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Biogas: Jetzt in die Flexibilisierung investieren?

Das Biomassepaket knüpft die weitere Förderung von Biogas an eine starke Flexibilisierung der Anlagen. Welche Investitionen fallen für die Betreiber an und wie gut rechnen sie sich?

Lesezeit: 10 Minuten

Unsere Autoren: Norbert Bleisteiner & Marco Hauf, Fachzentrum für Energie und Landtechnik,Triesdorf

Schnell gelesen

  • Das Biomassepaket verbessert die Konditionen für die Flexibilisierung von Biogasanlagen.

  • An einer 500 kW-Anlage, die vierfach überbaut wird und Wärme verkauft, haben wir kalkuliert, wie sich Investitionen in die Flexibilisierung rechnen.

  • Im Beispielsfall summieren sich die ­Investitionskosten auf 2,5 Mio. €, die ­laufenden Kosten liegen bei 349.000 €.

  • Wirtschaftlich ist die Flexibilisierung nur bei einem hohen Mehrerlös und/oder deutlichen steigenden Wärmeerlösen

Aufhören oder weitermachen? Vor dieser Frage stehen aktuell Tausende von Biogasanlagenbetreibern, deren staatliche Vergütung über das Erneuerbaren Energien-Gesetz (EEG) in den nächsten Jahren ausläuft.

Das Biomassepaket, das noch die alte Bundesregierung verabschiedet hat, verbessert die Bedingungen für einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb von Biogaslangen. Aber es fordert eine konsequente Flexibilisierung der Anlagen.

Das ändert sich

Konkret enthält das Biomassepaket u. a. folgende Änderungen:

  • Die Ausschreibungsmenge wird für 2025 auf 1.300 MW, für 2026 auf 1.126 MW und für 2027 auf 326 MW festgelegt, jeweils zuzüglich eines Teils der nicht bezuschlagten Biomethanausschreibungsmenge.

  • Der Zahlungsanspruch für den Weiterbetrieb von Anlagen verlängert sich von zehn auf zwölf Jahre. Für Neuanlagen gilt er für 20 Jahre.

  • Der Flexibilitätszuschlag steigt auf 100 €/kW. Die bereits durch die Flexibilitätsprämie geförderte Leistung wird weiterhin mit 50 € Flexibilitätszuschlag bezuschusst.

  • Der Zeitraum, in denen Anlagen vorzeitig in die Ausschreibung für eine zweite Förderperiode gehen können, sinkt von acht auf fünf Jahre vor Auslaufen der ersten Förderperiode. Der Umstieg nach Zuschlagserteilung muss innerhalb von 42 Monaten erfolgen, sonst verliert man die bisherige Vergütung.

  • Förderfähig ist nur noch eine festgelegte Anzahl von Betriebsviertelstunden. Für Anlagen bis 350 kW installierter Leistung liegt die Obergrenze bei 16.000, für Anlagen größer als 350 kW bei 11 .680 Viertelstunden pro Jahr. Die förderfähigen Viertelstunden sinken im Verlauf der Förderperiode viermal um je 500 Viertelstunden.

  • Bei einem Börsenstrompreis von 2 ct/kWh oder weniger entfällt die Förderung komplett.

  • Der Maisdeckel sinkt für die Ausschreibungen im Jahr 2025 auf 30 %, ab 2026 auf 25 %.

Die Begrenzung der Einspeisevergütung auf eine festgelegte Anzahl von Viertelstunden pro Jahr macht eine Überbauung der Anlage zwingend notwendig. Bei Anlagen bis 350 kW sollte der Gasspeicher und die BHKW-Leistung mindestens zweieinhalb Mal so groß sein wie bisher, um in der zur Verfügung stehenden Zeit die gleiche Strommenge einzuspeisen wie bisher bei kontinuierlicher Einspeisung. Bei Anlagen über 350 kW ist etwa die vierfache Größe notwendig.

Zuerst Netzzugang klären!

