Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Aus dem Heft

Unter hohem Druck

Lesezeit: 8 Minuten

Fast jeder Dritte Deutsche leidet unter Bluthochdruck. Die Krankheit kann, wenn sie unentdeckt bleibt, fatale Folgen haben. Deshalb ist es wichtig, den Blutdruck im Blick zu behalten – egal, wie alt man ist.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

An manchen Tagen wachte Markus Schmidt (Name geändert) schon mit einem Pochen im Hals auf. Nicht selten verspürte er Schwindel und starke Kopfschmerzen. Schlechter Schlaf führte dazu, dass er sich tagsüber schlapp fühlte. Als er mit Anfang 30 zum Arzt ging, diagnostizierte dieser einen zu hohen Blutdruck: eine Hypertonie, von der man ab Werten über 140/90 mm Hg spricht (siehe Kasten 1). Eine bewusste Ernährung und die tägliche Einnahme von Tabletten zur Blutdrucksenkung haben bewirkt, dass er heute, fünf Jahre später, einen Blutdruck im Normalbereich hat und wieder beschwerdefrei leben kann.


Mit seinen Symptomen ist der Landwirt aus Hohenlohe (Baden-Württemberg) eher eine Seltenheit. Denn obwohl rund ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland an einem zu hohen Blutdruck leidet, bereitet der erhöhte Druck den Betroffenen anfangs meist kaum Beschwerden. Nicht selten bleibt er lange Zeit unerkannt und unbehandelt. Das kann weitreichende Folgen haben. Denn stehen die Blutgefäße des Körpers langfristig unter hohem Druck, drohen vielfältige Schäden.


Ein Gesundheitsrisiko:

„Die Folgen von zu hohem Blutdruck können Schlaganfall, Nierenkrankheiten oder ein Herzinfarkt sein“, erklärt Prof. Dr. med. Bernhard Krämer. Er ist Direktor derV. Medizinischen Klinik (Fachgebiet Nephrologie, Hypertensiologie, Endokrinologie, Diabetologie, Rheumatologie) am Universitätsklinikum Mannheim und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga e.V., der Gesellschaft für Hypertonie und Prävention.


Die Crux an der Hypertonie: Ein Mensch kann jahrelang an ihr leiden, ohne Beschwerden zu spüren. Oft ist es ein Zufallsbefund, der die Krankheit aufdeckt. Dem Wohlbefinden zum Trotz muss der Betroffene plötzlich seine Lebensgewohnheiten ändern oder ist sogar dauerhaft auf Medikamente angewiesen. Dennoch sind es genau diese, die einer Vielzahl der Bluthochdruck-Betroffenen langfristig das Leben retten. Denn fast jedem Schlaganfall mit halbseitigen Lähmungserscheinungen geht ein jahrelanger Bluthochdruck voraus, erklärt Prof. Krämer. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO ist erhöhter Blutdruck weltweit an 13%aller Todesfälle beteiligt, für mehr als die Hälfte aller Schlaganfälle sogar verantwortlich. Damit gehört die Hypertonie weltweit zu den wichtigsten Risiko-faktoren für vermeidbare Todesfälle.


Es trifft nicht nur die Älteren.

Auch wenn der Blutdruck in der Bevölkerung in den letzten 30 Jahren eher gesunken ist, leiden nach Angaben des Robert-Koch-Instituts etwa 20 bis 30 Mio. Bundesbürger an einer Hypertonie – und damit fast jeder dritte Deutsche. Vier von fünf Betroffenen wissen von ihrer Krankheit. „Das Risiko zu erkranken, steigt mit dem Alter“, erklärt Prof. Krämer. „Etwa drei von vier Menschen im Alter von 70 bis 79 Jahren sind betroffen.“ Dennoch ist hoher Blutdruck keine reine Alterskrankheit.


