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BHKW: Viele Schäden lassen sich vermeiden

Lesezeit: 8 Minuten

Das Blockheizkraftwerk ist immer noch ein sehr störanfälliges Bauteil in Biogasanlagen. Mit der richtigen Installation und Wartung lassen sich viele Schäden vermeiden.


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Brand im Blockheizkraftwerk- Raum: Der Motor brennt lich­terloh, zu retten ist nichts mehr. Nach den Löscharbeiten beginnt die Arbeit für Gutachter Markus Ermen-Zielonka aus Kamp-Lintfort (Nordrhein-Westfalen). Er gehört zu den wenigen Sachverständigen in Deutschland, die sich ausschließlich auf Blockheizkraftwerke (BHKW) spezialisiert haben. „Die Schadenssuche ist oft wie Detektivarbeit“, beschreibt er.


Silizium im Kolben:

Nach etlichen Laboranalysen von Rohrleitungsstücken, Ölfilterproben und anderen Fundstücken konnte er in diesem Fall die Ursache klären: Neben dem BHKW-Raum hat es bei einer Fassadensanierung stark gestaubt. Die feinen Siliziumfasern in der Luft waren durch den Luftfilter in das Motorinnere gelangt und haben wie eine Politur die Hohnriefen im Kolben blank geschmirgelt. In diesen Riefen soll normalerweise das Öl haften bleiben, um für die Schmierung zu sorgen. Ohne Öl kam es zu höherer Reibung und der Kolben dehnte sich aus. Das verursachte einen typischen Kolbenfresser. Dabei riss das Pleuel ab, welches den Motorblock durchschlug. Das auslaufende Öl führte zum Brand. Jetzt streiten sich Versicherung, Anlagenbetreiber und Bauunternehmer darüber, wer die Schuld an dem Schaden trägt.


Schadstoffe in der Luft:

„Die meisten Schäden an BHKW gehen zur Hälfte auf eine falsche Installation, zur anderen Hälfte auf Betreiberfehler und mangelhafte Wartung zurück“, weiß der Gutachter aus Erfahrung.


Ein häufiges Problem entsteht durch das Ansaugen von Partikeln wie im oberen Fall geschildert. Hier gibt es nach Ermen-Zielonkas Erfahrung weitere Schadstoffe:


  • Sand, wenn neben dem BHKW-Raum ein unbefestigter Weg verläuft, der im Sommer stark staubt. Sand, also Silizium, hat einen schmirgelnden Effekt und kann zu hohem Verschleiß im Motor führen.
  • Salzkristalle, entweder, weil das BHKW in Küstennähe salzhaltige Seeluft angesaugt hatte oder weil neben dem BHKW-Raum Streusalz offen gelagert wurde. Salz schadet dem Motor, weil es auf Metalle korrosiv wirkt.
  • Regenwasser, das bei Starkregen in die angesaugte Kühlluft und damit in den Generator gelangt. Denn die Luft wird immer erst über den kühleren Generator zum heißen Motor geführt. Das Wasser kann den Generator so stark schädigen, dass dieser ausfällt.


Filter gut reinigen:

Schäden wie diese lassen sich schon bei der Planung vermeiden. So kann eine Abdeckhaube verhindern, dass Regenwasser in die Luft gelangt. Oder das BHKW-Gebäude sollte nicht direkt an einem Sandweg errichtet werden. Aber auch im laufenden Betrieb kann der Betreiber vorsorgen: „Filter auf der Außenseite des BHKW-Raums können diese Bestandteile in der Regel zurückhalten, bevor sie in den BHKW-Raum gelangen“, erklärt Ermen-Zielonka.


Allerdings müssen die Filter auch regelmäßig gereinigt werden. Das ist gerade im Frühjahr etwa ab Ende Mai der Fall, wenn der Pollenflug einsetzt. Aber auch in der Gerstenernte ab Juli ist beispielsweise viel Staub in der Luft. Setzen sich diese Filter zu, gelangt nicht genug Kühlluft in den Raum. Bei Überhitzung kann der Motor wieder auf Störung gehen.


