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Vor-Ort-Kontrolle, Nachfragen beim Aufbereiter, Mahnungen: Was darf die STV?

Die Saatguttreuhand (STV) zieht für die Züchter die Nachbaugebühren ein. Was sie darf und worauf man achten muss, erklärt Rechtsanwalt Jens Beismann aus Hannover.

Lesezeit: 6 Minuten

Am 30. Juni läuft die Frist für die Nachbauerklärung ab. Sich als Landwirt nicht um die Nachbauerklärung zu kümmern, ist riskant - teils steht hier viel Geld auf dem Spiel. Wichtig ist, die eigenen Rechte zu kennen, damit Sie nicht mehr preisgeben, als unbedingt notwendig, empfiehlt Rechtsanwalt Jens Beismann. Hier seine Antworten einige wichtige Fragen zur Nachbauerklärung:

1. Kann die STV Nachbaugebühren für ihr nicht bekannte Sorten erheben?

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Nein, die STV kann nur dann Nachbaugebühren erheben, wenn ihr konkrete Sorten und Mengen bekannt sind. Rechnungen der STV, die keine Sorte nennen und nur die Fruchtart, z. B. „Winterweizen oder Sommerweizen“ ausweisen, sind rechtlich unwirksam.

2. Darf die STV Vor-Ort-Kontrollen z. B. auf dem Hof machen?

Nein, das darf sie grundsätzlich nicht. Durch die Sortenschutzgesetze hat die STV keine Ermächtigung, um Vor-Ort-Kontrollen durchzuführen. Schon gar nicht darf sie unangekündigt den Hof betreten und Unterlagen fordern, wie z. B. Einsicht in den kompletten Agrarantrag.

Lediglich Vermehrer unterschreiben im Vermehrungsvertrag meist ein Recht auf Vor-Ort-Kontrollen bezüglich der Vermehrungsvorhaben. In neueren Verträgen befindet sich oft auch eine Regelung, die eine Nachbaukontrolle erlaubt, wobei diese nur auf die Vermehrungssorten bezogen ist.

3. Müssen Saatgut-Aufbereiter meine Daten der STV melden?

Auch Aufbereiter von Saatgut sind der STV gegenüber zur Auskunft verpflichtet, wenn Anhaltspunkte zu Aufbereitungshandlungen einer bestimmten Sorte vorliegen. Das kann z. B. dadurch passieren, dass andere Landwirte in ihrer Nachbauerklärung den Aufbereiter angegeben haben. Dieser muss dann alle Kunden nennen, die dieselbe Sorte in dem Wirtschaftsjahr aufbereiten liessen, sofern er deren Daten aufgezeichnet hat. Aufbereiter sind gesetzlich verpflichtet, den Sortennamen aufzuzeichnen. Keine Pflicht zur Aufnahme der Sortennamen besteht bei Saatgut-Mischungen. Es genügt die Aufnahme des Verwendungszweckes. Wichtig ist auch: Prüfen Sie genau, was der Aufbereiter in den Vertrag bzw. Auftrag schreibt. Unterschreiben Sie z. B. keinesfalls, dass Sie die aufbereitete Menge komplett aussäen. Werden Sie nach Ablauf des Wirtschaftsjahres aufgrund einer Aufbereitermeldung von der STV kontaktiert, unterschreiben Sie nicht vorschnell das Formblatt der STV, denn die Nachbaugebühr schulden Sie nur für die tatsächlich zur Aussaat genutzte Menge und nicht für die aufbereitete Menge. Haben Sie die Menge oder eine Teilmenge des aufbereiteten Erntematerials überlagert, schulden Sie die Nachbaugebühr erst in dem Wirtschaftsjahr der Aussaat. Können Sie den von der STV behaupteten Aufbereitungsvorgang nicht zuordnen, so kann es sich um eine Fehlmeldung des Aufbereiters handeln. Ihr Aufbereiter gibt Ihnen über seine Meldung Auskunft und kann bei Fehlern diese korrigieren.

4. Greift bezüglich der Auskünfte des Aufbereiters nicht der Datenschutz?

Der Datenschutz ist immer dann durchbrochen, wenn ein gesetzlicher Auskunftsanspruch besteht. Ob ein konkretes Auskunftsersuchen tatsächlich rechtswirksam ist, lässt sich allerdings häufig ohne anwaltliche Beratung nicht so einfach beurteilen. Erteilt ein Aufbereiter aber Auskunft über sämtliche Aufbereitungsvorgänge, ohne zu prüfen, ob das Auskunftsersuchen in diesem Umfang rechtswirksam ist, läuft er Gefahr, einen Datenschutzverstoß zu begehen, wenn er Daten über einen Landwirt herausgibt. Daher ist eine sorgfältige Prüfung erforderlich.

