Eine Großbaustelle in der Bauerschaft lockt Neugierige an. Das ist auch in Dülmen im Kreis Coesfeld (NRW) so. Manch einer verlegt seine Ortskontrollfahrt zum Acker vor den Höfen Bertling und Nettebrock in der Bauerschaft Empte. Hier tut sich eine große Grube auf. Auf ihrem Grund liegen zwei röhrenförmige Behälter, teilweise bedeckt mit Vlies. Ein Bagger schaufelt den ausgehobenen Boden zurück in die Grube. Rundherum rangieren Männer mit Treckern und Kippern. Auf einen Blick ist klar: Diese Baustelle ist ein Gemeinschaftswerk.
Sieben benachbarte Familien bauen hier, um in den nächsten Jahrzehnten stets ausreichend Löschwasser für einen möglichen Brandfall zu haben. „Früher konnten wir das Wasser aus dem Karthäuser Mühlenbach nutzen. Darauf ist in regenarmen Zeiten kein Verlass mehr“, sagt Christian Bertling, einer der Bauherren.
300 m bis zu jedem Hof
Jeder der sieben Höfe liegt maximal 300 m von der neuen Löschwasser-Entnahmestelle entfernt. Die zulässige Distanz gibt die nordrhein-westfälische Bauordnung für den Außenbereich vor. Das passende Tanksystem nach der geltenden DIN 14230 machte Hofbesitzer Heinz-Hubert Nettebrock ausfindig. „Wir haben uns für Tanks des Anbieters Hawle Kunststoff aus dem oberbergischen Wiehl entschieden, weil sie aus vorgefertigten Kunststoff-Großrohren bestehen, die vergleichsweise leicht sind und in kleinen Teilen geliefert werden. Diese konnten wir selbst mit unserem Bagger abladen und in die Baugrube einlassen“, erklärt er.
Zudem bietet Hawle die röhrenförmigen Tanks in verschiedenen Durchmessern an. Die Empter Hofbesitzer entschieden sich für Röhren mit 1,50 m Durchmesser. „So kommen wir bei der Baugrube mit einer Tiefe von knapp 3 m hin“, erläutert Heinz-Hubert Nettebrock. Nach oben hin müssen die Tanks zu 1 m mit Erdreich überdeckt werden.
Tanks mit 80 Jahren Lebensdauer
Vor Ort wurden die Bauteile zu zwei Tanks von jeweils knapp 66 m Länge verschweißt und miteinander verbunden. Beide Röhren fassen insgesamt 200 m³ Löschwasser. Die Vorgabe für das Volumen haben die Landwirte den Richtwerten des Deutschen Feuerwehrverbandes für Gebäude mit höherer Brandlast entnommen. Als solche werden landwirtschaftliche Gebäude eingestuft.
Der Empter Landwirt und Sauenhalter Benedikt Schenk sitzt als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr an der Informationsquelle. „Wir haben mit einem Löschwasserbedarf von 2 x 96 m3 kalkuliert, die über zwei Stunden zu entnehmen sind, und noch etwas Puffer draufgerechnet“, berichtet er. Die verbauten Kunststoffe halten nach Angaben des Tankherstellers etwa 80 Jahre. Die ins Erdreich eingelassenen Röhren wurden mit einem zugfesten Vlies (50 kN/m) bedeckt, um die Lastverteilung des aufgebrachten Mutterbodens zu verbessern und die Tanks vor Auftrieb durch Grundwasser zu schützen, falls sie leergepumpt sind.
Die Feuerwehr darf hier jederzeit Wasser holen, auch für Brände außerhalb unserer Nachbarschaft."
Für Brände in ganz Dülmen
Jeder Tank ist mit einem Entlüftungsrohr und einem Einstiegsschacht samt Leiter ausgestattet. Mithilfe einer Tauchpumpe werden die Behälter über einen Zulauf von oben mit Wasser aus dem nahe gelegenen Bach und mit abgepumptem Grundwasser befüllt. Als Entnahmestelle für die Feuerwehr bekommt die Anlage einen Sauganschluss.
Die Zufahrt vor den Tanks wird geschottert. „Künftig sind wir als Betreiber dieser Anlage dazu verpflichtet, die Tanks zu warten und zu füllen. Die Feuerwehr darf hier jederzeit Wasser holen, auch für Brände außerhalb unserer Nachbarschaft“, stellt Landwirt Benedikt Schenk klar. Somit erbringen die Bauherren mit ihrer Investition in Höhe von rund 100.000 € auch einen wichtigen Dienst für die Allgemeinheit.
Nachbarschaft neu gedacht
Das Löschwasser-Projekt ist nicht die einzige Gemeinschaftsaktion der sieben Empter Höfe. Auch bei der Versorgung mit Glasfaserkabeln und bei der Druckentwässerung kooperieren sie. Ihr größtes Projekt ist der Bau von zwei Windkraftanlagen. Den Spatenstich feierte die „Energiegemeinschaft Empte“kürzlich.
„Früher waren wir alle Vollerwerbsbetriebe und haben die Landmaschinen miteinander geteilt. Inzwischen haben vier Familien ihre landwirtschaftlichen Betriebe verpachtet. Dennoch ist es uns gelungen, Nachbarschaftshilfe neu zu denken“, freut sich Christian Bertling, der beruflich als Energie-Projektmanager im Einsatz ist.
Über die gemeinsamen Projekte sind sich vor allem die jüngeren Generationen von den Höfen nähergekommen. In den heißen Bauphasen werden auch mal die Kinder gemeinsam betreut. Das Catering für die Bauhelfer übernehmen die Nachbarn wechselweise, sodass es gut zu stemmen ist. Christian Bertling sagt: „Unsere Eltern haben uns vorgelebt, wie gute Nachbarschaft praktisch funktioniert. Wir führen das auf unsere Weise mit neuen Ideen weiter.“