Als „Zivilisationskrankheit“ bezeichnet ihn Bernhard Krämer, deren Verlauf oft stark von der Lebensweise beeinflusst wird. In zahlreichen Studien haben Forscher herausgefunden, dass die Erbanlage und der Lebensstil begünstigende Faktoren sind. Zu wenig Bewegung, ungesunde und kochsalzreiche Ernährung, Übergewicht und Stress sind die vier wichtigsten Faktoren, die zu erhöhtem Blutdruck führen. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass die Krankheit auch bei jungen Menschen auftritt. Bei denen, die gerade in der „Mitte des Lebens“ stehen, die Hofübernahme gerade hinter sich haben, zwischen beruflichen und familiären Verpflichtungen hin- und hergerissen sind. Und bei denen die Tage häufig mit Stress gefüllt und die Nächte mit Sorgen belastet sind. Genau in dieser Lebensphase, wenn man sich über Bluthochdruck eigentlich gar keine Gedanken macht, ist es wichtig, diesen regelmäßig zu überprüfen, um ihn unter Kontrolle zu haben.


Dafür ist es nicht notwendig, täglich oder einmal pro Woche den Blutdruck zu messen. Ist der Blutdruck unauffällig, reichen Messungen einmal pro Monat oder alle sechs Wochen. Ist der Druck des Blutes zu hoch oder wird sogar behandelt, ist eine Messung in regelmäßigeren Abständen notwendig. Experten empfehlen Patienten mit hohem Blutdruck, diesen täglich bis mindestens dreimal pro Woche zu messen (siehe Kasten „Richtig messen“).


Markus Schmidt empfand es zunächst als Belastung, zwischen Stall- und Feldarbeit einmal pro Tag die Oberarmmanschette anlegen zu müssen. Inzwischen hat er das Gerät für die Messung griffbereit am Esstisch platziert. So kann er seinen Blutdruck einmal täglich vor dem Frühstück oder dem Abendessen messen. Der Vorgang ist für ihn zur Routine geworden.


Das Leben ändern?

Was für viele Betroffene weniger leicht zur Routine wird, ist die Änderung verschiedener Lebensgewohnheiten. Denn es sind nur wenige Prozent der Fälle, bei denen die Hypertonie auf eine organische Ursache zurückzuführen ist. Bei gerade mal etwa 10% der Fälle ist eine Erkrankung, etwa der Nieren, Nebennieren oder der Schilddrüse, Ursache für die Erkrankung. Hier sprechen Experten von „sekundärer Hypertonie“. So hat z.B. etwa jeder 100. Bluthochdruck-Patient eine Nierenarterien-Stenose, eine Engstelle in der Nierenarterie.


Bei etwa 90% der Menschen mit hohem Blutdruck findet sich hingegen keine organische Ursache („primäre Hypertonie“). Hier wirken vor allem äußere Einflüsse – wie die vier Faktoren Übergewicht, Stress, ungesunde Ernährung und wenig Bewegung. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Betroffenen an genau diesen Schrauben drehen müssen, um den Blutdruck zu senken. In manchen Fällen reicht dies sogar aus, um ohne Medikamente wieder in den Normalbereich zu kommen.


Eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht, regelmäßiger Sport und auch eine Umstellung der Ernährung gehören deshalb immer mit zu einer Behandlung. „Regelmäßiges Ausdauertraining, wie z.B. Joggen, Walken oder Fahrradfahren, kann den Blutdruck positiv beeinflussen“, erklärt Prof. Krämer. „Und auch eine kochsalz-arme und mediterrane Ernährung mit viel Gemüse und mehr Fisch als Fleisch ist für Blutdruck-Patienten vorteilhaft.“


Da vor allem in Fleisch und Wurst, aber auch in Brot viel „verstecktes Salz“ ist, backen einige seiner Patienten sogar ihr Brot selbst. Denn die tägliche maximale Dosis an Kochsalz von 5 g wird nicht selten alleine über diese – nicht offensichtlichen – Quellen gedeckt.


Stress reduzieren!

„Eine Stressreduktion kann sich zusätzlich positiv auf den Blutdruck auswirken“, sagt Prof. Krämer. „Aber wir haben alle unsere Verpflichtungen, sodass dies manchmal gar nicht so einfach bzw. nicht umsetzbar ist.“ Das Praktizieren von Entspannungstechniken wie Yoga oder progressive Muskelentspannung seien eine Persönlichkeitsfrage: Dem einen hilft es, dem anderen nicht.


„Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Qigong, einer chinesischen Meditationsform gemacht. Einmal pro Woche besuche ich einen Kurs bei der Volkshochschule“, berichtet eine Bäuerin aus dem Ostallgäu. „Nach der Stunde komme ich entspannt nach Hause. Mein Mann, der wie ich auch an Bluthochdruck leidet, kann damit wenig anfangen. Außerdem findet er nicht die Motivation, zu einer festen Stunde die Arbeit zu unterbrechen.“


Das Paar ist Ende 40 und bewirtschaftet einen Milchviehbetrieb. Zuerst wurde beim Betriebsleiter, einige Jahre später bei seiner Frau Bluthochdruckdiagnostiziert. „Inzwischen achte ich konsequent auf unsere Ernährung“, sagt die Bäuerin. „Doch mich besorgt, dass sich mein Mann voll auf die Tabletten verlässt. Einen Grund, Sport zu treiben oder sich gesünder zu ernähren, sieht er leider nicht. Dabei könnte auch er sich mit Freunden zum Laufen verabreden. Dann wäre er vielleicht motivierter.“


Letzter Ausweg Tabletten:

Diese Erfahrung macht auch Prof. Krämer regelmäßig bei seinen Patienten. Zwar rate er ihnen immer dazu, die Möglichkeiten einer nicht-medikamentösen Therapie zu berücksichtigen. Es kommt aber vor, dass diese Veränderungen nicht möglich sind. Oder die Betroffenen einfach nichts ändern wollen. „Natürlich ist es einfacher, morgens zwei Tabletten zu nehmen, als das komplette Leben zu ändern“, sagt er. „In manchen Fällen ist eine konsequente Umstellung der Gewohnheiten aufgrund der Lebenssituation aber nicht möglich.“


Trotz aller Maßnahmen kommen viele Patienten nicht um die Einnahme von Tabletten herum. So auch Markus Schmidt und das Paar aus dem Ostallgäu. Bei der Entscheidung, ob Blutdrucksenker notwendig sind oder nicht, spielt das Gesamtrisiko eine entscheidende Rolle.


Die Deutsche Hochdruckliga empfiehlt, die Therapie der Patienten vom Gesamtrisiko abhängig zu machen. Wird bei einem Menschen eine schwere Hypertonie festgestellt, sind Tabletten meist sofort notwendig. Bei einer leichten oder mittelschweren Erkrankung sollten die Betroffenen zunächst möglichst viele der Empfehlungen für ein gesundes Leben umsetzen.


Im Laufe der ersten drei Monate nach der Umstellung sinkt bei manchen Betroffenen der Blutdruck schon so weit, dass Medikamente nicht notwendig sind. Hat ein Hypertoniker nach dieser Zeit keine unbedenklichen Werte erreicht, sind in der Regel Medikamente zur Blutdrucksenkung notwendig.


Zur Behandlung von Bluthochdruck gibt es in Deutschland mehrere Prä-parate: ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, Kalzium-Antagonisten und Beta-blocker. Da der Blutdruck ein komplexes Sytem ist, kann es möglich sein, dass der Arzt einem Patienten mehrere Wirkstoffe gleichzeitig verschreibt. Da der Mediziner nicht auf den ersten Blick erkennen kann, welcher Wirkstoff Erfolg bringt, sind oft mehrere „Probeläufe“ notwendig.


Nicht immer reibungslos:

Und bei allen derzeit verfügbaren Blutdruck-senkern sind Nebenwirkungen bekannt. Reizhusten, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Schlafstörungen, sexuelle Funktions- oder Potenzstörungen und Wassereinlagerungen sind nureinige mögliche Begleiterscheinungen einer medikamentösen Bluthochdruck-Therapie – und sicherlich auch ein Grund dafür, warum Betroffene ungern über diese Erkrankung sprechen.


Gerade im Hinblick auf die Behandlungsformen der Hypertonie wird derzeit viel geforscht. „Über die primäre Hypertonie wissen wir eigentlich noch viel zu wenig“, sagt Prof. Krämer. „Hier besteht noch großer Forschungsbedarf. Auch was die Behandlung angeht, sind wir bei weitem noch nicht am Ende der Möglichkeiten angelangt.“ Anja Rose

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.