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Auch Stroh und Spindeln liefern Energie

Lesezeit: 9 Minuten

Lassen sich Maisstroh und Spindeln energetisch nutzen? Findige Praktiker ­zeigen wie man die Erntereste als Brennstoff oder Substrat nutzen kann.


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Beim Dreschen von Körnermais galten Maisspindeln und Stroh bislang als Ernterückstände. Dabei können sie wertvolle Energie liefern: Die Spindeln lassen sich beispielsweise in Hackschnitzelheizungen als Brennstoff nutzen und sind damit eine Alternative für Landwirte in waldarmen Regionen – sofern die Anlagen die strengen Anforderungen erfüllen. In Österreich verfeuern die Landwirte Spindeln statt Heizöl, um die Maiskörner zu trocknen.


Das Maisstroh ist dagegen ein interessanter Rohstoff für die Biogasanlage. Der Gasertrag fällt zwar rund 80 % niedriger aus als der von Silomais. Dafür ist der Rohstoff wesentlich günstiger und ein optimaler Mischungspartner im Silo für feuchte Zwischenfrüchte.


Um Spindeln und Stroh kostengünstig zu ernten, sind jedoch neue Ernteverfahren notwendig. Wir haben in der vergangenen Maisernte zwei Praktiker besucht, die hierzu Maschinen im Einsatz haben.


Maisspindeln als Brennstoff


120 dt Körnermais und gleichzeitig umgerechnet 800 Liter Heizöl hat Lohn­unternehmer Josef Gerneth aus Paulushofen (Oberbayern) bei der jüngsten Maisernte erstmals pro Hektar eingefahren. Das Rezept dazu: Gerneth erntet neben den Körnern mit dem Mähdrescher auch die Maisspindeln, anstatt sie zerkleinert auf dem Feld zurückzulassen. Damit ist er einer der Pioniere in Deutschland. In Österreich ist das Verfahren dagegen schon länger bekannt (siehe Energie-Magazin 2/2012).


Umgerüsteter Drescher:

Für die Spindelernte hat Gerneth einen Mähdrescher in Österreich für ca. 35 000 € umrüsten lassen. Wichtigste Änderung: Anstatt eines normalen Strohhäckslers hat Gerneth Ventilatoren sowie eine Förderschnecke einbauen lassen (s. Foto unten). Spindeln und Stroh fallen von den Schüttlern des Mähdreschers auf schräg stehende Zinken. Die Ventilatoren blasen Blätter und Maisstroh nach hinten heraus. Die schwereren Spindeln dagegen fallen durch die Zinken in eine Förderschnecke, die sie zum Auswurfschacht transportiert. Von hier werden sie auf einen parallel zum Drescher fahrenden Anhänger geblasen. Nach der Maisernte lässt sich der Drescher mit wenig Aufwand auch wieder für die Getreideernte umrüsten.


Wichtig ist, dass der Mais trocken ist, hat Gerneth festgestellt: „Ist das Stroh dagegen feucht, verfängt es sich hinten in den Zinken.“ Fahrgeschwindigkeit und Dieselverbrauch des Dreschers sind genauso hoch wie bei der üblichen Körnermaisernte, hat er festgestellt. Auch der Kraftaufwand und der Verschleiß für Ventilatoren und Förderschnecke sind nicht höher als beim sonst angebauten Strohhäcksler.


Pro Hektar erntet Gerneth rund 10 m3 des Brennstoffs, auf zwei Wagen Korn kommt ein Wagen mit Spindeln. Das Stroh dagegen bleibt auf dem Feld und wird nach dem Mulchen der Stoppeln eingepflügt.


Nach der Ernte haben die Spindeln meistens einen Feuchtegehalt von 37 bis 38 %, müssen also auf 15 bis 18 % heruntergetrocknet werden. Dazu füllt er sie in einen Abrollcontainer mit Belüftungsboden. Die Wärme dafür liefert eine Biogasanlage.


Einsatz als Brennstoff:

Gerneth verkauft die Spindeln als Brennstoff. Er erhält dafür 20 €/t, also rund 3 € weniger als der Preis für Fichtenhackschnitzeln. Eine weitere Vermarktungsoption sieht er in der Verarbeitung der Spindeln zu Ölbindemittel oder als Einstreu für Geflügelställe.


Zu den Herausforderungen beim Verheizen von Maisspindeln in Hackschnitzelheizungen gehört unter anderem, dass sie eine geringe Schüttdichte haben. Sie liegt bei 120 kg/m3 und ist damit niedriger als die von Hackschnitzeln (200 kg/m3). Der Heizwert ist nach Angaben des Technologie- und Förderzentrums (TFZ) in Straubing bei trockenen Spindeln mit dem der Hackschnitzel zu vergleichen. Allerdings ist der Ascheschmelzpunkt niedriger als der von Holz. Geschmolzene und wieder erhärtete Asche kann im Brennraum zu Störungen führen.


