewiesen werden, dass mindestens 51% des im Jahr erzeugten Stroms selbst genutzt wird. Das wird von den Ländern und auch von einzelnen Behörden sehr unterschiedlich interpretiert. Hierzu gibt es auch mehrere Gerichtsurteile. Fest steht: Je kleiner die Anlage, desto einfacher die Genehmigung. Ein weiteres Ausschlusskriterium kann der Umweltschutz sein. Einige Behörden verlangen umfangreiche Gutachten zum Vogel- und Fledermausschutz, z.T. auch bei Kleinanlagen.


Wie legt man die Größe eines Kleinwindrades richtig aus?


Pour-Sartip: Dabei sollte nicht der gesamte Stromverbrauch des Betriebes als Basis genommen werden, sondern die Grundlast, also die kontinuierlich benötigte Strommenge. Typische Stromverbraucher sind je nach Betrieb z.B. Lüfter, Wärmestrahler oder die Beleuchtung. Die Spitzenlast des Kleinwindrades sollte die Grundlast des Betriebes nicht übersteigen. Denn der Anlagenbetreiber sollte so planen, dass er möglichst viel des produzierten Windstroms selbst verbraucht. Der Eigenverbrauch ist der Schlüssel zur Wirtschaftlichkeit. Dazu kommt: Eine Anlage mit weniger Leistung z.B. mit 5 oder 10 kW besitzt eine geringere statische Last, womit der Mast günstiger sein kann.


Stichwort Eigenverbrauch: Zu welchen Kosten lässt sich Strom mit einer Kleinwindanlage produzieren und wovon hängt das ab?


Pour-Sartip: Wir arbeiten mit Faustzahlen von 15 bis 30 ct/kWh Stromgestehungskosten. Das macht deutlich, warum sich die Einspeisung des Stroms ins öffentliche Netz nicht lohnt. Das hängt weniger vom Anlagentyp, sondern vor allem von den Windverhältnissen ab. Je schlechter das Windangebot, desto höher die Stromgestehungskosten.


Welche Kosten muss man heute für ein Kleinwindrad veranschlagen?


Pour-Sartip: Diese liegen in etwa bei 3000 bis 9000 €/kW. Allerdings gibt es viele Einflussfaktoren, die beim Vergleich von Angeboten zu beachten sind. Hier kommt es nicht nur auf die Anschaffungskosten für die Anlage an. Dazu kommen Kosten für die Windmessung, Beratung, Planung, Projektierung und Genehmigung plus Gutachten, Installationskosten einschließlich Fundament, Wechselrichter, Steuerung und Sensorik sowie Kosten für die Standorterschließung mit Verkabelung, Kranstellfläche, Zuwegung und Netzanschlussgebühr.


Wann amortisiert sich ein Kleinwindrad und wovon hängt das ab?


Pour-Sartip: Wir haben überschlägige Berechnungen für ein Kleinwindrad mit einer Leistung von 20 kW bei einer Windgeschwindigkeit von 5 m/s auf 30 m Höhe durchgeführt. Bei einer Eigenverbrauchsquote von 100% würde sich die Anlage mit etwa 120000 € Investitionskosten nach rund acht Jahren bezahlt machen, bei 50% Eigenverbrauch dagegen erst nach 16 Jahren. Bei nur 4 m/s Windgeschwindigkeit kommen wir selbst bei 100% Eigenverbrauch auf eine Amortisationszeit von 15 Jahren, bei 75% Eigenverbrauch auf 20 Jahre. Das zeigt: Windgeschwindigkeit und Eigenverbrauch sind entscheidend für die Wirtschaftlichkeit.


Mit welcher Lebensdauer der Anlagen kann man rechnen?


Pour-Sartip: In der Regel ist die Lebensdauer der Anlagen von den am Standort auftretenden Windverhältnissen abhängig. Oftmals entstehen beim Betrieb der Windanlagen materialermüdende Eigenschwingungen, die durch Turbulenzen deutlich verstärkt werden. Das führt zu negativen Auswirkungen auf die Lebensdauer. Diese wird zudem durch die Qualität der Anlage sowie die Wartungsintervalle stark beeinflusst.


Praktiker berichten, dass ein Windrad im Sommer eher weniger Strom produziert als im Winter. Also genau andersherum als die Photovoltaik?


Pour-Sartip: Ja, im Sommer gibt es tendenziell eher weniger Wind. Aber auch da gibt es Spitzenleistungstage, an denen die Maximalleistung der Windräder abgerufen wird. Im Winter kann man dann eher mit einer konstanten Stromproduktion rechnen. Dennoch sollte im Hinterkopf behalten werden, dass die Stromproduktion insgesamt keine durchgehende Kontinuität aufweist. Das ist bei der Photovoltaik anders. Hier lassen sich die Erträge etwas besser vorhersagen.


Ist dann die Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage sinnvoll?


Pour-Sartip: Das würde ich pauschal so nicht sagen. Denn bei beiden ist der Eigenverbrauch wichtig. An sonnigen und gleichzeitig windigen Tagen können Photovoltaik und Windkraft mehr Strom produzieren als für die reine Grundlast notwendig ist. Sie verdrängen sich also gegenseitig. Aber diese Wetterbedingungen treten eher selten ein. Abhilfe kann in diesem Fall ein Stromspeicher liefern, der Produktion und Verbrauch entkoppelt. Aber schon mit der wesentlich günstigeren Photovoltaik sind Speicher heute kaum wirtschaftlich, mit der teureren Kleinwindkraft wird es noch schwieriger.


Lohnt es sich, mit der Wärmeproduktion die Nutzungsrate des Kleinwindrades zu erhöhen?


Pour-Sartip: Nein, die Produktion von Wärme über einen Heizstab, der mit Strom aus der Kleinwindanlage produziert wird, ist viel zu teuer. Dafür gibt es wesentlich günstigere Möglichkeiten, um Wärme zu produzieren. Hinrich Neumann

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