Eine neue Untersuchung im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMLEH) bestätigt den Mangel qualifizierter Fachkräfte in landwirtschaftsnahen Berufen.
Die Autoren Prof. Jens-Peter Loy (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) und Franziska Mittag (Universität Hohenheim) stützen sich dabei auf aktuelle Daten der Bundesagentur für Arbeit und ziehen ein klares Fazit: In den Berufen rund um Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwirtschaft sind die Engpässe weiterhin deutlich. Die Stellen bleiben verglichen mit anderen Branchen länger unbesetzt und der Ersatzbedarf wächst.
Die Untersuchung basiert auf Daten der Bundesagentur für Arbeit und wertet u. a. die Zahl offener Stellen, die Zahl der Arbeitslosen, die Dauer bis zur Stellenbesetzung sowie weitere Merkmale aus.
Viele Stellen bleiben unbesetzt
Die Agrarbranche weist eine vergleichsweise geringe absolute Fachkräftelücke von 7.618 nicht zu besetzender Stellen auf, so der Bericht. Die Fachkräftelücke über alle für die grünen Berufe relevanten Sektoren entspricht mit 116.000 Personen allerdings fast 25 % der gesamten Lücke in Deutschland.
Die sogenannte Stellenüberhangsquote zeigt, wie viele offene Stellen rechnerisch nicht angemessen besetzt werden können. Für die Landwirtschaft lag diese Quote 2023 bei 18 %, in der Forstwirtschaft bei 37 %.
Auffällig ist vor allem die sogenannte Arbeitslosen-Stellen-Relation. Sie zeigt, wie viele Arbeitslose rein rechnerisch auf 100 offene Stellen kommen. Liegt der Wert unter 300, spricht die Bundesagentur für Arbeit von einem kritischen Engpass. In der Landwirtschaft lag der Wert im Jahr 2023 bei 212, bei Tierwirten bei 134, im Gartenbau sogar nur bei 129.
Ein weiterer Indikator ist die durchschnittliche Dauer, bis eine Stelle besetzt wird. Diese sogenannte Vakanzzeit liegt im Durchschnitt aller Berufe bei 147 Tagen. Mehrere agrarnahe Berufe liegen über dem bundesweiten Durchschnitt. Besonders betroffen sind zum Beispiel die Tierwirtschaft, der Gartenbau und Lebensmittelhersteller.
Ursachen: Ausbildung, Demografie und Wettbewerb
Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass der Fachkräftebedarf im Agrarsektor in der öffentlichen Diskussion bislang wenig beachtet wird. Und das obwohl sich die Engpässe anhand der Daten klar zeigen. Grund dafür könnte laut Bericht die im Vergleich geringe absolute Zahl der Beschäftigten in der Branche sein. Der Bericht nennt unter anderem weitere Ursachen:
Demografischer Wandel: Ein großer Teil der Beschäftigten ist älter als 55 Jahre.
Stagnierende Ausbildungszahlen: Die Zahl der Auszubildenden in grünen Berufen stagniert seit Jahren.
Wettbewerb um Fachkräfte: Auch andere Branchen suchen verstärkt gut ausgebildetes Personal – oft mit besseren Arbeitszeiten und Verdienstmöglichkeiten.
Strukturelle Veränderungen: Viele Betriebe sind kleiner oder liegen in ländlichen Regionen, was die Personalgewinnung zusätzlich erschwert.
Was Betriebe und Politik tun können
Aus Sicht der Betriebe setzen viele auf:
Aus- und Fortbildung im eigenen Betrieb
Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung, z. B. durch flexible Arbeitszeitmodelle
Verbesserung der Stellenanzeigen, z. B. durch eine zielgruppenorientierte Ansprache auf Social Media
Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nennen die Autoren unter anderem:
Verbesserung der Berufsorientierung in Schulen
gezielte Zuwanderung von Fachkräften
Digitalisierung zur Effizienzsteigerung