Hierfür ist die chemische Zusammensetzung der Spindeln verantwortlich. Während Chlor- und Kaliumgehalte deutlich höher liegen als bei Holz, ist der Calciumgehalt etwa um das Zehnfache niedriger. Lohnunternehmer Gerneth empfiehlt, bei der Verbrennung pro Kubikmeter Maisspindeln eine Schaufel Kalk in den Brennstoffbunker zu geben.


Für die Verbrennung müssen die Spindeln je nach Feuerungstechnik bei Bedarf noch zerkleinert werden. „Wegen der geringen Dichte des Brennstoffs ist eine Verbrennung nur in Kesseln mit großem Feuerraum und großer Rostfläche möglich“, erklärt Peter Turowski, Brennstoffexperte beim TFZ. Die Korrosionsgefahr ist wegen des Chlor- und Schwefelgehaltes höher als bei Holz, jedoch nicht so hoch wie bei Stroh.


In Deutschland gelten Maisspindeln als „strohähnliche Brennstoffe“ und sind damit ein zulässiger Regelbrennstoff nach der ersten Bundes-Immissionsschutzverordnung (1. BImSchV). Im Vergleich zu Holzbrennstoffen müssen sie aber höhere Anforderungen erfüllen, wie Anja Behnke vom Umweltbundesamt erklärt: „Bei Typprüfungen der Kessel sind Anforderungen an die Dioxin- und Furanemissionen sowie an die Stickoxidemissionen einzuhalten.“


Außerdem sind Anlagen bereits ab ­einer Feuerungswärmeleistung von 100 kW genehmigungsbedürftig. „Nach meinem aktuellen Wissensstand kann derzeit noch kein Kesselhersteller eine Typenprüfung nach den neuen Anforderungen der 1. BImSchV vorweisen“, schränkt Turowski ein. Zurzeit arbeitet das Bundesumweltministerium hierfür an einer Durchführungsvorschrift. „Erst damit können die Hersteller Typenprüfungen beauftragen“, erklärt Turowski. Aus seiner Sicht dürften Landwirte zurzeit nur in zwei Fällen Maisspindeln legal einsetzen:


  • In Anlagen, die vor Inkrafttreten der 1. BImSchV, d. h. vor dem 22.03.2010, bereits für Stroh oder ähnliche Brennstoffe genehmigt waren.
  • In Anlagen mit einer Leistung über 100 kW, die nach den Vorschriften der 4. BImSchV in Verbindung mit der TA Luft genehmigt werden.


Maisstroh für die Biogasanlage


Ursprünglich hatte Josef Höckner aus Utzenaich (Innviertel, Oberösterreich) mit drei weiteren Berufskollegen in der gemeinschaftlichen Biogasanlage mit 500 kW (elektrisch) nur Silomais und Gülle vergoren. Die Anlage ist 2005 ans Netz gegangen. Doch bei nur 14,5 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) Einspeisevergütung konnten die Landwirte beim Anstieg der Maispreise ab dem Jahr 2007 nicht mehr wirtschaftlich Biogas erzeugen. Daher waren Alternativen gefragt. Da in der Gegend viel Körnermais gedroschen wird, fällt viel Maisstroh an.


In ersten Gärversuchen an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien zeigte sich, dass die Gasausbeute zwischen 250 bis 300 Liter Methan je Kilogramm organischer Trockensubstanz (kg oTS) liegt, im Mittel bei 270 Liter. Maissilage dagegen erreicht Werte zwischen 320 und 340 l. „Das hat uns motiviert, weiter mit Maisstroh zu arbeiten“, schildert Höckner. Denn die Gasausbeute liegt zwar rund 20 % unter der von Silomais, dafür ist das Substrat aber auch günstiger und kein Konkurrent zur Nahrungsmittelproduktion.


Ernte und Vergärung hat die Boku Wien in mehreren Forschungsprojekten begleitet und zusammen mit Höckner ausgewertet. Dabei sind sie zu folgenden Ergebnissen gekommen: Für die Biogasanlage ernten die Landwirte Maisstroh von ca. 200 ha. Die Erntemenge liegt bei 3 bis 6 t TS/ha. Im Vergleich: Bei Silomais würden sie 15 bis 18 t TS/ha ernten.


Für das Stroh bezahlen sie 40 €/t TS, wenn der Lieferant keinen Gärrest zurücknimmt. Bei Nährstoffrückführung bezahlen die Landwirte nur 15 €/t TS. Dazu kommen 29 €/t TS Erntekosten, so dass Maisstroh für 44 €/t TS fertig einsiliert ist. Im Vergleich dazu liegen die Silomaispreise bei 100 €/t TS (bei Nährstoffrückführung) plus 20 €/t TS Erntekosten.


