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Lohnt es sich jetzt bei Mastschweinen in eine höhere Haltungsform zu wechseln?

Die Schweinehaltung in Deutschland steht unter einem enormen Druck. Welches Potenzial bieten höhere Haltungsformen? Und welche anderen Möglichkeiten gibt es?

Lesezeit: 8 Minuten

Die Veredlung kämpft bereits seit Längerem mit fehlendem wirtschaftlichen Erfolg: Corona, ASP und Kostensteigerung durch den Ukrainekrieg. Dazu kommen hohe staatliche Vorgaben und Anforderungen der Verbraucher. Auch die Konkurrenz von billigerem ausländischem Schweinefleisch ist zu beachten, schließlich produzieren deutsche Landwirte zum Teil teurer als ihre Kollegen in den EU-Ländern. Schlechte Preise und hohe Kosten haben einige Betriebe in die roten Zahlen getrieben. Auf vielen Höfen ist die finanzielle Lage angespannt.

Wechsel der Haltungsform

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Viele Mäster überlegen derzeit, ob ihr Betrieb langfristig besser aufgestellt ist, wenn sie in eine höhere Haltungsform wechseln. Folgende Vorgaben müssen Sie in den Haltungsformen einhalten:

  • Bei der Haltungsform (HF) 2, der Stallhaltung Plus, steht den Tieren 10 % mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben zu. Sie müssen ihnen organisches, rohfaserreiches Beschäftigungsmaterial und zusätzlich Raufutter anbieten. Zur Fütterung ist nur QS-zugelassenes bzw. QS-anerkanntes Futtermittel erlaubt.
  • In der HF 3 (Außenklima) sind Sie verpflichtet, 40 % mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben zur Verfügung zu stellen. Zudem sind Außenklimareize Pflicht. Wie in HF 2 bekommen die Tiere organisches, rohfaserreiches Beschäftigungsmaterial und Stroh (als Einstreu oder Raufutter) oder vergleichbares Material. Während der gesamten Mastphase dürfen Sie nur Futtermittel ohne Gentechnik verfüttern.
  • In der Premiumklasse (HF 4) steht den Tieren 100 % mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben zu. Außerdem müssen sie ständigen Zugang zu einem Auslauf oder Freilandhaltung haben. Als organisches, rohfaserreiches Beschäftigungsmaterial dient Stroh oder vergleichbares Substrat. Wie in HF 3 dürfen Sie nur gentechnikfreies Futtermittel verwenden, zudem müssen mind. 20 % davon aus dem eigenen Betrieb bzw. aus der Region kommen.

Beachten Sie, dass die Bundesregierung derzeit an einer neuen staatlichen Haltungskennzeichnung arbeitet. Am 19. April hat der Agrarausschuss des Bundestags mit den Stimmen der Ampel-Parteien das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz beschlossen.

Ohne Umbau geht es nicht

Planen Sie in eine höhere Haltungsform (HF) zu wechseln, kommen Sie in der Regel um einen Umbau oder Neubau des Stalles nicht herum. Bedenken Sie bei der Planung Folgendes:

  • Klären Sie zunächst genehmigungsrechtlichen Fragen.
  • Ist für Ihren Betrieb ein Anbau von Stallfläche bzw. der Anbau eines Auslaufs sinnvoller oder wollen Sie den vorhandenen Stall durch Umbaumaßnahmen anpassen? Bei einem Anbau von Stallfläche können Sie die Anzahl an Mastplätzen halten bzw. ggf. ausbauen. Entscheiden Sie sich für einen Umbau des Stalles, müssen Sie wegen der zusätzlichen Platzvorgaben eine geringere Anzahl an Mastplätzen einkalkulieren.
  • Haben Sie einen Abnehmer? Finden Sie ggf. einen regionalen Abnehmer, der zusätzliche Boni zahlt?

Vor allem die folgenden Kosten­positionen müssen Sie einkalkulieren (siehe Übersicht 1):

  • Investition in mehr Platz: Umbaukosten für einen neuen Stall oder Anbau. Bauen Sie nicht an und entscheiden sich für eine Bestandstabstockung um den Tieren mehr Platz zu bieten, sinkt die Anzahl Ihrer verkauften Schweine,
  • zusätzliche Arbeitskosten,
  • höhere Futterkosten und
  • Kosten für Einstreu.

