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Ärger um die Erntegut-Bescheinigung: Landwirte boykottieren STV

Kurz vor der neuen Ernte herrscht in Sachen Erntegut-Bescheinigung Ratlosigkeit. Klar ist nur: Die Plattform der Saatgut-Treuhand stößt auf breite Ablehnung, wie unsere Umfrage zeigt.

Lesezeit: 6 Minuten

Auch 2025 sorgt die Pflicht zur Erntegut-Bescheinigung der Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) für Streit zwischen Landwirten, Handel und STV. Gemäß Erntegut-Urteil müssen Händler seit 2024 nachweisen, dass Landwirte die abgelieferte Ernte unter Einhaltung des Sortenschutzes produziert haben, z.B. dadurch, dass sie Z-Saatgut verwenden und/oder Nachbaugebühren bezahlt haben.

Wie man diesen Nachweis führen kann, hatte 2024 zu handfesten Meinungsverschiedenheiten zwischen Landwirten, Pflanzenzüchtern, Agrarhandel, Bauernverband und IG Nachbau geführt. Die STV bewirbt ihre eigene Plattform als einfache Lösung zur Zertifizierung. Doch die Akzeptanz ist gering, wie die top agrar-Umfrage zeigt. Landwirte und Landhandel haben andere Vorstellungen:

Lediglich 8 % der Umfrageteilnehmer wollen die Plattform der STV nutzen. Für Dreiviertel der Befragten steht schon fest, dass Sie auf keinen Fall Daten direkt an die STV liefern. 17 % sind noch unschlüssig.

Bemerkenswert sind auch die Ergebnisse zu der Frage: Wie die Landwirtinnen und Landwirte stattdessen mit der Erntegut-Bescheinigung umgehen. Fast jeder zweite will "gar nichts unterschreiben". Immerhin ein Drittel wird demnach eine Bescheinigung des Abnehmers/Landhandels unterzeichnen. 3 % nutzen die Mustererklärung der IG Nachbau und 16 % sind noch unsicher.

Neben zahlreichen Stimmen in unserer exklusiven Umfrage teilten auch viele Leserinnen und Leser ihre Gedanken in Form von "Leserstimmen" mit uns. Einen Auszug der Meinungen lesen Sie hier:

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Alle Meinungsbeiträge in diesem Artikel stammen von unseren Leserinnen und Lesern. Sie geben nicht unbedingt die Meinung unserer Redaktion wieder.

Wir behalten uns vor, die Einsendungen gekürzt in diesem und ähnlichen Formaten zu veröffentlichen.

"Einfach alle mit ins Boot nehmen - Handel, Mühle, verarbeitenden Gewerbe und Verbraucher - mit welchem Recht soll nur der Landwirt zur Kasse gebeten werden." (Peter Bandus)

Gutes Saatgut darf auch was kosten

"Kein Autohersteller verlangt von einem Gebrauchtwagenhändler eine Abgabe, wenn er ein Auto verkauft! Die Züchter sollen gutes Saatgut so teuer verkaufen, dass sie davon leben können. Wenn ein Landwirt merkt, dass die Erträge von seinem Nachbau zu niedrig sind, wird er sich schon neues Saatgut kaufen. Dieses ganze Nachbaugebührengesetz gehört abgeschafft. Das wäre ein guter Beitrag zur Entbürokratisierung.

Wenn mit Patenten hergestellte Sorten so gut sind, kann der Preis dafür auch hoch sein. Wenn der Vorteil für den Landwirt da ist, wird er es kaufen. Bei Landmaschinen funktioniert es auch. Außerdem habe ich meine Zweifel an der Rentabilität der STV. Die Züchter sollten Prüfen, ob ohne die STV nicht genau so viel Geld bei ihnen ankommt." (Martin Schulze)

Weniger ist häufig mehr

"Vielleicht sollte die STV mal darüber nachdenken die Preise zu senken. Etwas weniger ist oftmals mehr! Wenn es aber soweit kommt, dass das Getreide quasi zum Sondermüll degradiert, dann ist dieses starre Verhalten an Dekadenz nicht mehr zu überbieten. Vor allem im Angesicht von Millionen hungernder Menschen." (Stefan Lehr)

Gleiches Recht für Alle

"Na hoffentlich gilt das dann auch für die Länder, aus denen wir Getreide importieren. Aber außerhalb von Deutschland gelten ja andere Regeln und Gesetze für die Landwirtschaft." (Dirk Müller, via facebook)

