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Wenn Kälber wählen könnten

Lesezeit: 6 Minuten

Wie würde der Tränke- und Futterplan aussehen, wenn Kälber selbst entscheiden dürften? Untersuchungen der Hochschule Neubrandenburg brachten spannende Erkenntnisse.


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In der Kälberaufzucht halten sich viele Meinungen: „Kälber müssen früh zum Wiederkäuer erzogen werden.“ Oder „Je weniger Milch sie bekommen, desto mehr fressen sie.“ Aber stimmt das? Wissenschaftler der Hochschule Neubrandenburg haben das Verhalten von Kälbern in der mutterlosen Aufzucht beobachtet und Daten zur Tränke- und Beifutteraufnahme ausgewertet – mit erstaunlichen Ergebnissen.


Zwei Untersuchungen:

In Betrieb A erfassten die Wissenschaftler die Milch- und Futteraufnahme bei unterschiedlichem Tränkeanrecht. Aus den Aufzeichnungen der Tränkeautomaten des Betriebs werteten sie die Tränkemengen, die Besuche an der Abrufstation pro Tag sowie die Sauggeschwindigkeit aus. Der Betrieb fütterte die Kälber am Tränkeautomaten mit einem maximalen Tränkeanrecht von 10 beziehungsweise 12 l bis zum 49. Lebenstag. Vom 50. bis zum 65. Lebenstag wurden die Kälber langsam abgetränkt. Bei Kälbern mit 10 l Tränkeanrecht endete die Abtränkphase schon am 60. Lebenstag. Die Tränke hatte eine Konzentration von 160 g Milchaustauscher (MAT) pro l Wasser mit 50% Magermilchanteil.


Die Untersuchungen zum Verhalten der Kälber fanden in Betrieb B statt. Der Betrieb fütterte die Kälber mit einem maximalen Tränkeanrecht von 10 l bis zum 28. Lebenstag. Ab dem 29. Tag erfolgte das langsame Abtränken bis zum 69. Tag. Der MAT hatte ebenfalls einen Magermilchanteil von 50% und wurde in einer Konzentration von 155 g/l Wasser angeboten. Überwachungskameras zeichneten das Verhalten der Saugkälber über den gesamten Zeitraum der Gruppenhaltung auf. An der Hochschule wurde das Tränke- und Beifutteraufnahmeverhalten mit einer Software (interact) ausgewertet.


Das vorgelegte Beifutter wurde in beiden Betrieben jeweils für die gesamte Gruppe erfasst und daraus die täglich aufgenommene Beifuttermenge errechnet. Der Altersunterschied der Kälber innerhalb einer Gruppe betrug maximal zwei Wochen.


12 Liter sind bedarfsdeckend:

Kälber brauchen rund fünf Tage, um sich an eine freie Tränkeaufnahme zu gewöhnen. Im Betrieb A wurden die Kälber am 10. Tag in die Gruppenhaltung umgestallt. Daher floss ihre Milchaufnahme erst ab dem 15. Lebenstag, also nach der Eingewöhnungszeit, in den Vergleich der Auswirkung eines unterschiedlichen Tränkeanrechts ein. Bei einem Tränkeanrecht von 10 l pro Tag nahmen die Kälber an etwa 25% der Tränketage die volle Milchmenge auf. An der Hälfte der ausgewerteten Tränketage soffen sie weniger als 8 l Milch. Bei einem Anrecht von 12 l nahmen die Kälber an 15% der Tage 10 l Milch und mehr auf, jedoch kein Kalb rief an jedem Tag bis zum Abtränken das volle Anrecht ab (Übersicht 1). Somit reicht das Angebot von 12 l/Tier und Tag für eine bedarfsgerechte Versorgung der Kälber aus.


Bei einem Anrecht von 10 l steigt die täglich aufgenommene Milchmenge bis zum 30. Lebenstag, danach bleibt sie bis zum Abtränken auf hohem Niveau. Bei einem Anrecht von 12 l steigt sie langsamer bis zum 40. Tag und bleibt im Durchschnitt unter der Aufnahme der 10 l-Kälber. Diese moderatere Zunahme der Tränkemenge bei fast unbegrenztem Anrecht von 12 l/Tag ist wohl auf die Sauggeschwindigkeit zurückzuführen. Diese war bis zum 20. Tag niedriger als bei einem Tränkeanrecht von 10 l.


