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unausgesprochene

Lesezeit: 4 Minuten

Herr Brauch, warum ist es vor allem auf den Höfen wichtig, dass man Erwartungen an die Mitmenschen ausspricht?


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Das Leben auf den Höfen ist eng, dicht, verbindlich. Private und berufliche Themen fließen ständig ineinander. Zum Glück! Wäre es anders, könnten die positiven Effekte des Miteinanders gar nicht erst wirken: So halten die Senioren den jungen Leuten den Rücken frei – und umgekehrt. Der eine springt für den anderen ein oder „holt die Kohlen aus dem Feuer“. Viele Familien macht das stark und sehr erfolgreich. Die Kehrseite: Läuft’s nicht mehr rund, verwandeln sich Spannungen zu Sprengstoff. Anfangs sind es vielleicht „nur“ Kleinigkeiten. Doch dabei bleibt es nicht.


Wieso können Unstimmigkeiten im Familienbetrieb so stark wirken?


Weil in jeder Familie Werte, Annahmen und Ideale existieren, die sich über Generationen geformt haben. Außerdem gibt es Selbstverständlichkeiten im Sinne von: „Bei uns macht man das so und so!“ In ihnen schwingt eine deutliche Erwartungshaltung mit. Vertritt nun jemand eine andere Meinung, redet aber nicht, wird es gefährlich.


Was sind konkrete Beispiele hierfür?


Der Mitarbeiter ist neu, der Chef unzufrieden. Er will, dass der Angestellte das Futter genau so ranfegt wie er selbst: immer von rechts nach links! Der Unmut wächst, das Gespräch bleibt aus. Warum hieß es zu Beginn: „Mach’ einfach mal! Du weißt ja, wie das geht!“ Oder: Sonntags frühstücken Alt und Jung seit Jahrzehnten zusammen. Nun sind Enkel da und die Schwiegertochter wünscht sich sehnlichst ein Frühstück im kleinen Kreis, nur mit Ehemann und den kleinen Kindern. Sie geht davon aus, dass die Senioren ihr Bedürfnis erahnen, ist kalt und unwirsch, doch sie redet nicht. Oder: Die weichenden Erben deuten mehrfach an, über „die Zukunft“ sprechen zu wollen. Die Eltern meiden das für sie schwierige Thema. Das Ergebnis: Der Frust und die Streit-Lust unter den Geschwistern steigen.


Eigentlich ist das Warten doch eine gute Tugend, oder?


Ja, bestimmte Prozesse brauchen Zeit und meist auch viel Geduld, mit anderen und mit sich selbst. Hier sollte man „ab-warten“ und „er-warten“. Doch das gilt nicht generell. Grundlegende Themen, die das Zusammenleben betreffen, müssen raus! Der eine muss sie sagen, der andere muss sie anhören. Wenn das nicht geschieht, kippt die Stimmung. Erst ist es Druck, dann Stress, dann Hass. Außerdem entwickelt sich der Hof unternehmerisch nicht nach vorn. Die Anspannung tötet jede neue Idee und Dynamik. Daher: Zeigen Sie sich konflikt- und sprachfähig! Nur das, worüber Sie sprechen, können Sie verhandeln und gestalten.


Ist die Fähigkeit zu gutem Dialog innerhalb einer Familie denn heute wichtiger als früher?


Ja. Die Rollenbilder und -verständnisse von Männern und Frauen haben sich gewandelt. Gott sei Dank! Dementsprechend bringt die moderne Welt neue gewichtige Themen mit sich: Wann ist Feierabend? Wer macht den Haushalt? Wer fährt die Kinder, pflegt die Senioren? Alte Zuständigkeitsmuster passen nicht mehr. Zudem ist die Lebensrealität heute größer, schneller, mobiler, digitaler. Das alles macht Abstimmungsprozesse „von Angesicht zu Angesicht“ aber nicht überflüssig, sondern umso wichtiger.


Worin besteht also der erste Schritt?


Reden Sie! Öffnen Sie sich! So schön es auch wäre: Die Mitmenschen lesen uns die Wünsche nicht von den Augen ab. Also: Formulieren Sie klar und eindeutig, immer aus Ihrer persönlichen Sicht, z.B.: „Ich wünsche mir dringend mehr Zeit mit Peter und den Kleinen. Können wir bitte über das Sonntagsfrühstück reden und ggf. eine neue Regelung finden“ Oder: „Ich bin weichender Erbe. Genau wie der Hofnachfolger es tut, plane ich meine Zukunft. Wann sprechen wir im Familienkreis über das Erbe“


Warum „lohnt“ sich diese Offenheit für alle Beteiligten?


Warum „lohnt“ sich diese Offenheit für alle Beteiligten?


Weil sie Klarheit bringt und spätere, große Konflikte verhindert. So oft kriselt es in Familien. Mein Rat: Finden Sie Kompromisse! Sie müssen den anderen nicht verstehen, doch Sie müssen seine Sicht auf die Dinge gelten lassen! Und: Fragen Sie sich, warum Sie selbst sich verletzt, enttäuscht oder eifersüchtig fühlen. Woher rühren Ihre Erwartungen? Können sie überhaupt erfüllt werden? Trauen Sie sich, die eigenen Ziele zu klären und unter Umständen zu korrigieren.Das Interview führte Reingard Bröcker.

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