Die neuen gesetzlichen Regeln zur Abfindung nach Höfeordnung sind klar: Den weichenden Erben steht eine Abfindung auf der Basis des 0,6-fachen Grundsteuerwertes zu. Davon können Verbindlichkeiten bis max. 80 % des Hofeswertes abgezogen werden. Der verbleibende Betrag ist der Vermögenswert, der unter den gesetzlichen Erben aufzuteilen ist.
Betrieb analysieren
In der Regel fällt die neue gesetzliche Abfindung höher aus als bislang, manchmal auch niedriger – und passt oft nicht zum Einzelfall. Hinzu kommt: Die weichenden Erben sehen oft in erster Linie die Vermögenswerte, jedoch muss der Betrieb die Abfindung auch leisten können.
Faustformeln helfen hier nicht weiter. Vielmehr gilt es, die Abfindung der Geschwister individuell und passend für Betrieb und Familie zu ermitteln.
Auf einen Blick
Grundlage für die Abfindungen sollte die betriebswirtschaftliche Situation sein.
Die gesetzlichen Regeln geben eine Orientierung, sind aber kein Muss.
Erfolgreiche Betriebe können mehr als die gesetzliche Abfindung zahlen.
Für weniger erfolgreiche Betriebe ist eine Abfindung kaum leistbar.
Im Zweifelsfall kann auch die Betriebsaufgabe der richtige Weg sein.
Sinnvolle Regelungen lassen sich jedoch nur anhand konkreter Zahlen des einzelnen Betriebes finden. Für die entsprechende Analyse sollten Sie die wirtschaftlichen Daten Ihres Betriebes über mindestens fünf Wirtschaftsjahre zusammenstellen und diese für die Diskussionen über die Abfindung nutzen.
Hat der Betrieb Potenzial?
Dabei zeigt der Blick auf z.B. die Unternehmensergebnisse der buchführen-den Sauen-, Mastschweine- und Milchviehhaltungsbetriebe in NRW im langjährigen Schnitt, dass es je nach Betrieb ganz erhebliche Unterschiede bei der wirtschaftlichen Ausgangslage bzw. der Leistungsfähigkeit gibt (Übersicht 1).
Im Ergebnis konnten die Betriebe über die verschiedenen Betriebe hinweg einen bereinigten Gewinn von knapp 78.500 € erzielen – mit Schwankungen von 61.177 € bei den Schweinemästern bis 93.385 € bei den Milchviehhaltern. Während das untere Viertel der Betriebe jährlich etwa 12.000 € an Substanz verloren hat, konnte das obere Viertel das Eigenkapital jährlich um fast 68.000 € steigern.
Würde bei diesen Betrieben die Hofübergabe anstehen, ließen sich aus der Betriebsanalyse folgende Aussagen ableiten:
Der durchschnittliche Betrieb hat Potenzial. Er bietet für einen jungen, unternehmerisch handelnden Hofnachfolger eine solide Existenzgrundlage und die Möglichkeit, moderate Abfindungsleistungen zu zahlen.
Das obere Viertel erzielt über Jahre hinweg herausragende wirtschaftliche Ergebnisse. Der jährlich erwirtschaftete Geldüberschuss lässt neben einer Weiterentwicklung deutlichen Spielraum für Abfindungsleistungen erkennen.
Das untere Viertel hat erhebliche wirtschaftliche Probleme. Trotz ähnlicher Kapazitäten ist das Ergebnis völlig unbefriedigend. Die bisherige Bewirtschaftung konnte nur durch erhebliche Einlagen gesichert werden, die mittel- und langfristige Existenzfähigkeit scheint nicht gegeben zu sein. Abfindungen sind gar nicht finanzierbar.
Orientierung an gesetzlichen Ansprüchen
Die Betriebe haben also ganz unterschiedliche Möglichkeiten, Abfindungen an die weichenden Erben zu zahlen. Um sich konkret über die Höhe der Abfindung zu einigen, kann die gesetzlichen Abfindungsregelung nach Höfeordnung als Orientierung dienen.
Ein Beispiel: Der Hofübergeber und seine Ehefrau leben in Zugewinngemeinschaft und haben zwei Kinder. Die Tochter übernimmt den Hof und muss den Bruder abfinden.
Die Übersicht 2 zeigt, dass die Hofnachfolgerin ihrem Bruder nach den Regeln der Höfeordnung unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten eine relativ geringe Abfindung zahlen müsste – unabhängig vom Betriebserfolg.