Weil in diesen Zeitfenstern dann viermal soviel Strom eingespeist wird wie bisher, muss auch der Netzzugang entsprechend mitwachsen. Bevor sich ein Betreiber also mit der Flexibilisierung  beschäftigt, muss er zunächst mit seinem Netzbetreiber klären, ob er den erhöhten Netzzugang bekommt. Wenn das nicht möglich ist, wäre das ein K.o.-Kriterium für die Flexibilisierung seiner Anlage.

Allerdings gibt es vielerorts Netzbetreiber, die mit flexiblen Netzzugangsvereinbarungen reagieren. Das kann z.  B. bedeuten, dass der Betreiber der Biogasanlage in Zeiten der PV-Einspeisung  nicht mehr einspeisen darf, dafür aber für die anderen Zeiten den höheren Netzzugang bekommt.

Wenn kein erhöhter Zugang möglich ist, wäre theoretisch eine negative Flexibilisierung denkbar. Dabei speist der Anlagenbetreiber nur mit dem vorhandenen BHKW in den förderfähigen Viertelstunden ein. Die Folge wäre aber, dass er nur noch einen Bruchteil der bisherigen Strommenge erzeugen kann und vergütet bekommt.

2,5 Mio. € Investitionen

Wenn der Betreiber den Netzzugang erhält, kann er mit dem Rechnen beginnen. Für unsere Kalkulation sind wir beispielhaft von einer Bestandsanlage mit 500 kW installierter Leistung, einem Gasspeicher mit 3.000 m3 und einem Wärmeverkauf von 1,1 Mio. kWh pro Jahr ausgegangen.

Für die Flexibilisierung wird diese Anlage mit einem zusätzlichen BHKW  mit 1.500 kW und Gasspeichern mit insgesamt 8.000 m3 überbaut. Weiterhin ist ein Wärmespeicher notwendig, weil die Motoren nur in bestimmten Zeitfenstern laufen und somit Wärme für das Heizen des Fermenters und für den Wärmeverkauf gespeichert werden muss.

Einschließlich der Ertüchtigung der bestehenden Anlage, des Trafos und Netzanschlusses sowie der BImSch-Genehmigung sind vor dem Start der Flexibilisierung Investitionen von rund 2,5 Mio. € notwendig. Hinzu kommen nach sechs Jahren 300.000 € für Ersatzinvestitionen (Übersicht 1).

349.000 € laufende Kosten

Bei den laufenden Kosten fallen vor allem der BHKW-Vollwartungsvertrag, der Lohnansatz, die Maschinenkosten für die Beschickung der Anlage mit Substraten sowie die Versicherung und der Unterhalt ins Gewicht (Übersicht 2). Beim Lohnansatz wurde von rund 1.500 Stunden à 40 €/Akh ausgegangen, bei den Maschinenkosten von knapp 450 Stunden mit einem Telelader à 65 €/h. In der Summe ergeben sich so für das Jahr 2025 Kosten von rund 349.000 €.

Zu berücksichtigen ist, dass diese Kosten inflationsbedingt von Jahr zu Jahr steigen. Dabei wurde eine Inflationsrate von 2 % unterstellt. Demzufolge liegen die laufenden Kosten im Jahr 2037, also im letzten Jahr der Einspeisevergütung, bereits bei rund 443.000 €.

Substrate größter Block

Der größte Kostenblock bei der Biogaserzeugung sind jedoch die Substrate. Die Kosten dafür steigen ebenfalls inflationsbedingt von Jahr zu Jahr um 2 % an. Unterstellt wurde, dass bereits die Bestandsanlage keine Maismonovergärung betrieben hat, sondern Maissilage, Grassilage und GPS etwa zu gleichen Teilen vergärt wurden. Hinzu kommen Puten-, Pferde- und Rindermist sowie Rindergülle.

In der Summe kosten die Substrate im ersten Jahr der Einspeisung rund 540.000 €, im letzten Jahr 671.000 €. Die Gesamtausgaben ohne die Investitionskosten steigen damit in den zwölf Jahren des Weiterbetriebs von 896.000 € auf 1,1 Mio. € pro Jahr an.

Mit welchen Einnahmen kann man rechnen?

