Warum kommt es immer wieder zu Lieferengpässen bei Standard-Impfstoffen?
Schüller: Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Impfstoffproduktion beruht auf biologischen Prozessen. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass es zu Störungen des Produktionsablaufes kommen kann. Einige Keime stellen zudem besondere Anforderungen an die Produktionsbedingungen. Engpässe können aber auch durch eine unerwartete Nachfrage entstehen.
Liegt es auch an den gestiegenen bürokratischen Anforderungen, die die Pharmaunternehmen erfüllen müssen?
Schüller: Die Vorgaben für die Produktion und Freigabe von Impfstoffchargen sind hoch. Dennoch sind dies planbare Prozesse, die die Unternehmen im Vorfeld berücksichtigen. Durch die Vorgaben können die Impfstoffhersteller allerdings nur begrenzt auf einen plötzlich ansteigenden Bedarf reagieren. Denn die Nachproduktion eines Impfstoffes ist mit erheblichen Laufzeiten verbunden. Außerdem müssen die Qualitätskontrollen zur internen Produktfreigabe sowie externe Chargenkontrollen eingehalten werden. Auch das kostet Zeit. Unter dem Strich ergeben sich dadurch Vorlaufzeiten von mehreren Monaten bis zu einem Jahr.
Stimmt es, dass mitunter schon ein fehlerhaftes Etikett ausreicht, um ein ganze Charge zu verwerfen?
Schüller: Ja, das trifft zu. Auch Fehler auf Etiketten oder auf Packmitteln können zur Beanstandung einer ganzen Impfstoff-Charge führen. Hier gibt es gesetzliche Vorgaben und zudem auch firmeninterne Standards, wie mit derart betroffenen Chargen im Einzelfall umzugehen ist.
Wie wichtig ist der Austausch zwischen der Industrie und den Tierärzten?
Schüller: Von Vorteil ist, dass Pharmaunternehmen und Tierärzte in direktem Kontakt stehen. Denn im Falle eines Lieferengpasses können die Kunden schnell informiert werden. Teilweise reagieren die Unternehmen auch mit einer Kontingentierung, um die Versorgung sinnvoll abzudecken. Um bei längeren und vollständigen Versorgungsengpässen den Impfschutz nicht zu gefährden, ist es wichtig, auf Produktalternativen hinzuweisen.