Drei Ernteverfahren:

Zur Ernte haben die Landwirte drei verschiedene Verfahren getestet. Den Anfang machte eine spezielle Schwadablage mit dem Mähdrescher. Das Stroh wurde anschließend sowohl mit Häcksel- als auch mit dem Ladewagen abgefahren. Der Ladewagen bekam dabei eindeutig den Vorzug: Der Spritverbrauch lag mit 1,7 l/t Frischmasse nur bei der Hälfte der Häckselkette (3,5 l/t FM). Außerdem verdichtet der Ladewagen das Material besser, das nur ein Schüttgewicht von 100 bis 150 kg/m3 hat. „Mit dem Ladewagen haben wir das doppelte bis dreifache Gewicht laden und damit die Transportkosten deutlich senken können“, berichtet Höckner.


Allerdings bleiben die Zinken der Pick up des Ladewagens in den langen Maisstoppeln hängen und können leicht abreißen. Außerdem behindern die langen Stoppeln den Materialfluss, immer wieder schiebt die Pick up das Material vor sich her. Zudem legt der Mähdrescher die Schwad sehr dünn ab, was die Zahl der Überfahrten mit dem Ladewagen deutlich erhöht.


Daher haben die Landwirte als Weiterentwicklung die Stoppeln vor der Strohernte gemulcht und dann das Stroh mit einem Großflächenschwader zusammengekratzt. Aber auch hier gibt es Nachteile: Mit Mulchen, Schwaden und Abfahren per Ladewagen sind drei Überfahrten nötig. Außerdem kratzt der Schwader viel Schmutz und Steine zusammen, da die Zinken sehr tief eingestellt werden müssen. Dabei brechen auch vermehrt Zinken ab.


Mulcher mit Transportband:

Als bestes System bislang hat sich dagegen ein umgebautes Mulchgerät erwiesen. Es ist mit einem Transportband versehen. Der Fahrer fährt nach der Körnermaisernte mit rund 8 km/h über das Feld. Das Stroh sowie die abgemulchten Stoppeln werden von dem Sog der Schlegelwelle des Mulchers aufgesaugt und auf dem Transportband zur Seite befördert. Der Mulcher hat eine Arbeitsbreite von 6 m. Da der Fahrer immer eine Bahn auf und ab fährt, kann er also Material von 12 m Fläche auf einem Schwad ablegen. Dieses ist nach Höckners Erfahrung ideal für die Ladewagen-Ernte.


Weiterer Vorteil: Mulcher und Messer im Ladewagen zerkleinern das Stroh mehrfach.


Das Stroh silieren die Landwirte zusammen mit Zwischenfrüchten im Verhältnis 3:1 ein. Beide ergänzen sich sehr gut. Reine Zwischenfrüchte sind mit einem TS-Gehalt von meist unter 20 % zu nass, um sie einsilieren zu können. Das trockene Maisstroh lässt sich dagegen schwer verdichten. Der Sickersaft der Zwischenfrüchte durchfeuchtet jetzt das Stroh und erleichtert damit die Verdichtung.


Im Jahr 2013 haben die Landwirte Gemenge aus Sonnenblumen, Mungo, Alexandrinerklee, Phacelia, Ölrettich und Erbsen angebaut. Die Pflanzenmasse erzeugt nicht nur Biogas (die Methanausbeute liegt bei rund 300 l/t oTS), sondern erhöht auch die Bodenfruchtbarkeit und fördert Insekten. Denn die Pflanzen blühen auch noch im Spätherbst. Die Kosten für Zwischenfrüchte liegen inklusive Saatkosten und Ernte bei rund 100 €/t TS.


Um Maisstroh effizient vergären zu können, muss es vor dem Einfüllen noch einmal zerkleinert werden. Höckner hat dazu verschiedene Systeme – auch in Zusammenarbeit mit der Boku Wien – getestet. Der Aufschlussgrad vieler Systeme ist zwar zufriedenstellend, der Energieeintrag und der Verschleiß dagegen nicht. „Es zeigt sich, dass rotierende, schlagende Werkzeuge für schwieriges Material sehr gut funktionieren, weil sie auch unempfindlich gegen Fremdkörper sind“, nennt er ein Zwischenergebnis. Der Energieverbrauch darf nicht über 20 kWh pro t Frischmasse liegen.


Ein anderer Mischungspartner für das Maisstroh sind Rübenschnitzel. Diese lassen sich ebenfalls gut mit dem Stroh einsilieren.

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