Welche Einnahmen stehen dem nun gegenüber? Der wichtigste Posten dabei  ist der Gebotszuschlag, also die garantierte Vergütung für die Stromeinspeisung in den förderfähigen Viertelstunden. Weil im Rahmen des Biomassepakets die ausgeschriebene Menge erhöht wurde und ein Teil der Betriebe aus der Biogaserzeugung aussteigen wird, dürfte der Konkurrenzkampf nicht mehr so stark sein wie bisher.

Für die Kalkulation sind wir davon ausgegangen, dass der Betrieb 19 ct/kWh, also etwas weniger als der Maximalwert von 19,83 ct/kWh für Bestandsanlagen, geboten und dafür den Zuschlag erhalten hat.

Jeder Biogasbetrieb, der flexibilisiert, wird versuchen, seine BHKW´s in den meisten der förderfähigen Viertelstunden unter Volllast laufen zu lassen. Zu 100 % wird das aber nie gelingen. Die Motoren haben Anlauf- und Stopp-zeiten, bei einzelnen BHKW´s kann es Startprobleme geben oder sie fallen ganz aus. Deshalb muss man bei der Kalkulation der Vergütung Abschläge gegenüber der theoretisch möglichen Einspeisemenge vornehmen.

Mehrerlös ist wichtig

Ein wichtiger Hebel für die Wirtschaftlichkeit ist der Mehrerlös, den man durch gezieltes Einspeisen in Hochpreisphasen generieren kann. Die Einspeisevergütung gleicht jeweils die Differenz zwischen dem Gebotspreis und dem durchschnittlichen Börsenpreis eines Jahres aus, der 2024 bei 7,9 ct/kWh lag. Wenn ich durch flexibles Fahren meiner Anlage durchschnittlich mehr erlöse als den Jahresmarktwert, erziele ich zusätzliche Stromerlöse.

Dass dies machbar ist, zeigen die extrem schwankenden Börsenpreise. Im Jahr 2024 waren sie an 457 Stunden negativ, an 4.323 Stunden lagen sie aber über 8 ct/kWh und somit über dem Jahresmarktwert (Übersicht 3). 

In unserer Kalkulation haben wir für den gesamten Einspeisezeitraum einen Mehrerlös von 2 ct/kWh eingespeistem Strom kalkuliert, was dem Betreiber pro Jahr zusätzliche Einnahmen von knapp 88.000 € bringen würde.

Wärmeerlöse müssen steigen

Wer in die Flexibilisierung investiert, muss künftig einen erheblichen Teil seiner Wertschöpfung aus dem Wärmeverkauf generieren. Bei der Kalkulation sind wir davon ausgegangen, dass die verkaufte Wärmemenge aus dem vorhandenen Wärmenetz konstant bleibt, aber der Preis auf 8 ct/kWh steigt. Dabei zählt nur noch die Wärmemenge, die der Endkunde verbraucht. Den bisherigen KWK-Bonus gibt es künftig nicht mehr. Bei der Kalkulation von Investitionen in die Flexibilisierung sollte man deshalb prüfen, welche Wärmemenge tatsächlich verkaufsfähig und welcher Preis dafür durchsetzbar ist.

Das Problem: Betreiber von Biogasanlagen, die schon in den Jahren 2006 bis 2008 Wärmenetze gebaut haben, haben  sich häufig wenig Gedanken über die Wärmeverträge gemacht. Wegen des KWK-Bonus haben sie oft sehr geringe Preise verlangt, die manchmal nur bei 2 bis 3 ct/kWh lagen. Indizes und Preisgleitklauseln fehlten.

KWK-Bonus fällt weg

Die Herausforderung liegt darin, den Abnehmern der Wärme klarzumachen, dass wegen des Wegfalls des KWK-Bonus jetzt  höhere Preise und Verträge mit Preisanpassungen notwendig sind. Entsprechende Endkundenverträge fordern übrigens auch die Banken bei der Vorlage von Businessplänen.

