Genossenschaften heben sich in einem Punkt von vielen anderen Unternehmen ab, den sie gleichwohl mit Landwirten teilen: Sie denken langfristiger, eher in Generationen als nur von Bilanz zu Bilanz. Das enthebt sie natürlich nicht der Pflicht, Gewinne einzufahren, es weitet aber womöglich den Blick für die Zukunft.
Köckler: Sichern nachhaltige genossenschaftliche Strukturen
Auch der Vorsitzende des Agravis-Vorstands, Dr. Dirk Köckler, scheint diese Perspektive zu teilen. „Natürlich müsse die Agravis sichere Gewinne erzielen, „aber wir betreiben keine Gewinn-Maximierung, sondern sichern und entwickeln nachhaltige genossenschaftliche Strukturen“, stellte Köckler bei der Agravis-Hauptversammlung am Dienstag in Berlin klar.
Vor den rund 500 anwesenden Aktionärinnen und Aktionären untermauerte er das klare Bekenntnis zum Konzernportfolio und zum ländlichen Raum: „Wir stehen zur Tierernährung und Tiergesundheit, zum Pflanzenbau, zur Landtechnik, zur fossilen und regenerativen Energie und zu Raiffeisen-Märkten.“ Treiber hierbei seien die digitale Transformation und die Nachhaltigkeit.
Viele Chancen
„Im genossenschaftlichen Verbund liegen viele Chancen“, so Köcklers Überzeugung. Das Brot- und Buttergeschäft bleibe der klassische Agrarhandel. Im Fokus beim Ausbau des Großhandelsgeschäftes mit den genossenschaftlichen Eigentümern stünden die landwirtschaftlichen Kernbereiche Pflanzen, Tiere und Technik in den Geschäftsbeziehungen B2B und B2F (Business to Farmer) – erweitert um das private Endkundengeschäft (B2C) in den Segmenten Energie und Raiffeisen-Märkte.
Als konkretes Beispiel, wie der anhaltende Strukturwandel in der Landwirtschaft und im Agrarhandel gemeinsam gestaltet werden könne, nannte der Vorstandschef die Futtermittelkooperation in der Raiffeisen Kraftfutterwerke Mittelweser Heide GmbH mit den Raiffeisen-Genossenschaften Niedersachsen Mitte und Heidesand. „Wir straffen die Produktionsstrukturen, stärken den Vertrieb und schaffen eine Win-Win-Situation für alle Partner und Kunden“, stellte der Agravis-Chef den Benefit angesichts von Überkapazitäten im Markt dar.
„Wir können klassisch, wir können stationär und wir können auch digitalen Handel“, sagte Köckler. „Mit der Inbetriebnahme des Distributionszentrums in Nottuln haben wir ein Ausrufezeichen gesetzt. Wir befähigen uns immer besser zu digitalen Geschäftsmodellen im genossenschaftlichen Großhandel, im Verbundgeschäft mit der Landwirtschaft und zum Endverbraucher“, beschrieb er den Stellenwert der bisher größten Einzelinvestition der Agravis.
Triebfeder ökonomischer Fortschritt
Eine zukunftsorientierte, innovativ-nachhaltige Landwirtschaft müsse ökonomisch, ökologisch und sozial zugleich sein, um nachhaltig zu bleiben, betonte der Agravis-CEO. „Ökonomischer Fortschritt muss dabei die Triebfeder für nachhaltige Entwicklung sein“, so seine klare Position. Das bedeute: Nachhaltige Produkte und Dienstleistungen müssten sich dem Markt stellen. Denn am Ende müssten die Verbraucherinnen und Verbraucher bereit sein, dafür zu bezahlen. „Diese Ehrlichkeit ist Gradmesser für unser Handeln.“
Zusammenfassend erklärte der Agravis-Vorstandschef: „Wir sind überzeugt von der Zukunftsfähigkeit, der Innovationskraft und Systemrelevanz des Agribusiness hierzulande. Und das auf Grundlage von Wirtschaftlichkeit, Wesentlichkeit und Machbarkeit.“ Hier sei man auf der Basis schlanker Prozesse nach innen und praktikabler Lösungsansätze für die innovativ-nachhaltige Landwirtschaft auf einem guten Weg. Köckler wörtlich: „Unser Glas ist halbvoll.“
Die Agravis Raiffeisen AG ist mit einem Umsatz von circa 8,5 Mrd. € eines der größten norddeutschen Unternehmen im Landhandel (Vorjahr: 8,8 Mrd. € Umsatz). Das Ergebnis vor Steuern betrug 2024 rund 60 Mio. € (Vorjahr: 64,5 Mio. € Gewinn). Das Eigenkapital stieg 2024 um 28,7 Mio. € auf 692,1 Mio. € (Vorjahr: 663,4 Mio. €).
Vor diesem Hintergrund hat die Hauptversammlung am Dienstag die Auszahlung einer Dividende von 1,54 € je Aktie beschlossen. Bezogen auf den rechnerischen Wert der Aktie von 25,60 € entspricht das genau wie im Vorjahr einer Dividendenrendite von 6 %.
Zur weiteren Stärkung des Eigenkapitals hat die Hauptversammlung den Vorstand ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates in den kommenden fünf Jahren Genussrechte in einem Gesamtvolumen von bis zu 150 Mio. € auszugeben. Die Laufzeit kann bis zu zehn Jahren betragen.