Frage:
Was bedeuteten die aktuellen politischen Entscheidungen für meine 120 kW-Anlage, wenn die garantierte Einspeisevergütung wegfällt bei einem negativen Strompreis?
Antwort:
Das „Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen“, besser bekannt als „Solarspitzengesetz“, bringt einige Neuregelungen für PV-Anlagenbetreibende. Eine Zusammenfassung der Änderungen finden Sie in diesem Beitrag: hier.
Ein wichtiger Punkt des Änderungsgesetzes betrifft das Aussetzen der EEG-Förderung (Einspeisevergütung und Marktprämie) in Zeiten negativer Börsenstrompreise. Ein Überangebot kann dazu führen, dass die Preise an der Strombörse unter null fallen. Der Gesetzgeber möchte in solchen Fällen die Einspeisung aus EEG-Anlagen nicht weiter finanziell fördern und setzt deshalb die Förderzahlung für die Dauer negativer Spotmarktpreise zeitweilig aus.
EEG-Förderung bei negativen Strompreisen
Ganz neu ist eine solche Regelung nicht. Bisher waren jedoch lediglich EEG-Anlagen mit einer Größe von 400 Kilowatt oder mehr davon betroffen. Diese Grenze fällt nun mit dem „Solarspitzengesetz“.
Da negative Börsenstrompreise häufig mit solaren Erzeugungsspitzen zusammenfallen, sind Photovoltaikanlagen in besonderem Maße davon betroffen. Um den zeitweiligen Ausfall der EEG-Förderzahlungen auszugleichen, wurde deshalb ein Kompensationsmechanismus geschaffen. Die Anlagenbetreibenden erhalten dann zwar eine verringerte EEG-Vergütung während des Förderzeitraums, dafür wird dieser in Abhängigkeit von der Häufigkeit negativer Strompreise zeitlich verlängert.
Wie funktioniert der Kompensationsmechanismus?
Die Verlängerung des EEG-Vergütungszeitraums berechnet sich aus der Anzahl an Viertelstunden, in denen aufgrund negativer Preise die Vergütung ausgesetzt wurde. Bezugszeitraum ist das Jahr der Inbetriebnahme der Anlage plus 19 Kalenderjahre. Ein bloßes „Anhängen“ dieses Zeitraums wäre jedoch als Kompensation unverhältnismäßig, da schließlich im Winter oder in der Nacht wesentlich weniger oder gar kein Strom erzeugt wird. Deshalb greift ein Berechnungsmechanismus mit mehreren Schritten, der in § 51a EEG geregelt ist.
Wie funktioniert die Viertelstundenregelung?
Im Wesentlichen werden dabei die betreffenden Viertelstunden zunächst mit dem Faktor 0,5 gewichtet. Die daraus resultierenden „Volllast-Viertelstunden“ sollen berücksichtigen, dass PV-Anlagen naturbedingt nicht stetig mit ihrer vollen Leistung einspeisen, sondern im Durchschnitt nur mit einem Teil davon.
Im nächsten Schritt werden die Volllast-Viertelstunden auf die Zeitkontingente der einzelnen Monate aufgeteilt. So hat der Monat Januar zum Beispiel ein Kontingent von 87, der Monat Juni hingegen ein Kontingent von 508 Vollast-Viertelstunden. Ein Beispiel: Würden in einem Jahr 500 Stunden negativer Spotmarktpreise auftreten, so würde sich der EEG-Förderzeitraum nach dem Ende des 20. Jahres nach Inbetriebnahme bis Ende April des 21. Jahres um vier Monate verlängern. Treten aber im Kompensationszeitraum Zeiten negativer Strompreise auf, so werden diese nicht mehr angerechnet.
Was bedeutet diese Regelung für Bestandsanlagen?
Es ist wichtig zu wissen, dass diese Neuregelungen nur solche PV-Anlagen betreffen, die ab Inkrafttreten des Änderungsgesetzes in Betrieb genommen wurden. Dies wird voraussichtlich Anfang März 2025 der Fall sein, sobald das Gesetz den Bundesrat passiert hat und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Alle Anlagen, die vor dem Datum des Inkrafttretens in Betrieb genommen wurden, sind somit nicht von der Neuregelung betroffen!
Allerdings besteht für diese die Möglichkeit, freiwillig in den neuen Kompensationsmechanismus zu wechseln. Diese Entscheidung belohnt das Gesetz mit einem Aufschlag auf die EEG-Vergütung bzw. den anzulegenden Wert in Höhe von 0,6 Cent/kWh. Ein solcher Wechsel könnte zum Beispiel für Anlagen in Ost-West-Ausrichtung interessant sein, die aufgrund ihres solaren Erzeugungsprofils weniger Strom zur „Mittagsspitze“ einspeisen. Voraussetzung für die Teilnahme an der neuen Regelung ist das Vorhandensein eines intelligenten Stromzählers (sog. „intelligenten Messsystem“).
Was bedeutet diese Regelung für Neuanlagen?
Anlagen mit Inbetriebnahme ab Inkrafttreten sind grundsätzlich von der Aussetzung der Förderung bei negativen Spotmarktpreisen betroffen. Lediglich bei Neuanlagen bis 100 Kilowatt installierter Leistung besteht ein Übergangszeitraum, solange für eine solche noch kein intelligentes Messsystem installiert ist.
Die geringeren Einnahmen sollten bei Neuanlagen mit Kreditfinanzierung eventuell bei der Tilgung berücksichtigt werden. Doch wie wirkt sich die Regelung auf die Höhe der jährlichen EEG-Zahlungen aus? Im vergangenen Jahr 2024 gab es beispielsweise 457 Stunden negativer Strompreise. Für eine Volleinspeise-Anlage mit direkter Südausrichtung hätte dies schätzungsweise eine Verringerung der festen Einspeisevergütung von bis zu 20 % bedeutet. Bei der Direktvermarktung ist entsprechend die Marktprämie betroffen. Für Anlagen in Ost-West-Ausrichtung oder mit kombinierten Stromspeichern wären die Auswirkungen geringer.
Zukunftsperspektiven trotz Strompreisspitzen
Trotz des zunehmenden Anteils von Wind- und Sonnenstrom wird sich durch den zunehmenden Ausbau von Großspeichern, die Elektrifizierung und den Einsatz von flexiblen Lasten auch ein gegenläufiger Effekt im Kontext negativer Strompreise feststellen lassen. Wie sich diese Entwicklungen jedoch in den kommenden Jahren äußern werden, kann jedoch nur schwer abgeschätzt werden.
Unser Experte: Julian Müller, Abteilung LandSchafftEnergie, Centrales Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (C.A.R.M.E.N. e.V.), Straubing, Bayern
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