Weitere Installationsfehler:

Daneben stößt der Sachverständige bei seiner täglichen Praxis immer wieder auf In­stallationsfehler:


  • Kondensatablauf fehlt: Wenn sich heißes Abgas an kalten Rohren niederschlägt, entsteht Kondenswasser. Dieses ist oft säurehaltig und kann die Rohrleitungen und Dichtungen angreifen. Abhilfe haben mehrere Abflüsse für das Kondensatwasser geschaffen.
  • Falsche Dichtung: In einem Fall hatte der Installateur statt einer elastischen Gewebedichtung eine zementartige Paste aus dem Ofenbau verwendet. Sie wurde hart wie Stein und war nicht mehr elastisch. Daher wurde die Rohrleitung aufgrund der Vibrationen in der Abgasleitung undicht. Mit neuen, hitzebeständigen Gewebedichtungen als Gleitlager konnte die Störung beseitigt werden.
  • Fehlender Längenausgleich: Abgasleitungen unterliegen hohen Temperaturschwankungen. Im Betrieb können die Leitungen bis 500 °C heiß werden. Als Daumenwert gilt, dass sich ein 1 m langes Edelstahlrohr je 100 °C Temperatur­erhöhung um ca. 1 mm ausdehnt. Für festverschraubte längere Abgasleitungen ohne Längenausgleich bedeutet dies enorme innere Spannungen im Material. Die Folge können Risse sein. Oder die Rohrleitung verbiegt die Befestigungsschellen. „Sinnvoll platzierte Kompensatoren und Gleitlager vermeiden diese Schwierigkeiten“, sagt Ermen-Zielonka.
  • Isolierung als Fackel: Wenn sich das Abgassystem unterhalb des Motors befindet, kann sich Öl bei einer Leckage in dem hitzebeständigen Gewebe der Abgasrohrisolierung sammeln. Das Gewebe ist an sich zwar nicht brennbar. Aber sollte es im BHKW-Raum zum Brand kommen, wirken diese ölgetränkten Matten wie eine Fackel. Daher ist es immer besser, wenn sich das Abgassystem oberhalb des Motors befindet.


Fehler in der Steuerung:

Neben In­stallationsfehlern können auch falsche Einstellungen der Motorsteuerung Schäden verursachen. In einem Fall hatte sich der Landwirt über einen hohen Motorölverbrauch gewundert. Hier war die abgesaugte Luftmenge der Kurbelgehäuse-Entlüftung zu stark, sodass sich das Öl nicht im Ölabscheider absetzen und in den Motorölkreislauf zurückfließen konnte. Stattdessen wurde es permanent in den Zylindern verbrannt und mit dem Abgasstrom nach draußen geblasen. „Das hätte ein Servicetechniker spätestens bei der Wartung erkennen müssen“, ist Ermen-Zielonka überzeugt.


Eine weitere Schadensursache kann ein falsches Gas-Luft-Gemisch sein. „Einige Servicemitarbeiter verändern dieses per Ferneinwahl, beispielsweise, wenn sich der Landwirt über einen ruckelnden Motor beschwert“, weiß er aus Erfahrung. Nach der Veränderung läuft der Motor zwar ruhiger. Aber ein falsches Gas-Luft-Gemisch kann dazu führen, dass die Abgastemperaturen zu hoch sind und Bauteile wie die Zylinderköpfe stark belasten, die nur ein bestimmtes Temperaturniveau bzw. eine bestimmte Temperatursumme aushalten. Je höher der Wirkungsgrad der Motoren ist, desto wichtiger ist, dass Rahmenparameter wie Gasqualität, Luft- und Wassertemperatur konstant bleiben.


