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topplus Durchbeißen oder gehen?

Ausbildungsabbruch: Warum immer mehr Azubis die Reißleine ziehen

Die Wechselquote in der Lehre zum Landwirt steigt. Doch warum entscheiden sich Azubis auch außerhalb der Probezeit für einen anderen Betrieb? Und wie lassen sich Konflikte frühzeitig erkennen?

Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Anfang Dezember vergangenen Jahres zog Antonia ­Sietert die Reißleine. Mit einem Auflösungsvertrag stand sie auf dem Hof ihres Ausbilders. „Ich konnte einfach nicht mehr“, sagt die angehende Landwirtin im zweiten Ausbildungsjahr. Immer wieder sprach sie in der Probezeit die mangelnde Kommunikation im Alltag, die zahlreichen Überstunden und das aus ihrer Sicht schlechte Betriebsklima an. „Ich wollte mich durchbeißen, doch irgendwann streikte sonntags mein Körper regelrecht beim Gedanken an die Arbeit am Montag“, erzählt die Landwirtstochter. In Absprache mit einem Ausbildungsberater der Landwirtschaftskammer beendete sie die Zeit auf diesem Betrieb im gegenseitigen Einvernehmen mit ihrem damaligen Ausbilder.

Mehr Wechsel als früher

Dass landwirtschaftliche Azubis während des Ausbildungsjahres wechseln, kommt häufiger vor als noch vor Jahren. In den Kreisen Steinfurt und Warendorf sowie der Stadt Münster haben zum Beispiel im laufenden Ausbildungsjahr schon 40 von 250 Azubis gewechselt. Das berichtet die dort zuständige Ausbildungsberaterin, Eva Niederdalhoff. Eine ähnliche Quote in Südwestfalen, dem „Revier“ von Ausbildungsberater Burkhard Wulff: 41 Wechsler bei 230 Azubis. In ganz NRW lag 2010 die Wechselquote laut Kammer gerade mal bei 4,5 %.

Auch in der Probezeit

Laut den beiden erfahrenen Ausbildungsberatern nimmt dabei auch die Zahl derer zu, die außerhalb der maximal viermonatigen Probezeit den Betrieb wechseln. Während in der Probezeit eine der beiden Seiten ohne Angabe von Gründen die Ausbildung beenden kann, ist der Aufwand außerhalb der Probezeit größer. „Eine einseitige Kündigung ist dann nur möglich, wenn es zu einem schwerwiegenden Grund wie zum Beispiel Gewalt, Missbrauch oder Diebstahl kommt“, ­erklärt Burkhard Wulff. Im gegenseitigen Einvernehmen kann die Ausbildung aber auch außerhalb der Probezeit durch einen Auf­hebungsvertrag beendet werden. „Wenn eine Seite gar nicht mehr will, dann muss man das Ausbildungsverhältnis auflösen. Sonst habe ich die ganze Zeit einen Gegner auf dem Hof. Oder die Zahl der Krankheitstage steigt rapide an.“

Um eine Einigung zu finden, hilft es, die Ausbildungsberater einzuschalten. Zusätzlich sollten die Eltern als Rückendeckung helfen.

Wenn eine Seite gar nicht mehr will, dann muss man es auflösen. Sonst habe ich die ganze Zeit einen Gegner auf dem Hof.
Burkhard Wulff, Ausbildungsberater

Reden, reden, reden

Wichtig ist aber, im Vorfeld die Probleme zu benennen und das Gespräch zu suchen. „Manche Ausbilder fallen aus allen Wolken, weil sie immer das Gefühl hatten, es klappt doch alles“, erzählt Eva Niederdalhoff. Probleme müssen offen angesprochen werden, bevor sich Unzufriedenheiten verfestigen. Wulff kann daher nur raten: „Reden, reden, reden.“ Sonst spitzt sich ein Pro­blem zu und irgendwann ist ein Kipppunkt erreicht.

Doch warum kommt es auch außerhalb der Probezeit vermehrt zur Kündigung? „Früher hätte man ein Jahr beim Teufel ausgehalten“, sagt Wulff, ohne sich diese Zeit zurückzuwünschen. Heute sind Eltern und Auszubildende besser informiert und sensibilisierter, wenn es um Arbeitsrechte und -zeiten geht.

Verschiedene Gründe

Aber manchmal schmeißt auch der Ausbilder den Anker. „Ein Azubi hatte im dritten Lehrjahr immer noch keinen Treckerführerschein. Der Ausbilder hat ihn immer wieder aufgefordert, diesen zu machen. Als er den Führerschein selbst nach der Probezeit noch nicht hatte, musste man sich trennen“, berichtet Niederdalhoff.

Ein ähnlicher Knackpunkt kann sein, wenn das Berichtsheft in den ersten Jahren nur mit großen Lücken geführt wurde. Auch hier kann mancher Ausbilder die Notbremse ziehen.

Auf Azubi-Seite können falsche Vorstellungen vom Betrieb und den Tierarten zu Frust führen. Die reine Stallarbeit auf großen Sauenbetrieben hat laut Wulff schon manchem Ackerfan die Lust an der Lehre verdorben. „Daher mehr als einen Tag zu Probe arbeiten. Mindestens eine Woche, um einfach mal den Takt auf dem Hof mitzubekommen“, empfiehlt Wulff.

Und dann ist ein großer Punkt eine zu hohe Zahl an Überstunden ­ohne den passenden Ausgleich. Meist steht auf solchen Betrieben generell nicht die Ausbildung im Vordergrund. „Dort wird der Azubi als günstige Arbeitskraft gesehen. Dann ist Konfliktpotenzial schon vorprogrammiert“, sind sich die Ausbildungsberater einig.

Flexibel bei der Suche

Und da sind wir auch wieder bei Antonia Sietert: Nachdem sie die Ausbildung auf dem Betrieb Anfang Dezember aufgelöst hatte, packte sie sieben Wochen zu Hause mit an. In dieser Zeit schaute sie sich verschiedene Betriebe an. In der näheren Umgebung ihres elterlichen Hofes fand sie aber nichts. „Einen passenden Betrieb für die Wechsler zu finden, kann schwierig werden. Sie müssen räumlich flexibel sein. Meist findet sich nichts 20 km um den Wohnort“, sagt Wulff.

So auch Sietert. Seit Anfang Fe­bruar ist sie aber wieder in der Ausbildung. Der Betrieb liegt über 50 km von zu ­Hause entfernt. „Hier bin ich zufrieden“, so die junge Frau. Wie geplant, konnte sie an der Zwischenprüfung teilnehmen. Rückblickend kann sie nur sagen: „Wenn der Körper nein sagt, dann muss man auch außerhalb der Probezeit ­kündigen.“

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