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„Betreiber müssen sich auf neue Erlöse einstellen“

Lesezeit: 5 Minuten

Oliver Hummel von der Naturstrom AG erklärt, wie Betreiber von älteren Windenergieanlagen den Strom nach dem EEG-Ende wirtschaftlich vermarkten können.


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Die Naturstrom AG schließt wie andere Ökostromanbieter derzeit Abnahmeverträge mit Betreibern von Windrädern ab, die ab 2021 keine EEG-Vergütung mehr erhalten. Welche Vorteile bringt das?


Hummel: Wir wollen im Gegensatz zu anderen Energieversorgern den Strom verwenden, um ihn an unsere Ökostromkunden zu liefern. Daher sind wir bereit, für den Strom einen Ökoaufschlag zu bezahlen, um die Zusatzqualität zu honorieren. Denn unsere Kunden zahlen ja auch mehr für den klimaschonenden Strom.


Mit welchen Mehrerlösen kann ein Betreiber rechnen?


Hummel: Die Basis bildet der Börsenstrompreis, der in der Vergangenheit zwischen 2 und 3 ct/kWh schwankte. Als Ökostromaufschlag können wir uns 0,1 bis 0,3 ct/kWh vorstellen. Das hängt von der Nachfrage nach Ökostrom ab, wir können nicht voraussehen, wie sich diese entwickeln wird. Der vereinbarte Preis wird meistens ein Fixpreis sein, den wir dann über die Vertragslaufzeit zahlen.


Das ist ja deutlich geringer als die heutige Vergütung in Höhe von 8 ct/kWh. Rechnet sich das für den Betreiber?


Hummel: Hier müssen Betreiber umdenken. Unter dem EEG-Regime galt es, möglichst viel Strom zu produzieren und das Risiko von Ausfällen zu minimieren. Entsprechend gibt es Vollwartungsverträge und Vereinbarungen zur technischen Betriebsführung. Auch sind die Pachtverträge für die Windkraftstandorte auf die EEG-Vergütung abgestimmt. Das alles ändert sich nach Ablauf der 20 Jahre. Betreiber müssen Pachtverträge neu verhandeln und auch beim Service deutlich abspecken. Nach Studien der Deutschen Windguard lässt sich Strom in einigen Altanlagen schon für 2,5 ct/kWh produzieren, das hängt vom Standort und dem Anlagentyp ab. Wer dagegen 5 ct/kWh für den wirtschaftlichen Betrieb braucht, wird es schwer haben, einen Abnehmer zu finden.


Welche Laufzeit haben die Verträge?


Hummel: Wir stellen in den Verhandlungen mit den Betreibern fest, dass sie meist eher kürzere Laufzeiten von ein bis zwei Jahren wünschen. Denn für sie ist diese Art der Stromabnahme neu. Auch hängt die Laufzeit von der Lebensdauer der Anlagen ab. Diese wird u.a. von dem Standfestigkeitsgutachten bestimmt, das nach Ablauf der 20 Jahre fällig wird. Wenn das Gutachten – abhängig vom technischen Zustand der Anlage – eine Restlaufzeit von beispielsweise drei Jahren vorgibt, wäre es nicht sinnvoll, einen Vertrag über zehn Jahre abzuschließen. In dieser Laufzeit unterscheiden sich diese Stromabnahmeverträge (englisch: Power-Purchase-Agreements, kurz: PPA) von den PPA-Verträgen, die jetzt Betreiber von neuen, großen Solarparks außerhalb des EEG abschließen.


Verkauft der Betreiber dann den kompletten Strom?


Hummel: Ja, die Verträge sind in der Regel so ausgelegt, dass wir den gesamten Strom der Anlage erhalten. Wir streben möglichst viele Verträge an, um das Risiko von Anlagenausfällen zu reduzieren.


Werden Sie die gesamte Strommenge als Ökostrom vermarkten können?


Hummel: Rein rechnerisch schon, da wir die Nachfrage aktuell nicht allein mit den alten Windenergieanlagen decken können. Allerdings fallen Stromverbrauch und Erzeugung nicht immer zusammen. Gerade bei viel Wind werden wir also immer auch Strom zu Börsenstrompreisen an der EEX vermarkten müssen.


Was kann der Betreiber tun, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern?


Hummel: Neben den angesprochenen Maßnahmen zur Kostenreduktion kann der Betreiber auch den Erlös etwas beeinflussen. Dazu gehört, dass er die Anlage bei Starkwind abregelt. Denn viel Wind bedeutet auch höhere Belastung von Flügeln, Welle, Turm und andere Bauteile mit der Gefahr eines Ausfalls. Und wenn ein Großbauteil in der Restlaufzeit ausfällt, bedeutet das meistens das Ende der Anlage. Mit der Abregelung kann er die Lebensdauer etwas verlängern. Außerdem produzieren bei viel Wind alle Windräder entsprechend viel Strom, was den Preis sinken lässt. Wenn die Anlage in der Zeit keinen Strom produziert, ist der Verlust also zu vernachlässigen und wird durch eine längere Lebensdauer eher überkompensiert.


Wie flexibel ist der Betreiber bei der Stromlieferung? Fallen Strafzahlungen beim Ausfall der Anlage an?


Hummel: Die Stromlieferung unterscheidet sich nicht von der heutigen Direktvermarktung. Anlagenstillstände, z.B. für die Wartung oder die Abregelung bei Starkwind, muss der Betreiber uns im Vorfeld mitteilen, damit wir uns bei der Stromvermarktung darauf einstellen können. Das kostet ihn nichts. Nur, wenn er uns einen vermeidbaren Anlagenstillstand nicht mitteilt und wir dann für einen Ausgleich sorgen müssen, bitten wir ihn zur Kasse. Fällt die Anlage dagegen aufgrund eines Schadens aus, muss der Betreiber keinen Ausgleich zahlen.


Lohnt es sich für den Betreiber, mit dem Abschluss der Verträge zu warten, weil der Strompreis evtl. steigen wird?


Hummel: Das ist wie immer ein Blick in die Kristallkugel. Aktuell halten sich viele Betreiber mit Verträgen noch zurück, obwohl die Zeit drängt. Denn bis Ende 2020 müssen diejenigen Pioniere mit Anlagen, deren EEG-Laufzeit im Jahr 2000 begann, einen Anschlussvertrag haben. Ansonsten können sie die Anlage nur stilllegen oder müssen den Strom selbst verbrauchen, was in der Regel wegen der großen Strommenge nicht möglich ist. Auch ist der Ökostrommarkt begrenzt. Nicht alle Windmüller werden also einen höheren Ökostromaufschlag erhalten können. Aber sie müssen neben dem Stromabnahmevertrag auch eine Vielzahl an rechtlichen Auflagen erfüllen wie z.B. ein Standfestigkeitsgutachten beauftragen. Da die Gutachter heute schon an der Auslastungsgrenze sind, ist fraglich, ob das Gutachten für den Weiterbetrieb noch rechtzeitig kommt. Offen ist auch noch die Frage, wie mit Windrädern zu verfahren ist, die eine unterschiedliche EEG-Laufzeit haben und alle über einen gemeinsamen Netzverknüpfungspunkt verbunden sind. Es kann sein, dass in einem Park von zehn Anlagen zwei im Jahr 2020 aus der Vergütung fallen und den Strom an uns vermarkten wollen. Aktuell ist das aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen nicht möglich. Die Branche arbeitet aber daran und ist optimistisch, dass wir bis 2020 eine Lösung haben.


hinrich.neumann@topagrar.com

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