topplus Kritik an Vergabe

Zwischenbewirtschaftung der Intel-Fläche: Meistbietender Betrieb kam zum Zug

Der Baustart der Intel-Fabrik auf 400 ha wurde verschoben – wer bewirtschaftet in der Zwischenzeit die Schwarzerdeböden?

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Nachdem beim Bau der Chipfabrik zunächst alles ganz schnell gehen sollte, verschob der US-Konzern Intel sein Megaprojekt bei Magdeburg: Statt im Jahr 2024 soll nun 2026 der Baustart sein.

Um die vorgesehenen 400 ha Bauland nicht brachliegen zu lassen, hat der Konzern die Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt kurzfristig mit der Suche nach geeigneten Landwirten beauftragt. Wie dabei vorgegangen wurde, erläutert Dr. Jens Birger, Geschäftsführer der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt in Wanzleben, auf Anfrage von top agrar so:

  • Feldhamster-Vergrämung: Um diese Flächen für Feldhamster unattraktiv zu halten, wurde seitens der oberen Naturschutzbehörde (für die Pausierungsphase) der Anbau von Mais in einem 300 m breiten Umring vorgegeben. Im Innenbereich entscheidet der Landwirt selbst über die anzubauenden Feldfrüchte.

  • Keine Ausschreibungs-Verpflichtung: Eine öffentliche Ausschreibungsverpflichtung zu dieser Vergabe besteht nicht. Im Zuge der Bewirtschaftersuche wurde ein Vergabeschreiben mit einem Angebotsformular erarbeitet, das den direkt von den Intel-Flächen weichenden Landwirten übermittelt wurde. Zusätzlich wurden weitere Landwirte im Umkreis von etwa 20 km um die Flächen angeschrieben, mit denen die Stiftung bereits Kontakt hatte oder anderweitig Maßnahmen umsetzt. Auf diese Weise wurden über 20 Landwirte beteiligt und ihnen die Möglichkeit zur Angebotsabgabe gegeben. Dabei konnte der jeweilige Bieter frei entscheiden, wie viel Fläche, zu welchem Preis und in welcher Lage (Außenring oder Innenbereich) er übernehmen will.

  • Vergabe nach Gebot: Einziges Kriterium für die Vergabe war das Preisgebot. Da der Höchstbietende auf den kompletten Flächenumfang geboten hat, wurde der Zuschlag auch über die komplette Fläche erteilt. Ansonsten wäre die Vergabe nach Reihenfolge des Preisgebots der angefragten Flächenumfänge erfolgt. Der Höchstbietende bewirtschaftet mit seiner Familie einen Landwirtschaftsbetrieb am Stadtrand von Magdeburg.

  • Pachteinnahmen: Auch in der Pausierungsphase bedarf eines umfangreichen Artenschutzmanagements. Die Pachteinnahmen werden sowohl dafür als auch für zusätzlich anzulegende Maßnahmenflächen eingesetzt.

Kritik an Flächenvergabe

Die Freien Bauern Deutschland hatten die Vergabe von 400 ha landwirtschaftlich nutzbarer Fläche im Auftrag der Firma Intel an einen einzelnen Landwirt hinterfragt.

Die Stiftung sei von den Bauernverbänden gegründet und hätte die Flächen auf mehrere Betriebe verteilen müssen. Frerk Arfsten, Sprecher der Freien Bauern Sachsen-Anhalt, erklärte in einer Pressemitteilung, dass es bei den vergebenen 400 Hektar um ein geschätztes Umsatzvolumen von rund drei Mio. € jährlich gehe. Bei der ohnehin nicht unumstrittenen Intel-Ansiedlung hätte ein transparenter Vergabeprozess mit Information und Einbindung aller landwirtschaftlichen Berufsvertretungen gut zu Gesicht gestanden, so Arfsten.

Gegenüber top agrar verweist Dr. Birger darauf, dass bei der Auswahl der Landwirte, mit denen die Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt zusammenarbeitet, die Betriebsgröße, die Struktur oder die Zugehörigkeit zu einer Interessenvertretung keine Rolle spielen. Die Stiftung wurde zwar von Kreisbauernverbänden und dem Landesbauernverband gegründet und aufgebaut sowie das entsprechende Stiftungskapital aufgebracht, in der praktischen Umsetzung sei sie jedoch für alle Landwirte da, die einen Nutzen in der Zusammenarbeit mit ihr sehen.

Mindestens 30 Mrd. € Investition geplant

Der geplante Bau einer Chipfabrik des US-Konzerns Intel bei Magdeburg lässt Ackerbauern das Herz bluten: 400 ha beste Ackerböden mit hundert Bodenpunkten sollen hier Parkplätzen und Fabrikgelände weichen. Die Stadt Magdeburg hat die Flächen bereits im Jahr 2022 an Intel verkauft, ursprünglich sollte der Bau im Jahr 2024 starten. Doch nun verschiebt Intel den Baubeginn, voraussichtlich um zwei Jahre, so die Stadt Magdeburg.

Vorgesehen war, am Standort "Eulenberg" zunächst zwei Chipfabriken zu bauen. Mit einem Investment von mehr als 30 Mrd. € ist es die größte ausländische Direktinvestition, die es je in Deutschland gegeben hat. Der Bund hatte eine Förderung von 10 Mrd. € vorgesehen. Für die Region Magdeburg würde die „Mega-Fab“ mehrere tausend Arbeitsplätze in der High-Tech-Branche und bei Zulieferern bedeuten. Nun wachsen Zweifel am Invest, auch weil die Intelaktie auf Abwärtskurs ist.

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