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Herdenschutz

Wolfsabwehr: Großer Aufwand, kleine Wirkung?

Steigende Wolfszahlen und Nutztierrisse setzen deutsche Weidetierhalter unter Druck. Wie helfen die am stärksten betroffenen Bundesländer Brandenburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Im Jahr 2021/22 haben Wölfe in Deutschland rund 3.400 Nutztiere getötet oder ­verletzt. Insgesamt streifen 161 Rudel, 43 Paare und 21 Einzeltiere durch Deutschland, womit es hier mehr Wölfe gibt als in Schweden, Frankreich und Finnland zusammen. Das Monitoring der letzten Jahre stellt Wachstumsraten von 30 % fest. Trotz dieser Fakten wird die Politik nicht müde zu betonen, dass guter Herdenschutz durchaus eine Koexistenz mit den Wölfen ermöglicht.

Herdenschutz für 16,6 Mio. €

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Das lässt sich Deutschland einiges kosten: Rund 16,6 Mio. € erhielten Tierhalter für den Herdenschutz im Jahr 2021, über 7 Mio. € mehr als im Vorjahr. Dazu kommen noch 500.000 € Ausgleich nach Wolfsangriffen.

Was dabei zu bedenken ist: Viele betroffenen Tierhalter beantragen gar keine Fördermittel und erhalten auch keine Entschädigung für die Risse, wie Zahlen aus Niedersachsen zeigen. Denn nur bei 13 % der Fälle erfüllen die Betriebe den dafür vorausgesetzten Herden-Grundschutz. Dazu kommt, dass die Förderpraxis in den besonders stark betroffenen Ländern Brandenburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sehr unterschiedlich ist.

5 Mio. € in Brandenburg

Mit 1.173 toten und verletzten Nutz­tieren nach 377 Übergriffen ist Brandenburg das am schwersten von Wölfen belastete Land. Fast 5 Mio. € Fördergelder flossen 2008 bis 2021 für Prävention, und in den Jahren 2007 bis 2021 erhielten die Landwirte 700.000 € zur Entschädigung von Nutztierrissen.

Um die Riss-Entschädigung zu erhalten, müssen Schaf- und Ziegenhalter den Grundschutz erfüllen. Dieser umfasst eine Umzäunung der Tiere von allen Seiten mit einem mobilen Elektrozaun in 90 cm Höhe, mit vier Litzen, einem Bodenabschluss und mindestens 2.000 V, oder einen Festzaun in 140 cm Höhe mit Untergrabungsschutz.

Empfohlene erweiterte Herdenschutzstandards sind Herdenschutzhunde und die Erhöhung des Mobilzaunes auf 120 cm.

Neben der Erfüllung des Grundschutzes müssen Landwirte den Wolfsübergriff innerhalb eines Tages melden. Das Landesamt für ländl. Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) ermittelt den Schaden durch Tierverluste. Dazu sind Tierarztkosten und Sachschäden zu 100 % erstattungsfähig, kein Geld gibt es für die schadensbedingte Mehrarbeit.

Zum vorbeugenden Herdenschutz sind folgende Förderungen möglich:

  • Erwerb und Installation von Schutzzäunen und Zubehör,
  • Anschaffung und Ausbildung zer­tifizierter Herdenschutzhunde, max. 4 000 € pro Hund und
  • die Kosten von Arbeitsleistungen mit bis zu 60 % des Betrages, der sich bei der Vergabe der Leistung an ein Unternehmen ergeben würde.

Jährlich erstattet Brandenburg Präventionskosten von max. 30.000 € pro Betrieb.

Auch eine Förderung für laufende Betriebsausgaben zahlt Brandenburg, allerdings nur, wenn die Weidehaltung aus Gründen des Umweltschutzes erforderlich ist. Das Land gewährt bis zu 1.230 €/km Mobilzaun bei Schafen und Ziegen, bis zu 235 €/km Festzaun und bis zu 1.920 € pro Herdenschutzhund jährlich für fünf bis sieben Jahre.

Niedersachsen: Nur investiv

Anders als Brandenburg fördert Niedersachsen lediglich investive Ausgaben für den Herdenschutz. Die Bearbeitung übernimmt die Landwirtschaftskammer des Landes.

Förderfähig ist die einmalige Neuanschaffung oder die Aufrüstung von Schutzzäunen, um den Grundschutz zu erfüllen, sowie der Erwerb von Herdenschutzhunden.

Die Kompensation von Wolfsschäden an Schafen und Ziegen setzt voraus, dass die Betriebe den Grundschutz umsetzen:

  • Umzäunung der Tiere von allen Seiten mit 90 cm hohen E-Netz-, Litzen-, Elektrodrahtzäunen oder 120 cm hohen Knotengeflechtzäunen,
  • Bodenabschluss, Untergrabeschutz, das Verhindern von Einsprungmöglichkeiten, und
  • ein Stromzaungerät mit mindestens einem Joule Entladeenergie.

