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Aus Groß mach Klein: Gülleanlage als Alternative?

Lesezeit: 5 Minuten

Der Umbau einer Biogasanlage nach dem Auslaufen der EEG-Vergütung kann sich lohnen. Wir zeigen Ihnen, wie das funktioniert.


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Gülle-Kleinanlagen gehören zu den bevorzugten Anlagen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG): Für den Strom erhalten Betreiber deutlich mehr Geld als bei herkömmlichen Anlagen. Außerdem müssen Besitzer neuer Anlagen nicht am Ausschreibungsverfahren teilnehmen, sondern erhalten eine gesetzlich festgelegte Vergütung. Darum gilt die Umrüstung einer bestehenden Biogasanlage zur Gülle-Kleinanlage als attraktives Konzept für den Weiterbetrieb nach 20 Jahren.


Wie das gelingen kann und welche Voraussetzungen es dabei gibt, hat das Beratungsnetzwerk C.A.R.M.E.N. aus Straubing zusammen mit der TH Ingolstadt und der FH Münster im Rahmen des Forschungsprojekts „Repoweringmaßnahmen hinsichtlich zukünftiger Aufgaben von Biogasanlagen“ (kurz: REzAB) ermittelt.


Der Weg zur Kleinanlage


Um eine herkömmliche Biogasanlage mit Energiepflanzeneinsatz und einer Leistung von beispielsweise 500 kW auf eine Gülle-Kleinanlage mit maximal 75 kW umzustellen, gibt es einige rechtliche Hürden. „So ist der einfache Weg, ein kleineres BHKW zu installieren und nur die Einsatzstoffmenge zu reduzieren, nicht möglich“, erklärt Biogasexperte Ulrich Kilburg von C.A.R.M.E.N. Denn das wäre ein Weiterbetrieb nach 20 Jahren, für den der Betreiber keinen Anspruch auf eine EEG-Vergütung hätte.


Es gibt folgende Alternativen:


  • Der Betreiber könnte die bestehende Anlage stilllegen und zurückbauen, um eine komplett neue Kleinanlage zu errichten. „Das ist rechtlich unstrittig“, sagt Kilburg. Allerdings sind Rückbau plus Neubau sehr teuer.
  • Ein zweiter Weg wäre, die bestehende Anlage regulär abzumelden und zum größten Teil zurückzubauen. Mit dem Anlagenrest könnte am gleichen Standort dann eine neue Anlage errichtet werden. „Damit es rechtlich eine Neuanlage ist, müssen die Investitionen dem entsprechen, was für eine komplette Neuanlage investiert werden müsste“, sagt der Berater. Das wären mindestens 400000 bis 500000 €.


Für wen das Konzept passt


Wer auf dieses Konzept umstellen will, muss ausreichend Wirtschaftsdünger zur Verfügung haben. Dessen Anteil muss bei über 80% liegen, damit der Betreiber die höhere EEG-Vergütung erhält. Wichtig: Neben Gülle und Mist von Rindern und Schweinen zählt auch Pferdemist dazu, dagegen kein Geflügelmist. Wenn eine klassische Biogasanlage mit 350 kW mit 3000 t Rindergülle und 7000 t Silomais ausgelastet wäre, würde diese Güllemenge bei einer 75 kW-Anlage nur für einen Gülleanteil von 70% ausreichen. Der Betreiber müsste also die Bemessungsleistung reduzieren, mehr Gülle einsetzen oder Substrat mit höherer Energiedichte wie Mais bzw. Mist statt Gülle verwenden.


Ein Killerkriterium sind Satelliten-BHKW. Denn der Strom muss bei einer Gülleanlage der 75 kW-Klasse am Anlagenstandort erzeugt werden. „Wer Satelliten-BHKW mit guter Wärmenutzung betreibt oder auch sonst eine sinnvolle, externe Wärmeverwertung hat, sollte dieses Konzept nicht wählen“, rät Kilburg. Denn der Wärmeüberschuss ist insbesondere im Winter deutlich geringer als bei klassischen Biogasanlagen.


Weitere Voraussetzungen:


  • Betriebsbereitschaft und -fähigkeit (die neue Anlage läuft auch 20 Jahre).
  • Erschließung alternativer Einkommensquellen möglich: Die Kleinanlage bedeutet erheblich weniger Stromeinnahmen und wird einen Familienbetrieb wahrscheinlich allein nicht tragen.


Die Wirtschaftlichkeit


Wie sich die Umstellung von einer 500 kW- auf eine 75 kW-Anlage rechnet, hat C.A.R.M.E.N. in einer Überschlagsrechnung ermittelt (Übersicht).


Danach summieren sich die Kapital- und Betriebskosten für den Neubau der Anlage auf rund 129000 €. „Wir sind dabei davon ausgegangen, dass der Betreiber das bestehende offene Gärrestlager, das BHKW-Gebäude sowie Fahrsilo und Zuwegung weiter nutzen kann“, erklärt Kilburg.


In der Rechnung haben die Projektpartner für die weitergenutzten Komponenten Kosten für die Überholung einkalkuliert.


Bei den Einnahmen fallen hier in der Beispielsrechnung neben der EEG-Vergütung auch Erlöse für den Wärmeverkauf sowie Einsparungen beim Mineraldünger an. Setzt man rund 10000 € Lohn an, bleibt unterm Strich ein Gewinn von 19000 €.


Damit kann die Umstellung auf die Güllevergärung durchaus wirtschaftlich sein. „Das Unsichere an dem Modell ist aber, dass die Umstellung nicht explizit im EEG geregelt ist“, schränkt Kilburg ein. Es gäbe zwar Beispiele, in denen das funktioniert habe, aber dafür sei eine individuelle Abstimmung mit dem zuständigen Netzbetreiber nötig, rät er. Zudem benötigt der Betreiber eine neue Genehmigung.


Die Wirtschaftlichkeit bzw. die Effizienz ließe sich auch erhöhen:


  • Separierte Güllefeststoffe statt Gülle sorgen für weniger Volumen und höhere Transportwürdigkeit.
  • Das Gleiche betrifft Mist: Dieser muss allerdings aufbereitet werden, z.B. mit Zerkleinerungsaggregaten.
  • Mit einer guten Dämmung der Behälter sollten Sie verhindern, dass die Gülle zu schnell auskühlt.


Das Fazit


„Die Neuinbetriebnahme als 75 kW- Gülleanlage bietet eine langfristige Option für den Weiterbetrieb mit einer interessanten, gesicherten Vergütung“, sagt Kilburg.


Sie erfordert aber auch meist umfangreiche Investitionen und beinhaltet aktuell noch erhebliche rechtliche Unsicherheiten.


hinrich.neumann@topagrar.com

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