„Mein 40. Geburtstag war ein Wendepunkt. Er hat mich extrem nachdenklich gemacht und einen Prozess in mir angestoßen: Nach über zwei Jahrzehnten setzte ich mich mit meiner Kindheit und Jugend auseinander. Vor allem die Beziehung zu meinem Bruder stand auf dem Prüfstand.
Eigentlich hatte ich stets zu meiner Schwester den besseren Draht gehabt. Mit ihr als Nesthäkchen, ich bin die Älteste, hatten wir uns früher häufig gegen meinen Bruder verbündet. Wenn er am Wochenende bereits frei machte, waren wir noch im Stall oder Haushalt meiner Eltern eingespannt. Das fühlte sich oft genug ungerecht an.
Heute weiß ich, dass sich die Beziehungen unter Geschwistern grundlegend ändern können. Sie bleiben nicht in allen Lebensphasen gleich. Im Gegenteil: Nach einem Konflikt und sehr emotionalen Aussprachen stehen sich mein Bruder und ich nun sehr nahe. Das Verhältnis zu meiner Schwester ist weiterhin gut, aber bei Weitem nicht so innig.
Mein Ehemann Wilhelm hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Auch bei ihm hat sich die Bezugsperson unter seinen vier Geschwistern verändert.
Doch entscheidend finden wir, für unsere Geschwister da zu sein und einzustehen, in jeder Lage und egal, wie inbrünstig oder spannungsvoll der Kontakt aktuell sein mag. Zudem ist das Beten für die Familienmitglieder ein selbstverständlicher Teil unseres Alltags. Es stärkt und verbindet uns.“
Heidi Haag (48), Jettingen,
Baden-Württemberg