Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
"Mitarbeiter für landwirtschaftlichen Betrieb gesucht“: Stellenangebote gibt es viele. Doch nützt das attraktiveste Jobangebot nichts, wenn der Mitarbeiter kein bezahlbares Dach überm Kopf hat, das obendrein in der Nähe des Betriebes ist. Die Aussicht auf eine lange, kostspielige Suche nach Wohnraum schreckt viele Kandidaten von der Bewerbung ab.
Den Spieß umdrehen
Im Umkehrschluss können Landwirte potenziellen Mitarbeitern eine Lösung anbieten.
Der Vorschlag heißt Werkswohnung: Der Arbeitgeber vermietet diese spezielle Wohnung ausschließlich an eigene Mitarbeiter.
Die Vorteile: Mit der Werkswohnung punkten Sie gegenüber Konkurrenten, ermuntern eine größere Anzahl von Interessenten zur Bewerbung, können eher den passenden Mitarbeiter gewinnen und ihn dauerhaft an den Betrieb binden.
Kriterien für Werkswohnungen: Steuerrechtlich sind Wohnungen in sich geschlossene Einheiten, mit Bad oder Toilette und Küche oder Kochgelegenheit. Ein Ein-Zimmer-Appartement gilt bereits als Wohnung, ebenso auch große Wohnungen, die eine Familie beherbergen.
Werkswohnung nur mit Arbeitsvertrag
Eine Wohnung wird rechtlich zur Werkswohnung, wenn das Arbeitsverhältnis der Anlass zum Abschluss des Mietvertrages ist.
Arbeitsvertrag und Mietvertrag sind rechtlich eigenständige Verträge, allerdings aneinandergekoppelt. Diese Koppelung führt nicht dazu, dass die Beendigung eines Vertrages das Ende des anderen bedingt.
Beide Verträge müssen unabhängig voneinander gekündigt werden.
Ist die Vermietung von Wohnraum an ein Arbeitsverhältnis gebunden, hat der Vermieter ein Sonderkündigungsrecht.
Das Sonderkündigungsrecht endet zehn Jahre nach Mietbeginn.
Danach besteht nur die Möglichkeit einer Kündigung nach allgemeinen Vorschriften des Mietrechts.
Kein Betroffener muss also Sorgen haben, nach jahrzehntelanger Tätigkeit im Ruhestand aus der Wohnung geworfen zu werden.
Werkswohnung und Steuer
Wer Wohnraum bietet, sollte die Steuer im Blick behalten.
Geldwerter Vorteil für Mieter: Steuerlich entsteht ein geldwerter Vorteil beim Mieter, wenn eine Wohnung vergünstigt zur Verfügung gestellt wird. Inwieweit auf den Mietvorteil Steuern anfallen, hängt von der Wohnung und dem Vertrag ab. Grundlage bildet § 8 Absatz 2 Satz 12 EStG. Danach erfolgt unter folgenden Voraussetzungen keine Besteuerung des geldwerten Vorteils: Der Mitarbeiter zahlt mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Vergleichsmiete inklusive Nebenkosten. Die Miete pro Quadratmeter ohne Nebenkosten beträgt maximal 25€, womit allenfalls Luxuswohnungen betroffen sind.
Aktueller Mietspiegel muss vorliegen: Um diese Vorgabe einzuhalten, müssen Vermieter regelmäßig einen Vergleich vornehmen und die Miete entsprechend dem Mietspiegel anpassen.
Vermietung an Angehörige: Hierbei reichen 50% des ortsüblichen Vergleichswertes aus, um als Vermieter den vollen Werbungskostenabzug zu sichern. Jedoch muss er dem Finanzamt eine Ertragsprognose vorlegen, nach der sich über die Gesamtdauer der Vermietung ein Totalüberschuss ergibt.
So (be)rechnet sich das
Es folgt eine Beispielrechnung.
Die grundlegende Annahme: Der Erwerb und die Vermietung zur ortsüblichen Vergleichsmiete sind vergleichsweise rentabel wie andere Anlageformen. Es spielt also keine Rolle, ob der Betrieb mit den vorhandenen Mitteln eine Wohnung oder ein Haus erwirbt und vermietet oder andere Investitionen tätigt.