Genau hier braucht es den Bürokratieabbau

"Wir haben genug Zertifikate und Bescheinigungen. Es reicht. Man muss eine unbürokratische Lösung finden. Es ist das Gegenteil von Bürokratieabbau." (Gerd Friesenborg)

"Das Verhalten der STV hat mit Partnerschaft nichts zu tun. Wir reden von Bürokratieabbau und machen wegen dem Saatgut so einen Zirkus. Die STV sollte sich schämen und endlich versuchen marktgerecht zu agieren. Dann wäre der Absatz kein Problem." (Heinrich Reißlein)

Steht jetzt Bürokratiewahn über Lebensmittelproduktion?

"Was soll diese Bürokratie? Landwirte und Landhändler sind keine Dienstleister der STV. Und allein der Gedanken daran, Getreide zu vernichten, bei dem entsprechende Angaben der Landwirte fehlen, ist ein Skandal sondergleichen.

Wir diskutieren darüber, das aus den verschiedensten Gründen verschiedene Flächen nicht mehr der Lebensmittelproduktion zur Verfügung stehen. Sobald aber die bürokratischen Vorstellungen der STV nicht erfüllt sind, reden wir von Vernichtung? Dafür fehlt mir jedwedes Verständnis. Dieser Sachverhalt sollte die STV dringend mit Hunger leidenden Menschen ausdiskutieren." (Georg Nordendorf)

"Wo sind wir hier eigentlich gelandet?!" (Christian Koehne, via Instagram)

"Und das alles unter der Prämisse Verwaltungsvereinfachung! Nur zum wiehern. Es wäre von Anfang an das einfachste gewesen, für jedes Hektar der entsprechenden Kultur eine Flächenabgabe einzuführen und denjenigen, die Saatgut zukaufen, nach Vorlage der Rechnungsbelege eine entsprechende Erstattung zu gewähren." (Reinhard Hecker)

Ein Fall für die Rechtsabteilung?

"Warum fällt der STV das denn jetzt erst wieder ein? Ein Jahr lang ist nichts passiert, um sich um Lösungen zu kümmern. Das hat schon etwas von Erpressung, was der Verein da versucht. Sollte sich mal eine Rechtsabteilung drum kümmern. Und außerdem: wenn schlechtes Saatgut verkauft wird, muss dann auch die Entschädigung mal vernünftig laufen. Es sollte nicht nur die Saat erstattet werden, sondern auch der entgangene Verkaufserlös und sonstige Nebenkosten. Ansonsten bekommt die STV NUR die korrekte Nachbauerklärung und sonst nichts, denn alles andere geht sie nix an." (Bernd Brunhöver)

"Gierige Großkonzerne versuchen den Landwirten Ihr Recht auf ihren eigenen Nachbau zu nehmen . Am erfolgreichsten tut dies die Mafia in Deutschland derzeit bei Raps, Mais und Rüben. Der Bauer soll arbeiten, sie wollen kassieren. Der selbstständige Bauer soll zum "selbstständigen" Paketboten werden. Die Saatgut-Mafia arbeitet weltweit daran. Gentechnisch manipulierte Pflanzen sind ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg dahin." (Reiner Matthes)

"Es wäre durchaus sinnvoll, wenn möglichst viele derer, die einen Nachweis führen müssen, diesen boykottieren, in der Hoffnung, dass dem STV die Luft ausgeht. Die Bescheinigung und das Verhalten des STV ist eine Frechheit." (Menno-Heite tiddo Müntinga, via Instagram)

"Ich denke, die Nachbauerklärung, die ich machen muss, sollte der STV und ggf. auch dem Landhandel reichen. Ich bin nicht bereit, meine Daten dem STV zur Verfügung zu stellen. Ich werde wenn z.B. die Agravis weiter darauf besteht, dieses Jahr dort kein Getreide anliefern. Die Politik hält sich da schön raus." (Dirk Lüke, via facebook)

"Jedes gebeizte Kilo Nachbaugetreide wird ohnehin schon der STV gemeldet. Diese Menge melde ich unter Angabe der Sorte der STV. Die Rechnung darüber zeigt dem Handel die Rechtmäßigkeit des Nachbaus. Mehr ist Datensammelwut, Nachschnüffelei und überflüssige Kontrolle der STV." (Albert Koch)

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