Der kalkulierte Preis von 8 ct/kWh mit einer jährlichen Inflationsanpassung von 2 % ist für die Abnehmer immer noch günstig. So bewegen sich die Vollkosten für ein Nahwärmenetz für rund 200 Häuser auf Basis von Hackschnitzeln  zwischen 14 und 17 ct/kWh. Beim Heizöl liegen allein die Brennstoffkosten bei 10 ct/kWh.

100 €/kW Flexzuschlag

Eine feste Größe ist der Flexzuschlag, der vom Gesetzgeber als Zuschuss für die Überbauung gedacht ist. Dieser richtet sich nach der installierten Leistung, die in unserem Beispiel 2.000 kW beträgt. Diese Anlage bekommt für die komplette Leistung den Flexzuschlag von 100 €/kW und Jahr, weil bisher noch nicht flexibilisiert wurde. Biogasanlagen, die schon vorher die Flexprämie erhalten haben, bekommen für diesen Leistungsanteil noch 50 €/kW.

Noch nicht wirtschaftlich

In der Summe betragen die Einnahmen in der vorliegenden Kalkulation im ersten Jahr der Einspeisung 1,209 Mio. €, am Ende der Förderperiode im Jahr 2037 sind es 1,231 Mio. €.

Stellt man die Einnahmen den laufenden Ausgaben, den Substratkosten und den Gesamtinvestitionen von rund 2,8 Mio. € gegenüber, so errechnet sich über die Laufzeit von zwölf Jahren eine durchschnittliche interne Kapitalverzinsung von minus 1,8 % pro Jahr (Übersicht 4). Das heißt: Unter diesen Bedingungen – 19 ct Gebotspreis, 2 ct/kWh Mehrerlös, 8 ct /kWh Wärmeerlös und 100 €/kW Flexzuschlag – rechnet sich die Flexibilierung nicht.

Doch an welchen Schrauben können die Betreiber noch drehen, um das Ergebnis zu verbessern?

Mehrwert erhöhen

Ein Hebel ist der Mehrerlös gegenüber dem Börsenmarktwert. Gelingt es, diesen bei sonst gleichen Bedingungen auf 4 ct/kWh zu erhöhen, ergibt sich bereits  eine positive Kapitalverzinsung von 4,7 % (Übersicht 5). Eine ähnliche Verbesserung ergibt sich bei einer Steigerung der verkauften Wärmemenge von 1,1 auf 2,1 Mio. kWh ebenfalls unter sonst gleichen Bedingungen.

Nicht wirtschaftlich hingegen ist die bereits erwähnte negative Flexibilisierung, bei der die Bestandsanlage in ihrer Größe nicht verändert wird, diese aber künftig nur noch 2.545 bis 2.920 Stunden im Jahr Strom einspeist. Hier errechnet sich eine interne Kapitalverzinsung von - 9,1 %. Der Knackpunkt dabei ist, dass ein teurer Wärmepufferspeicher notwendig ist.

Nicht gerechnet wurde, inwieweit sich die Flexibilisierung einer Biogasanlage mit einem Batteriespeicher lohnen würde. Denn bisher ist rechtlich nicht geklärt, ob die flexible Einspeisung damit förderfähig ist.

Flexibilisierung kein Selbstläufer

Daraus wird deutlich, dass es mit den Vorgaben des Biomassepakets Möglichkeiten gibt, Biogasanlagen wirtschaftlich weiter zu betreiben. Allerdings müssen dafür viele Faktoren zusammenkommen: ein hoher Zuschlagspreis, ein deutlicher Mehrerlös und ein guter Wärmepreis. Euphorie ist nicht angesagt, eher sorgfältiges Kalkulieren.

Lohnt sich ein Satelliten-BHKW

Wenn ich zu meiner Biogasanlage ein Satelliten-BHKW errichte, das räumlich von der Gasproduktionseinheit getrennt ist, gilt es als Neuanlage. Dann erhält der Betreiber 20 Jahre lang die Einspeisevergütung und den Flexzuschlag. Trotzdem ist die Investition in einen Satelliten nur dann sinnvoll, wenn der neue Standort ein sinnvolles Wärmekonzept mit vielen Abnehmern und geringen Wärmeverlusten ermöglicht.

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