Zusammengefasst müssen Sie bei einer Umstellung von HF 1 zu 2 mit Mehrkosten von 5,47 € je Mastschwein (MS) rechnen. Entscheiden Sie sich für die HF 3, fallen fast 37 € Mehrkosten je MS im Vergleich zu HF 1 an. Achtung: Bedenken Sie, wenn Sie sich für die Zusammenarbeit mit einem bestimmten Programm entscheiden, kommen ggf. noch weitere Kosten durch ­individuelle Auflagen hinzu. Im Programm „Wertschätze“ der HF 3 sind z. B. die Futterkosten höher, da auch die Ferkelaufzucht GVO-frei gefüttert ­werden muss. Im Label „Bauernliebe“ müssen Sie ebenfalls höhere Futterkosten einkalkulieren, da dort die Schlachtgewichte höher sind. Außerdem sollten Sie beachten, dass Neubauten von Tierwohlställen derzeit angesichts der ­Kostensteigerungen im Baugewerbe und sperrigen Genehmigungsverfahren wirtschaftlich eher schwierig sind. Fehlen längerfristige Verträge sowie eine Preisabsicherung und Bonuszahlungen ist das Risiko eines teuren Tierwohlstalles derzeit schwer tragbar. Daher stellt sich die Frage, ob Landwirte diese Mehrkosten durch den Tierwohl-Bonus bzw. über regionale Absatzprogramme und zusätzliche Boni refinanzieren können. Unsere Berechnungen in der Übersicht 2 zeigen: Die Mehrkosten für die Produktion in einer höheren Haltungsform werden derzeit auf dem Markt allerdings nur unzureichend abgedeckt. Langfristige Verträge von fünf und mehr Jahren, die bei den Landwirten für mehr Planungssicherheit sorgen würden, sind zwischen Mästern und Schlachthöfen zudem zurzeit kaum möglich, da die Nachfrage nach höherpreisigem Tierwohlfleisch beim Verbraucher geringer ist als erwartet.

Die wirtschaftliche Betrachtung der höheren Haltungsformen zeigt, dass die zu erzielenden Erlöse in den Programmen derzeit bei keinem Programm ausreichen, um die höheren Kosten zu erwirtschaften. Planen Sie daher aktuell, in eine höhere Haltungsform einzusteigen, ist es wichtig, Kosten und Erlöse im Vorfeld genau durchzukalkulieren und zu versuchen, das Beste rauszuholen. Hier können sich auch regionale Partnerschaften anbieten, die ggf. einen höheren Bonus mit sich bringen.

Und trotz der derzeit schlechten Ergebnisse gilt es, auch langfristig zu denken. Erholen sich die Erzeugerpreise und sinken auf der anderen Seite die Kosten, könnte der Überschuss in den nächsten Monaten auch wieder positiv ausfallen. Bedenken Sie außerdem: ­Vermutlich nimmt die Akzeptanz von Fleisch aus der konventionellen Haltung eher in Zukunft ab und die für Fleisch aus höheren Haltungsformen nimmt zu.

Weiter optimieren

Neben der Umstellung auf eine höhere Haltungsform haben Sie aber auch noch weitere Möglichkeiten, um das Beste aus dem Betrieb herauszuholen. So zeigen Auswertungen der Unternehmerkreisbetriebe der Landwirtschaftskammer NRW, wie groß das jährliche Optimierungspotenzial verschiedener Maßnahmen ist. Ein Ferkelerzeuger mit 330 Sauen kann z. B. einen zusätzlichen Gewinn von ca. 24 000 € generieren, wenn er pro Jahr pro Sau und Wurf ein lebend geborenes Ferkel mehr verbucht. Gelingt es zudem, den Futterverbrauch der Sauenhaltung und Ferkelaufzucht um 5 % zu senken, macht er 13 151 € zusätzlichen Gewinn (Übersicht 3).