Das liegt auch daran, dass der dem Hofeswert zugrunde liegende Grundsteuerwert, sich neben dem Wohnhaus im Wesentlichen auf Grundlage der Eigentumsfläche errechnet und unabhängig von der Wirtschaftlichkeit des Betriebes ist. Gerade bei erfolgreichen Betrieben erscheinen die so berechneten Abfindungen als deutlich zu niedrig.
Was verkraftet der Betrieb?
Als Entscheidungshilfe sollten Landwirte deshalb noch die Belastbarkeit des Betriebe durch Erbabfindungen ermitteln. Konkret: Wie viel kann die Hofnachfolgerin aus dem erwirtschafteten Einkommen an ihren Bruder zahlen, ohne die Substanz angreifen zu müssen oder die künftige Entwicklung des Betriebes zu gefährden?
Die Berechnungen der Übersicht 3 zeigen, dass selbst bei sparsamer Lebensweise das untere Viertel, aber auch der Schnitt der Betriebe nicht in der Lage ist, überhaupt eine Abfindung aus der laufenden Ertragskraft aufzubringen. Gut laufende Betriebe dagegen haben selbst unter der Annahme höherer Lebenshaltungskosten und Berücksichtigung einer guten Eigenkapitalbildung Luft für höhere Abfindungsbeträge.
Individuelle Lösungen
Die Zahlen aus der Praxis machen deutlich, dass die auch die neue gesetzliche Abfindungsregelung der Höfeordnung im Einzelfall nicht geeignet ist, eine wirklich „gerechte“ Abfindungsregelung zu finden.
Dies ist letztlich nur möglich, wenn alle Beteiligten, auch die weichenden Erben, die wirtschaftliche Situation des jeweiligen Betriebes kennen und auch die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge verstehen. Nur dann können Hofübergeber und Hofnachfolger Verständnis von den weichenden Erben erwarten, um dann in der Familie gemeinsam angemessene Lösungen in der Abfindungsfrage finden.
Am besten ist es dabei, wenn die Eltern schon frühzeitig für die Abfindung der weichenden Erben vorsorgen, damit am Ende nicht der Hofnachfolger die volle Belastung zum Zeitpunkt der Übernahme tragen muss.
Auch eine andere Frage sollte nicht tabu sein: Wird überhaupt ein Betrieb übergeben, der noch Existenzgrundlage für den Sohn, die Tochter sein kann? Bei den weniger erfolgreichen Betrieben wäre in vielen Fällen die Betriebsaufgabe der bessere Weg.
Denn die Vermögenserhaltung sollte vor der Hoferhaltung stehen. Auch hier sollte der Hofübergeber den Übergang rechtzeitig angehen, um dann mit allen Familienmitgliedern gemeinsam individuelle Lösungen finden.
Dabei kann auch ein auslaufender Betrieb oft noch geschlossen an nur eines der Kinder übergeben werden und die weichenden Erben dann mit einer höheren Abfindung zum Beispiel auf Grundlage der erzielten Nettopacht nach Abzug betrieblicher Festkosten abgefunden werden.
Zuschlag für Windkraft, Pv & Co.
Viele Landwirte haben in den letzten Jahren in erneuerbare Energien investiert. Das sind meist gewerbliche Anlagen, die in der Regel zum hofesfreien Vermögen gehören. In diesen Fällen sollten individuelle Zuschläge zur Abfindung vorgenommen werden. Das gilt auch für vermietete Altenteiler- oder Landarbeiterhäuser.
In anderen Fällen haben Veredlungsbetriebe ihren Hof auch aus steuerlichen Gründen durch die Gründung von 51a- (neu 13b-) Gesellschaften aufgeteilt. Die Stallerweiterungen werden häufig im Sonderbetriebsvermögen errichtet und gehören, wenn sie sich auf der ungeteilten Hofstelle befinden, zum Hof. Ähnliches gilt z. B. für andere hofeszugehörige Gewerbebetriebe, wie z. B. verpachtete Windkraftstandorte.
Bei der Hofübergabe wird der Betrieb dann meist in seiner Gesamtheit übergeben. Da die „neuen“ Anlagen aber in der Regel nicht im Grundsteuerwert enthalten sind, sollte für solche Anlagen bei der Übergabe im Rahmen der Höfeordnung ein Zuschlag zum Grundsteuer- bzw. Hofeswert vorgenommen werden. Ebenso sollte es einen Zuschlag für das Umlauf- und Viehvermögen geben, über das der Übergeber als Hauptgesellschafter einer 51 a-Gesellschaft (neu:13b-Gesellschaft) verfügt.