topplus Streit spitzt sich zu

Wird Getreide ohne Erntegut-Bescheinigung bald vernichtet?

Der Streit zwischen dem Landhandel und dem STV spitzt sich zu. Warum die Erntegut-Bescheinigung für Landwirte und Händler zum Risiko werden könnte.

Lesezeit: 3 Minuten

Auch 2025 sorgt die Pflicht zur Erntegut-Bescheinigung der Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) für hitzige Diskussionen zwischen Landwirten, Handel und STV. Während die STV ihre eigene Plattform als einfache Lösung zur Zertifizierung bewirbt, die nach eigenen Angaben noch einmal verschlankt wurde, bleibt die Akzeptanz gering – mit potenziell drastischen Folgen.

Auf dem Getreidehandelstag auf der Burg Warberg Anfang der Woche (12./13.05.) stellte Dr. Moritz von Köckritz, Geschäftsführer der STV, die überarbeitete Plattform vor. „Mit unserer Plattform bieten wir eine einfache, rechtssichere Lösung, die in wenigen Minuten erledigt ist“, erklärte von Köckritz.

Plattform ohne Akzeptanz

Doch die Teilnahme der Landwirte an der Plattform war schon im letzten Jahr marginal. Konkrete Zahlen wollte von Köckritz nicht nennen. Fest steht: Auch zur Ernte 2025 gibt es erhebliche Widerstände gegen die Erntegut-Bescheinigung bzw. die neue Plattform.

„Wir haben 3.100 Landwirte über die neue Plattform informiert“, berichtete ein Vertreter der Agravis. Es hätten sich bisher aber nur rund 200 Landwirte darauf eingelassen, erklärte der Landhändler. Händler und STV sehen den Grund für die Skepsis der Landwirte beim Bauernverband, der Stimmung gegen die Bescheinigung macht. Auch die IG Nachbau lehnt die Bescheinigung strikt ab.

Es droht Ernte-Chaos!

Der Landhandel befürchtet erhebliche Probleme im Ernteablauf, da viele Bescheinigungen entweder nicht vorliegen oder unzureichend sein dürften. Rein rechtlich darf der Landhandel das Getreide nicht annehmen, ohne „sicherzustellen“, dass die Landwirtin bzw. der Landwirt dem Sortenschutz nachgekommen ist. „Wie soll das im Erntestress funktionieren?“, fragt eine aufgebrachte Landhändlerin. Sie sieht sich von der STV instrumentalisiert, die über Jahre vergeblich versucht habe, die nötigen Nachbaugebühren einzutreiben.

Getreide vernichten?

„Und was passiert mit dem Getreide ohne Bescheinigung? Muss der Landwirt es dann vernichten?“, fragte eine Landhändlerin den Geschäftsführer des STV provokant. Das dürfe auf keinen Fall passieren, stellte von Köckritz klar und forderte die anwesenden Händler auf, sich den Diskussionen mit den Landwirten zu stellen und weiter für die Teilnahme an der STV-Plattform zu werben.

Getreide wird zur Hehlerware

Die Zeit drängt, denn nicht nur ist die neue Ernte nicht mehr weit, auch für die Ernte 2024 schließt sich bald das Zeitfenster. Grundsätzlich können die Nachbaugebühren bis Ende Juni des Folgejahres entrichtet werden. Danach wird das Getreide praktisch zur Hehlerware.

Brisanz erhält das Thema auch durch die Erfahrungen des Vorjahres, als erhebliche Strafen drohten. Laut DBV „überzieht die STV den Landhandel“ gegenwärtig mit Abmahnungen, um Landwirte, die ihr Getreide anliefern, in ihr System der Erntegut-Bescheinigungen zu zwingen. Dazu äußerte sich von Köckritz nicht. Er berichtete jedoch von einem laufenden Verfahren gegen einen Landhändler, der die Angaben eines Landwirts nicht ausreichend geprüft hatte. Das Strafmaß für diese Vergehen kann in den fünfstelligen Bereich gehen.

20 bis 30 % des Nachbaus sind illegal

Dass die STV zu so drastischen Maßnahmen greift, hat einen einfachen Grund. Die STV schätzt, dass etwa 20 bis 30 % des nachgebauten Getreides und sogar 70 bis 80 % der nachgebauten Kartoffeln ohne rechtmäßige Nachbaugebühren angebaut werden. Da der Saatgutwechsel in Deutschland bei rund 55 % liegt, ist der Druck hoch, die Nachverfolgbarkeit und Gebühreneinhaltung zu verbessern. Es geht um viel Geld!

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Wie denken Sie über die Bescheinigung? Können Sie das Vorgehen der STV nachvollziehen? Wie sollten die Pflanzenzüchter sonst zu ihren rechtmäßigen Einnahmen kommen?

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