Erfahrungen zeigen, dass es in vielen Fällen bereits ausreicht, die technischen Futterverluste zu vermeiden. Auch Mäster können enorme Beträge einsparen, wenn sie an einigen Stellschrauben drehen. Verbessert ein Betrieb mit 3 000 Mastplätzen z. B. die Futterverwertung, kann er einen zusätzlichen Gewinn von ca. 19 000 € verbuchen (Übersicht 4).

Feste Partnerschaften

Um Unsicherheiten am Markt entgegenzuwirken, bieten sich zudem feste Partnerschaften an. Die meisten Ferkel­erzeuger profitieren von einer längerfristigen festen Partnerschaft mit einem Mäster. Viele vermarkten ihre Mastschweine frei über Viehhändler, Erzeugergemeinschaften oder Viehhandelsgenossenschaften. Aber auch hier bieten sich längerfristige Lieferverträge an.

Da Tierwohlprogramme und regionale Vermarktungssysteme zunehmen, gewinnen auch vertragliche Bindungen von Mästern mit Schlachthöfen in den vergangenen Jahren an Bedeutung. Einerseits profitieren Mäster in diesem Fall von höheren Preisen durch Bonuszahlungen, müssen damit aber andererseits auch zum Teil höhere und kostenintensive Erzeugungsvorschriften akzeptieren. Hier gilt es, zu prüfen, ob die höheren Vorschriften mit dem Betriebsablauf umsetzbar sind und der Bonus die höheren Kosten auffangen kann.

Gehen Sie eine längerfristige vertragliche Bindung ein, können Sie schwierige Marktphasen leichter überwinden und haben eine höhere Absatz- und ­Planungssicherheit, das wirtschaftliche und unternehmerische Risiko sinkt. Wie wertvoll Abnahmegarantien sein können, zeigte zum Beispiel der coronabedingte Absatzstau im Winter 2021. Betriebe, die vertraglich gebunden waren und eine Abnahmegarantie hatten, mussten nicht so stark mit Liquiditätsengpässen kämpfen.

Aber Achtung: Vertragliche Bindungen bringen auch Nachteile mit sich. Häufig werden Mindest- und Höchstpreise festgelegt, demnach verzichten Landwirte in Hochpreisphasen auf Gewinne. Je nach der vertraglicher Intensität ist zudem durch konkrete Produktionsvorgaben die unternehmerische Freiheit eingeschränkt.

Diversifizierung als Option

Nicht immer ist eine Vergrößerung des Schweinebestands oder ein Umbau der Haltungsform für einen Betrieb eine Option. Immer mehr Schweinehalter suchen nach alternativen Betriebszweigen, die sich mit der Schweinehaltung kombinieren lassen. Denn vor allem in Krisenzeiten sind hoch spezialisierte Betriebe finanziell anfällig. Alternative Betriebszweige können hingegen das Einkommen des Betriebs stützen. Je mehr Standbeine ein Betrieb hat, desto eher kann er Schwankungen in einzelnen Betriebszweigen abfedern bzw. in schwierigen Marktphasen auch quersubventionieren.

Welches Standbein für den Betrieb infrage kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Am wichtigsten ist es, zuerst zu ermitteln, was zum Betrieb und Betriebsleiter passt und ob überhaupt eine Nachfrage vorhanden ist. Die Möglichkeiten sind vielfältig, ob alte Gebäude auf dem Hof zu Mietwohnungen umzubauen oder gewerblich zu vermieten, in die Direktvermarktung oder Nischenproduktion einzusteigen. Überlegen Sie einen neuen Betriebszweig aufzubauen, beachten Sie Folgendes:

  • Der Arbeitsaufwand muss unbedingt zur Schweinehaltung passen, damit Sie nicht in eine Arbeitsfalle tappen.
  • Für neue Ideen ist es hilfreich, wenn Sie die Perspektive wechseln und sich mit Nichtlandwirten austauschen.
  • Ein neuer Betriebszweig kann auch die Hofübernahme attraktiver machen.

Tipp: Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen bietet zu dem Thema zwei Beratungen an: Die Module „Hofpotenziale“ und „Innovationsmanagement“.

Unsere Experten: Stefan Leuer, Annika Frank, Landwirtschaftskammer NRW

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