Mehr Milch, weniger Stress:

Die 12 l-Kälber machen die Erfahrung, dass sie jederzeit Milch aufnehmen können, wenn sie die Abrufstation besuchen. Im Gegensatz dazu verlassen sie bei einer Obergrenze von 10 l häufiger ohne Anrecht, aber mit dem Bedürfnis zu saugen, die Abrufstation. Der nächste Besuch mit Anrecht verläuft dann hektisch und dadurch in höherer Geschwindigkeit und mit höherer Tränkemenge. Dies führt dazu, dass die mittlere Milchaufnahme bei 10 l Anrecht bis zum 35. Lebenstag mit 8 l höher ist als bei 12 l (mit 7,5 l).


Auch im weiteren Verlauf der Tränkezeit sorgt das hohe Anrecht von 12 l für weniger Stress. Etwa ab dem 35. Lebenstag bis zum Abtränken gehen die 10 l-Kälber deutlich häufiger in die Abrufstation (Übersicht 2): Die 12 l-Kälber besuchen im Mittel sechs Mal pro Tag die Abrufstation, die 10 l-Kälber durchschnittlich neun Mal. Es ist anzunehmen, dass die Zahl der Blindbesuche zu diesem Anstieg führt.


Auch die Abtränkkurve ist bei einem Anrecht von 12 l moderater hinsichtlich der Besuche an der Abrufstation. Vorteilhaft ist dabei auch die Verlängerung der Abtränkphase von 60 auf 65 Tränketage. Die Tränkemenge und die Sauggeschwindigkeit gehen dann langsamer zurück, die Besuche an der Abrufstation steigen nicht so drastisch wie bei dem Abtränken mit 60 Tagen.


Futteraufnahme nicht steuerbar:

Die Verhaltensbeobachtung in Betrieb B zeigte, dass die Kälber bis zur 7. Lebenswoche für jede Tränkeaufnahme 7 bis 8 Minuten an der Abrufstation stehen (Übersicht 3). Danach geht die Tränkedauer zurück. Auch die Länge einer Futteraufnahme ändert sich ab der 8. Lebenswoche. Vorher liegt sie bei unter 4 Minuten pro Mahlzeit. In der 9. Lebenswoche steigt sie auf 6 Minuten pro Periode an. Erst ab der 10. Lebenswoche stehen die Kälber gemeinsam für 20 Minuten und mehr am Trog und fressen ausdauernd.


Unabhängig vom Beginn des Abtränkens (29. gegenüber 50. Lebenstag) nehmen die Kälber in den ersten sechs Lebenswochen nur bis zu 0,5 kg Trockenmasse (TM) über Aufzuchtfutter, Anwelksilage, Heu und TMR auf. Auch wenn die mittlere Milchmenge bei frühem Abtränken in der 7. Lebenswoche nur noch bei 6,5 l liegt, fressen die Kälber mit 0,6 kg TM kaum mehr als Kälber mit einer mittleren Tränkeaufnahme von 8,4 l zu diesem Zeitpunkt.


Die früher abgetränkten Kälber nehmen in dieser Woche über MAT und Beifutter rund 22 MJ, die später abgetränkten rund 24 MJ ME (umsetzbare Energie)/Tag auf. Das zeigt, dass Kälber eine geringere MAT-Aufnahme nicht über höhere Futteraufnahme kompensieren. Mit dem Umbruch in der 8. Lebenswoche steigt die Futteraufnahme jeweils um 0,5 kg TM an. In der 10. Woche steigt die tägliche Beifutteraufnahme deutlich auf rund 2,4 kg TM.


Das zeigt: Die Festfutteraufnahme der Kälber hängt nicht von der verfügbaren Tränkemenge, sondern von ihrem Alter beziehungsweise Entwicklungsstand ab.Kontakt:


katharina.luetke-holz@topagrar.com


katharina.luetke-holz@topagrar.com


In der nächsten Ausgabe lesen Sie, wie die intensiv aufgezogenen Kälber als Jungrinder versorgt werden sollten.

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