5. Wie verhalte ich mich richtig, wenn eine Mahnung auf Auskunft eintrifft?

Kommt Post von der STV, sollten Sie die Erledigung nicht auf die lange Bank schieben. Prüfen Sie, ob Sie Ihren möglichen Auskunftspflichten ordnungsgemäß nachgekommen sind. Ist dieses nicht der Fall und haben Sie nichts nachgebaut, können Sie ohne Risiko der STV unter Angabe von Wirtschaftsjahr und STV-Betriebsnummer schreiben, dass Sie keinen Nachbau betrieben haben (Nullauskunft). Wenn Sie allerdings nicht reagieren, wird die STV eine Auskunftsklage erheben, die unnötige Kosten nach sich ziehen kann.

6. Was kosten Verstöße?

Stellt die STV fest, dass Sie gegen das Sortenschutzrecht einer Sorte verstoßen haben, fordert sie in der Regel die Zahlung eines Schadenersatzes und die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung. Darin sollen Sie dem Züchter erklären, dass Sie den Sortenschutz künftig einhalten und sich z. B. auch an die Meldefristen halten.

Klappt das nicht, sollen Sie eine Vertragsstrafe von 6.000 € für jeden zukünftigen Verstoß zahlen. Die Vertragsstrafe von 6.000 € erscheint in vielen Fällen im Verhältnis zum Nachbau relativ hoch. Bevor Sie die Unterlassungserklärung unterzeichnen, können Sie mit der STV auch über die Höhe der Vertragsstrafe verhandeln oder bieten Sie der STV den „Hamburger Brauch“ an. Der beinhaltet keine fest vereinbarte Strafe. Kommt es dann zu einem Verstoß, passt die STV die Strafe zwar nach eigenem Ermessen an. Diese könnten Sie gerichtlich auf Angemessenheit prüfen lassen.

Geben Sie keinerlei oder eine unzureichende Erklärung ab, müssen Sie mit einer Klage rechnen. Ein Praxistipp ist: Wechseln Sie nach Verstößen die Sorte, damit Sie bei der gleichen Sorte nicht noch mal gegen den Sortenschutz verstoßen und so die Vertragsstrafe auslösen. Eine gute Nachricht ist, dass der Europäische Gerichtshof erst kürzlich die pauschale vierfache Lizenzgebühr als Schadensersatz bei wiederholten Sortenschutzverletzungen gekippt hat (Az.: C-522/21). Die Richter entschieden, dass die zugrundeliegende Verordnung der Kommission ungültig ist. Dementsprechend muss sich die STV bei wiederholtem Verstoß gegen die Meldepflichten jetzt mit einer einfachen Lizenzgebühr zufrieden geben – es sei denn, sie weist einen tatsächlich höheren Schaden nach.

7. Was soll ich tun, wenn mein Nachbar mich nach Nachbausaatgut fragt?

Antwort: Nachbau ist nach dem Sortenschutzrecht nur dann zulässig, wenn im eigenen Betrieb erzeugtes Erntegut zur Wiederaussaat im eigenen Betrieb verwendet wird. Eine Abgabe oder gar ein Verkauf an Dritte ist unzulässig und stellt einen Sortenschutzverstoß dar. Daher dürfen Sie z. B. einem Nachbarn kein „Nachbausaatgut“ verschaffen.

Wer z. B. bei ebay Saatgut oder Getreide anbietet, muss sich daher nicht wundern, wenn sich Testkäufer der STV melden. Wenn Sie Getreide privat als Futtergetreide abgeben, dann am besten gequetscht und damit nicht saattauglich. Wer zur typischen Saat- oder Pflanzzeit typische Saatmengen zu einem Preis oberhalb des Konsumpreises ggfs. in gebeizter Form abgibt, läuft Gefahr, dass ihm die Abgabe von nicht anerkanntem Saatgut vorgeworfen wird.

8. Gibt es Sorten ohne Nachbaugebühr?

Antwort: Ja, es gibt Züchter, die keine Nachbaugebühren verlangen. Auch können Landwirte Sorten frei nachbauen, deren Sortenschutz bereits ausgelaufen ist. Der Handel oder die Abgabe als Saatgut an Dritte bleibt aber unzulässig.

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