Die Rechnung: Der Mitarbeiter bezieht eine Werkswohnung, wobei die Miete auf den vom Gesetzgeber minimal zulässigen Betrag (66%) festgelegt wird. Ist eine Miete von 1000€ plus 25 € Nebenkosten ortsüblich, entsprechend 15.000 € jährlich, wird die Miete auf 9900€ festgelegt – entspricht den 66%. Die steuerliche Bemessungsgrundlage und der Betriebsgewinn reduzieren sich um 5100€. Das entspricht der Differenz zwischen der am Markt zu erzielenden und mit dem Mitarbeiter vereinbarten Miete. Es entsteht kein geldwerter Vorteil, welcher der Versteuerung unterliegen würde. Vergleichbares gilt bei Reisekosten. Der Arbeitgeber kann mehr oder weniger erstatten als 28€ je 24 Stunden.
Ob höhere Personalkosten oder geringere Mieteinnahmen das steuerpflichtige Einkommen des Vermieters reduzieren, ist nicht relevant.
Hinweis für Mitarbeiter: Für ihn sind Mietausgaben steuerlich nicht berücksichtigbar, soweit keine doppelte Haushaltsführung vorliegt. Der Vorteil gegenüber der ortsüblichen Miete ist steuerfrei. Würde stattdessen die Differenz als Einkommen ausgezahlt, unterläge dies der Versteuerung.
Für Unterkünfte 278 € ansetzen
Zimmer für Aushilfen oder Auszubildende, die Bad und Küche mit anderen gemeinsam nutzen, fallen unter die Kategorie der Unterkunft. Eine Unterkunft ist mit dem entsprechenden Sachbezugswert anzusetzen, der jährlich angepasst wird. Stellt der landwirtschaftliche Betrieb ein möbliertes Zimmer zur Verfügung, wird der Sachbezugswert von 278€ im Monat steuer- und sozialabgabenpflichtig. Für Jugendliche und Auszubildende setzt der Fiskus monatlich 236,30€ an.
Bei einer verbilligten Überlassung ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Sachbezugswert und dem vom Mitarbeiter gezahlten Betrag steuerpflichtig. Kann der Arbeitgeber belegen, dass ein niedrigerer Wert ortsüblich ist, kann dieser angesetzt werden.
Das Finanzamt berücksichtigt die tatsächliche Miethöhe nicht, ebenso die Nebenkosten, die hier inbegriffen sind. Die tatsächlichen Kosten mindern das steuerliche Ergebnis des Betriebs.
Arbeits- und Mietvertrag sind eigenständige Verträge, die voneinander abhängig sind. Trotzdem müssen beide separat gekündigt werden.
Vorteil: Beiträge einsparen
Hinweis für Vermieter: Für sie ergibt sich ein anderer großer Vorteil.
Sozialversicherungsbeiträge entfallen: Hieraus ergeben sich die größten Auswirkungen auf die eingesparten Beträge. Die Abgaben an die Sozialversicherung betragen jeweils rund 20 % für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Kosten des Arbeitgebers reduzieren sich im Beispiel um 3000 €. Die Belastung des Arbeitnehmers schrumpft um den gleichen Betrag, da sich das steuerpflichtige Einkommen um 15 000 € verringert. Allerdings werden auch geringe Ansprüche erworben. Damit wird die Einbuße von 5100 € aufgrund der niedrigen Miete für den Arbeitgeber größtenteils ausgeglichen.
Fazit: Heute wohnen Mitarbeiter landwirtschaftlicher Betriebe selbstverständlich in eigenen Wohnungen, was sich in Zeiten teuren, knappen Wohnraums zunehmend als schwierig erweist. Betriebe, die Wohnraum stellen, sichern sich diverse Vorteile. Aus dem Entfall der Sozialversicherungsbeiträge ergeben sich allerdings die größten Effekte auf die eingesparten Beträge.