Nicht förderfähig sind Folgekosten für den Aufbau und die Unterhaltung der Präventionsmaßnahmen, Hundefutter, Hundesteuer, Tierarzt sowie die Ausbildung der Hunde und Hunde­halter.

Kommt es zu Wolfsrissen, folgt nach der Rissbegutachtung durch die Förster der Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Erstattung des Verlustwertes und der Tierarztkosten, solange sie den Tierwert nicht überschreiten. Die Bearbeitung der Anträge auf Entschädigung läuft über den Geschäftsbereich "Förderung" der LWK. Für Sachschäden gibt es keine Entschädigung. Ebenso wie in Brandenburg liegt die maximale Sum­me bei jeweils 30.000 € für Herdenschutz und Schadensausgleich, die Höchstgrenze pro geschädigtem Tier liegt bei 5.000 €.

Im letzten Jahr gab es in Nieder­sachsen 658 tote Nutztiere bei 241 Wolfsangriffen. Weniger als im Vorjahr, aber im Verhältnis zu dem erfolgten ­Aufwand ein erschreckend hohes Niveau, so das Landvolk Niedersachsen. Denn das Bundesland hat 2021 über 3,5 Mio. € für Herdenschutzmaßnahmen ausgegeben. Dabei hat längst nicht jeder Landwirt mit einem Wolfsriss eine Entschädigung erhalten, so eine Auswertung des Landesjägerschaft Niedersachsen. Denn in nur 13 % der Fälle in Niedersachsen war der Grundschutz tatsächlich erfüllt.

Das gilt in Mecklenburg-Vorpommern

Rund eine halbe Million Euro wendete Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2021 für die Wolfsabwehr auf. Trotzdem kam es in dem Jahr zu 62 Wolfsangriffen mit 244 gerissenen Nutztieren, entschädigt mit landesweit insgesamt 18.800 €.

Wie in Brandenburg und Niedersachsen ist auch in Mecklenburg-Vorpommern der Grundschutz Voraussetzung für eine Förderung. Der Grundschutz umfasst die Umzäunung der Tiere mit 90 cm hohen E-Netz- oder Litzenzäunen mit einer Spannung von mind. 2.000 V oder einen Festzaun mit mind. 120 cm Höhe.

Eine Förderung gibt es allerdings nicht für den Grundschutz, sondern nur für erweiterte Schutzmaßnahmen:

  • Optische Verstärkung von Zäunen durch ein Flatterband,
  • Errichten eines Untergrabeschutzes,
  • Netz- und Litzenzäune ab 110 cm, Festzaunerhöhungen über 120 cm hinaus und
  • die Anschaffung und Ausbildung von bewährten Herdenschutzhunden.

Mecklenburg-Vorpommern fördert laufende Ausgaben, solange sie über die allgemeine Sicherungspflicht hi­naus­­­gehen und Weidetierhaltung aus Gründen des Umweltschutzes notwendig ist. Rissschäden erstattet das Land zu 100 %, inklusive Sachschäden an Zäunen. Zusätzlich entschädigt das Land Arbeitsleistungen analog zu Brandenburg.

Bejagung des Wolfes: Wo hakt es?

„Die Entwicklung deutet darauf hin, dass eine regelmäßige Bejagung des Wolfes kommen wird“, so die Position von Friedrich von Massow, Justiziar des Deutschen Jagdverbandes e. V. (DJV).

Viele Weidetierhalter und Verbände ­fordern eine reguläre Bejagung, wie sie bereits in Frankreich und Schweden umgesetzt wird. Doch der Wolf steht unter strengem Schutz, zum einen durch die FFH-Richtlinie, und zum anderen durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Laut FFH-Richtlinie darf eine Bejagung den „günstigen Erhaltungszustand“ nicht beeinträchtigen. Dieser Zustand beschreibt eine feste Zahl von Wölfen, die zur Zeit von einer Bund-Länder-Gruppe erarbeitet wird. Das BNatSchG erschwere die Bejagung, da es als reines Schutzrecht wirke, erklärt von Massow.



Der DJV fordert in einem Positionspapier aus 2022 u. a. die folgenden zusätzlichen Maßnahmen im Umgang mit dem Wolf:

  • Die bundesweite Übernahme des Wolfes vom Naturschutzrecht ins Jagdrecht,
  • wolfsfreie Gebiete z. B. auf Deichen und Almen,
  • wissenschaftlich fundierte Popula­tionsmodelle,
  • die Einbindung der Jägerschaft in das Monitoring und
  • die Lockerung des Schutzstatus auf europäischer Ebene.

Die Länder Sachsen und Niedersachsen haben den Wolf bereits im Jagdrecht. In Schleswig-Holstein steht es zumindest im Koalitionsvertrag. Für spürbare Veränderungen sei ­jedoch die Bundesgesetzgebung zur Handlung aufgefordert.

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