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Zitzenschäden durch Melkfehler

Blaue Zitzen, Fransen oder blutige Risse? Oft ist die Melktechnik schuld. Beraterin Kathrin Lincke zeigt die Ursachen und Lösungen.

Lesezeit: 8 Minuten

Blaue Zitzen, Fransen oder blutige Risse? Oft ist die Melktechnik schuld. Beraterin Kathrin Lincke zeigt die Ursachen und Lösungen.


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Die meisten Erreger für Euterentzündungen gelangen durch die natürliche Zitzenöffnung, den Strichkanal, ins Euter. Das müsste eigentlich nicht sein, weil dieser Bereich von Natur aus mit einer Reihe von Infektionsabwehrmechanismen ausgestattet ist. Leider werden die Zitzen unter ungünstigen Melkbedingungen derart geschädigt, dass eine Erregerabwehr nicht mehr oder nur noch eingeschränkt funktioniert. Doch was sind für die Zitzen ungünstige Melkbedingungen?


Beobachtet und vergleicht man die unterschiedlichen Melksysteme in der Praxis, so fällt auf, dass dort die Zitzen in einem schlechten Zustand sind, wo sie lange einer hohen mechanischen Belastung durch den Zitzengummischaft ausgesetzt sind. Diese Situation entsteht immer dann, wenn zwischen zitzenendigem Melkvakuum und dem Melkbecher­zwischenraum im Entlastungstakt schnell ein hoher Differenzdruck entsteht und der Zitzengummischaft mit hoher Geschwindigkeit die Zitzen zwischen sich zusammenpresst. Das ist nahezu immer beim Blindmelken und bei geringem Milchfluss am Melkende der Fall. Der entstehende Differenzdruck ist dann umso größer, je höher das eingestellte Melkvakuum ist. Wer also im Melkstand mit mehr als 40 kPa Vakuum melkt, der beansprucht die Zitzen seiner Kühe unnötig.


Gesunde Zitzen wehren sich


In der Natur müssen die Zitzen nur den sanften Massagedruck der Zunge des saugenden Kalbes aushalten. Zitzengummis sind dagegen oft viel härter und belasten beim Zusammenfalten hauptsächlich die Zitzenspitzen. Doch gerade hier befinden sich Schließmuskel und Strichkanal, die eigentlich wesentliche Infektionsbarrierefunktionen übernehmen sollen.


Von den inneren Auskleidungen des Strichkanals wird normalerweise ein keratinhaltiges, zähflüssiges und talgiges Sekret, das Lactosebum, gebildet. Es soll den Strichkanal nach dem Melken wieder verschließen und durch seine antibakterielle Wirkung eine Barriere gegen eindringende Krankheitserreger bilden. Gelangen dennoch Keime in das Euter, werden sie schon im Bereich der Fürstenbergschen Rosette erkannt und von Abwehrzellen aus dem Blut bekämpft. Erkennbar wird das dann durch einen erhöhten Milchzellgehalt.


Erst wenn zuviel Keime den Strichkanal passieren oder wenn die zelluläre Abwehrreaktion gestört ist (Stoffwechselstörung, Stress), können die Erreger ins Euter aufsteigen, sich dort vermehren und eine Euterentzündung verursachen. Nur ein weicher, gut durchbluteter und nicht geschädigter Schließmuskel kann die Zitzen nach dem Melken wieder gut verschließen und auch einem ansteigenden Euterinnendruck vor der nächsten Melkzeit standhalten.


Wenn man diese Zusammenhänge kennt, wird deutlich, wie wichtig der Erhalt des natürlichen Zustandes der Zitzen ist. Es lohnt sich auch bei wenig Eu­tergesundheitsproblemen, die Zitzen nach dem Melken ab und zu sehr genau anzuschauen. Weiße Ringe sind erste Anzeichen für eine Überbelastung. Danach kommt es zu immer stärkeren Ausfransungen mit teilweise blutigen Rissen, die sehr willkommene Eintrittspforten für Krankheitskeime sind. An solcher zerklüfteter, teilweise schon abgestorbener Hornhaut, finden Krankheitserreger und Keime sehr gute Wachstumsbedingungen und können von hier leicht ins Euter wandern.


Vakuum langsam senken


Wenn man beim Zusammendrücken der Zitzen zwischen zwei Fingern Verhärtungen in den Zitzenspitzen fühlen kann, so ist das eine Reaktion von Zitzengewebe, das regelmäßig hohe Drücke und Reibung auszuhalten hat. Vergleichbar ist das vielleicht mit der Bildung von Hornhaut an beanspruchten Stellen von Händen und Füßen. Solche verhärteten, bindegewebigen Zitzen können mit der Zeit immer schwermelkiger werden, weil sich die Zitzenöffnung vom Melkvakuum schlechter aufdehnen lässt. Aus diesem Grund sollte man überhöhtes Melkvakuum auch in mehreren Schritten absenken. So können sich die Zitzen langsam wieder regenerieren. Bei zu schnellem Senken des Vakuums kann sich anfangs die Melkzeit verlängern.


Mehr Staph. aureus


Für die Eutergesundheit sind jedoch die nicht sichtbaren Schäden bedeutender. So werden die inneren Auskleidungen des Strichkanals und teilweise auch der Zitzenzisterne geschädigt, wenn die Zitze zwischen dem Zitzengummischaft während des Melkens sehr oft und stark zusammengepresst wird. Fehlt am Ende des Melkens bei einzelnen oder allen Viertel der fettige Milchfilm, wird die Reibung und die Schädigung der inneren Hautschicht noch schlimmer. Auch hier erlauben schon kleinste Verletzungen ein Eindringen von Krankheitserregern. Daher werden vermehrte Infektionen mit dem kontagiösen Erreger Staphylococcus aureus vor allem im Zusammenhang mit aggressiven Melkbedingungen und entsprechend geschädigten Zitzen gefunden.


