Frage:
Seit Kurzem bestehen Pläne seitens der Stadt, in unserer Gemarkung einen Solarpark zu errichten. Der Solarpark soll auf mehreren meiner Eigentums- bzw. Pachtflächen gebaut werden. Bei einem Flächenverlust von diesem Ausmaß wäre eine vollerwerbsmäßige Bewirtschaftung meines Betriebes nicht mehr möglich. Zudem lehne ich generell den Flächenverbrauch durch PV strikt ab. Müssen ich und andere PV-Gegner im äußersten Falle mit einer Flächenenteignung rechnen? Wie kann ich generell gegen den Park vorgehen?
Antwort:
Hier muss man zunächst zwischen privilegierten und nicht privilegierten Vorhaben unterscheiden:
Privilegiert: Solarfreiflächenanlagen sind im Außenbereich privilegiert, wenn sie auf einer Fläche längs von Autobahnen oder Schienenwegen mit mindestens zwei Hauptgleisen und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 m, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn entstehen sollen (§ 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB). Für diese Anlagen ist der Erlass eines Bebauungsplans nicht erforderlich. Jeder Eigentümer oder Nutzungsberechtigte, der mit einem Eigentümer einen Vertrag abgeschlossen hat, kann eine Baugenehmigung beantragen.
Nicht privilegiert: Sollen die Solarfreiflächenanlagen auf anderen nicht privilegierten Flächen errichtet werden, muss die Gemeinde vorher einen Bebauungsplan aufstellen. Im Rahmen der Angebotsplanung stellt die Behörde von sich aus einen Bebauungsplan auf und der Eigentümer kann die beplante Nutzung anschließend umsetzen. Alternativ kann der Vorhabenträger einen Vorhaben- und Entschließungsplan erarbeiten und einen Durchführungsvertrag mit der Gemeinde abschließen, infolgedessen die Gemeinde einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erlässt. Freiflächensolaranlagen werden insbesondere im Rahmen dieser zweiten Variante umgesetzt, da die Kosten der Planung von dem Vorhabenträger getragen werden.
Einwände gegen Bebauungsplan erheben
Im Rahmen dieses Aufstellungsverfahren haben Sie als betroffener Eigentümer und Pächter die Möglichkeit, zu dem geplanten Vorhaben Stellung zu nehmen und Bedenken zu äußern. Die geltend gemachten Einwände sind bei der Abwägung von der Gemeinde zu berücksichtigen und können dazu führen, dass der Bebauungsplan
verzögert oder
inhaltlich verändert oder
gar nicht erlassen wird.
Diese Beteiligungsmöglichkeiten gibt es
Das BauGB sieht folgende Beteiligungsmöglichkeiten vor:
Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 1. S. 1 Hs. 2 BauGB): Diese Form der Beteiligung erfolgt in der Regel nachdem der Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen hat und verleiht Ihnen das Recht, sich gegenüber einem Gemeindevertreter zu äußern und den Plan zu erörtern.
Förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 2 BauGB): Der Bebauungsplan und weitere Planungsunterlage sind für mindestes 30 Tage auszulegen. Die Auslegung ist zuvor öffentlich bekanntzugeben. Eine solche Bekanntgabe finden Sie in der Regel im Amtsblatt der Gemeinde. Während der Auslegung können Sie Einwände gegen den Bebauungsplan geltend machen. Hier bietet es sich an, einen Anwalt zu Rate zu ziehen. Nicht fristgerechte Einwände muss die Gemeinde nicht berücksichtigen.
Unterschied Flächeneigentümer und Pächter
Generell gilt: Als Pächter haben Sie nur ein zeitlich begrenztes Besitzrecht auf Grundlage des Pachtvertrages. Nach Ablauf des Pachtvertrages kann der Eigentümer sein Grundstück anderweitig, beispielsweise für einen Solarpark, nutzen. Sie haben dann keine große Möglichkeit gegen den Solarpark vorzugehen.
Als Eigentümer steht Ihnen hingegen ein vollumfängliches und absolut wirkendes Nutzungsrecht an der Fläche zu. Sie müssen die Fläche nicht an die Gemeinde oder den Vorhabenträger verkaufen oder verpachten.
Enteignung schwierig
Die Enteignung der Grundstücke, um dort die Nutzung für eine Solarfreiflächenanlagen umzusetzen, ist schwierig. Hier gelten genaue Vorgaben und Voraussetzungen (§ 87 BauGB). So ist die Enteignung nur zulässig, wenn sie für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist und dessen Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Weiterhin muss vorher ein freihändiger Erwerb zu angemessenen Bedingungen versucht werden. Wegen dieser hohen Anforderungen dürfte kein Enteignungsverfahrens stattfinden. Falls doch, können Sie als Eigentümer rechtlich dagegen vorgehen und haben dann gute Chancen.
Unser Experte: Philipp Wernsmann, Rechtsanwalt, Ibbenbüren, NRW
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