Die Mähdrescher fahren in dieser Woche in weiten Teilen Deutschlands in die Wintergerste. Die deutschen Pflanzenzüchter (BDP) und die Saatgut-Treuhand (STV) verlangen für abgelieferten Partien eine Erntegutbescheinigung. Diese Vorgabe hatte schon im vergangenen Jahr für Streit zwischen Züchtern, Handel und landwirtschaftlichem Berufsstand gesorgt. Auch ein Jahr später sieht es nicht so aus, als ob man in der Sache bald zusammenfindet.
Wie der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, beim Ernteauftakt des Verbandes am Montag im brandenburgischen Groß Machnow einräumte, ist eine einvernehmliche Lösung weiter nicht in Sicht. Es habe zwar nach dem Bauerntag ein Treffen zwischen BDP, dem Deutschen Raiffeisenverband, dem Verband der Agrarhändler und dem DBV gegeben. Substanziell sei man bei dem Termin in der Vorwoche aber nicht vorangekommen.
Wie geht es nun weiter?
Rukwied: „Die meisten Händler und auch Genossenschaften versuchen jetzt über eine eigene Bestätigung, die der Landwirt ihnen gegenüber abgibt, die Erntegutbescheinigung nicht einzufordern. Und wir schauen, ob wir im Herbst eine Lösung finden. Wir haben besprochen, dass wir uns, nachdem auch die STV ihre Erfahrungen hat mit der diesjährigen Ernte und mit den Bescheinigungen, dass wir uns dann erneut zusammensetzen, um eine Lösung zu finden.“
Rukwied zeigt sich in dem Zusammenhang verärgert darüber, „dass man Druck aufbaut gegenüber den ehrlichen Z-Saatgutverwendern, denen, die Nachbaugebühr bezahlen“. Der DBV-Präsident will den Widerstand der Erzeuger auch nicht als Statement gegen Lizenz- und Nachbaugebühren verstanden wissen – im Gegenteil: Die seien absolut notwendig zum Erhalt der mittelständischen deutschen Züchterlandschaft. Ihm zufolge sollte es in der Debatte aber darum gehen, wie man die wenigen nicht solidarischen „Schwarze Schafe“ dazu bringen kann, die Gebühren zu bezahlen, ohne den weitaus größten ehrlichen Teil der Landwirte quasi in Mitverantwortung zu nehmen.
Betriebsdaten weitergeben: „Ich mache das schlichtweg nicht!“
Für Rukwied ist es auch ein „No Go“, die eigenen Betriebsdaten an Dritte weiterzugeben. Die werden unter anderem in Form von Flächenregistern als Belegt für die gemeldeten Saatgutflächen gefordert. Der DBV-Präsident: „Ich mache das schlichtweg nicht!“ Er hätte jedoch nichts gegen Stichprobenkontrollen. Damit muss sich der Landwirt in der Erntegutmeldung aber ohnehin einverstanden erklären, wenn er keine Dokumente an die STV weiterleiten will. Rukwied stellt klar: „Wir verwenden ausschließlich Z-Saatgut. Das hat mein Vater schon so gemacht.“ Aber einem Privatunternehmen seine Flächendaten zu geben – dazu sei er nicht bereit, betont Rukwied.
Lilian Guzmàn-Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft Groß Machnow, ist ebenfalls nicht begeistert von der Forderung der Züchter nach einer detaillierten Erntegutbescheinigung. Sie gibt zu bedenken, dass der Landwirtschaft mit dem Erntegutsystem schon wieder ein Mehr an Bürokratie auferlegt wird. Dabei würden die Bauern schon heute zu viel Zeit im Büro verbringen. Und „jetzt kommt der nächste Schritt dazu, wo wir gerade dabei sind, Bürokratie abzubauen“.
Wendorff: Erntegutpflicht treibt einen Keil in die Branche
Der Landesbauernpräsident von Brandenburg, Henrik Wendorff, ist sauer. Er kann nicht nachvollziehen, jetzt in die Beweispflicht gedrängt zu werden, nachdem er „über Jahrzehnte hinweg“ seine Lizenzgebühren bezahlt hat. „Nun einen ganzen Berufsstand unter Generalverdacht zu stellen, das ist nicht gut und das treibt doch einen Keil zwischen Züchtung, Handel und Landwirt“, sagt Wendorff.
Nach seiner Überzeugung haben es die ehrlichen Landwirte nicht verdient, sich mit Berichts- und Nachweispflichten „bis auf den letzten Schlag überprüfbar“ zu machen und mit einer neuen bürokratischen Regel überflutet zu werden. „Das hätte man anders lösen können, wenn man den Willen dazu hat“, moniert der LBV-Präsident. Diesen Willen zu einer guten Lösung könne er derzeit aber nicht erkennen. Wendorff fordert die Züchter auf, Mittel und Wege zu einer Vereinfachung des Meldesystems zu suchen.