Sehr kalte und helle, schlecht durchblutete Zitzen sind ebenfalls ein Zeichen dafür, dass der Druck auf die Zitzen während des Melkens zu hoch war. Das ist z. B. der Fall bei langen Blindmelkzeiten, zu hohem Melkvakuum vor allem in der Entlastungsphase oder auch, wenn Melkzeuge im Abschaltmodus, also bei gefaltetem Zitzengummischaft, zu lange hängen gelassen werden.


Tiefrote bis bläuliche Zitzenverfärbung nach dem Melken deuten auf ein ungünstiges Verhältnis zwischen Saug- und Entlastungsphasen hin, da sich das Blut in den Zitzen angestaut hat. Das heißt, die Saugphase ist absolut oder im Verhältnis zur Entlastungsphase zu lang und es wird mehr Blut in die Zitze gesaugt als zurückmassiert werden kann. Nach meinen Erfahrungen ist das oft der Fall, wenn die Saugphase über 65 % oder über 550 ms lang ist. Sicher ist ein Blutstau für die Kuh mit Schmerzen verbunden. Die Folge solcher aggressiven Melkbedingungen können deshalb ein schlechter Ausmelkgrad, ein zu langes Melkende oder sogar das Abschlagen der Melkzeuge sein.


Zitzengummis anpassen


Blaue Zitzen entstehen aber auch, wenn eine zu unflexible Zitzengummiöffnung die Zitzen einschnürt und so die Blutzirkulation in der Zitzenhaut eingeschränkt ist. Das kann bei zu kleinen Zitzengummis schon im unteren Bereich der Zitzen beobachtet werden. Bei zu großen Zitzengummis entstehen diese Abschnürungen in Verbindung mit einem sehr hohen Melkvakuum im Bereich der Zitzenbasis. Beide Extreme sind unbedingt zu vermeiden.


Die Zitzen sollen nach dem Melken trocken, warm, weich und normal gefärbt sein. Auch werden unter guten Melkbedingungen keine groben Schwellungen oder Einschnürungen sichtbar. Normale Zitzen sind nicht verhärtet und haben weiche und glatte Zitzenspitzen.


Wer zunehmend Zitzenschädigungen bei seinen Tieren beobachtet, sollte unbedingt, noch bevor es zu Euterproblemen kommt, nach den Ursachen suchen. Unbemerkt verändertes Melkvakuum, zu große oder verschlissenen Zitzengummis, zu späte Melkzeugabnahme, eine zu aggressive Pulsation oder eine ungleichmäßige Belastung der einzelnen Melkbecher können die melktechnischen Ursachen für zu lange Melkzeiten und in der Folge für geschädigte Zitzen sein. Aber auch einfache Fehler in der Melkarbeit, wie das Ansetzen der Melkzeuge an schlecht stimulierte und nasse Zitzen, eine ungünstige Schlauchführung oder ein zu spätes Abnehmen der Melkzeuge, können ein langes Melkende und damit eine ständige Schädigung der Zitzen bewirken.


Viele Fehler sind durch eine gewissenhafte Auswertung von Milchflußkurven (und nicht nur der Datentabellen) erkennbar. Weiteren Aufschluss geben Vakuummessungen, die mit Hilfe eines Zweikanal – Messgerätes während des Melkens im Puls- und Milchschlauch der Melkbecher durchgeführt werden. Meine Erfahrungen in der Praxis zeigen immer wieder, dass ein Vakuum zwischen 36 und 40 kPa unterhalb der Zitzen auch für hohe Milchflüsse völlig ausreichend ist.


Kalk trocknet Zitzen aus


Auch an trockenen und spröden Zitzen und Eutern kann es zu feinen Verletzungen und Rissen in der Haut und vor allem auch im Bereich des Schließmuskels kommen. Besonders wenn kohlensaurer Kalk in die Liegeboxen gestreut wird oder wenn die Euter starker Sonnenstrahlung oder extremer Kälte ausgesetzt sind, müssen die Zitzen unbedingt mit hautpflegenden Mitteln behandelt werden.


Die Pflegekomponente vieler Dippmittel ist für diese Fälle oft nicht ausreichend. Sind die Zitzen zu rau und spröde, sollte nach meiner Ansicht der Anteil der Pflegesubstanzen, wie zum Beispiel Glyzerin oder Lanolin, im Dippmittel mindestens 20 % betragen. Nach meinen Erfahrungen sind gut pflegende Dippmittel mit besonders guten Hautpflegeeigenschaften den hauptsächlich desinfizierenden Dippmitteln auf Iod- oder Chlorbasis vorzuziehen. Um eine Erregerverschleppung zu verhindern und auch den oberen Bereich der Zitzen zu erreichen, ist es besser, die pflegenden Dippmittel nicht zu dippen, sondern mit geeigneten Sprühflaschen von unten gegen die Euter zu sprühen.


Sind die Kühe bereits subklinisch euterkrank oder befinden sich schon Krankheitserreger im Euter, entscheidet der Ausmelkgrad der Euter darüber, wie gut sich die vorhandenen Erreger vermehren können. Je besser und öfter die infizierten Drüsenbereiche entleert werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass hier akute Euterentzündungen entstehen können.


Fazit


Eine regelmäßige Kontrolle der Euter und Zitzen ist die beste Möglichkeit, die Qualität des Melkens zu beurteilen und eingeschlichene Melkfehler frühzeitig zu erkennen, möglichst noch bevor es zu ­Eutergesundheitsstörungen und damit zu hohen finanziellen Verlusten kommt. Viel Licht unter den Eutern ist also ­wichtig, um Melkfehler erkennen zu ­können.

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