In einem weiteren Fall gab es Störungen wegen einer falschen Regelung der Kühlstrecke. Dabei ist das Motorkühlwasser durch den Notkühler (Tischkühler mit Ventilatoren) gelaufen, dort abgekühlt worden und zurück in den Motor geflossen. Ein Mischventil am Motor und die Ventilatoren des Notkühlers waren jedoch nicht richtig aufeinander abgestimmt. So hat die Kühlwassertemperatur innerhalb von wenigen Minuten zwischen 65 und 85 °C geschwankt. „Die hohen Temperaturschwankungen sind eine starke Belastung für die Motorbauteile und können zu Spannungsrissen führen“, erklärt der Gutachter.


Wartung rechnet sich:

Häufig scheuen sich Landwirte vor der Motorwartung, weil sie natürlich zu höheren Betriebskosten führt. Service kann mitunter auch langwierig sein. „Ein BHKW braucht bis zu 15 Minuten, um sich nach einer Veränderung der Werte auf den neuen Wert einzupendeln“, weiß er aus Erfahrung. Daher kann es unter Umständen einen ganzen Tag dauern, bis der Motor optimal eingestellt ist.


Ermen-Zilonka kennt aber einen Fall, bei dem der Landwirt bei einem 500 kW-Aggregat nach der Optimierung des Gasverbrauchs pro Tag 1,5 t weniger Mais füttern musste, um die gleiche Strommenge zu erzielen. „Daher ist ein Tag Wartung gut angelegtes Geld, wenn sie Erfolg hat.“ Unter Umständen kann es sich auch lohnen, die Anlage zwischen Sommer und Winter noch einmal neu einzustellen.


Das trifft gerade auf neue, „hochgezüchtete“ Aggregate zu. „Jeder Betreiber muss sich klar machen, dass er sich einen hohen elektrischen Wirkungsgrad mit höheren Servicekosten erkauft“, betont der BHKW-Experte.


Krankenakte wichtig:

Um die Wartung zu optimieren, ist ein gutes Betriebstagebuch wichtig. Darin sollten ähnlich wie in einer Krankenakte alle Veränderungen eingetragen werden, wann welcher Parameter und warum verstellt wurde. Dann kann der Servicetechniker im Falle einer Störung gut nachvollziehen, woran es gelegen haben könnte. Denn nicht immer kommt der gleiche Mitarbeiter auf die Anlage und weiß, was sein Vorgänger gemacht hat.


Um Störungen wie diese zu beheben, muss der Servicemitarbeiter allerdings nicht nur Maschinenschlosser sein, sondern auch Elektriker und Regelungstechniker. Um die Qualität der Dienstleister zu kontrollieren, hilft nur der Austausch mit Berufskollegen, welche Erfahrungen sie mit den Dienstleistern gemacht haben.


Was Sie sonst beachten sollten:


  • Viele Landwirte verlassen sich auf einen Fullservice-Dienstleister. Aber auch diesen sollten Sie von Zeit zu Zeit kontrollieren.
  • Andere Hersteller kommen mit dem Service nicht nach und bieten den Betreibern einen Lehrgang an, damit sie die Wartung selbst durchführen können. „Doch Vorsicht: In dem Fall ist der Hersteller meist aus der Haftung“, warnt Ermen-Zielonka.
  • Dazu kommt: Ein professioneller Servicetechniker sieht jeden Tag verschiedene Motoren. Er entwickelt daher reichlich Erfahrung und kann Mängel viel schneller finden als ein ungeübter Betreiber, der nur sein BHKW kennt.
  • Lassen Sie regelmäßig das Motoröl analysieren (siehe Beitrag ab S. 20).
  • Verwenden Sie nur die vom Hersteller empfohlenen Zündkerzen und andere Bauteile wie z.B. Filter. Vorsicht ist geboten bei vermeintlich günstigen Angeboten von „Markenware“, es gibt inzwischen chinesische Plagiate mit mangelhafter Qualität auf dem Markt.


Sein Fazit: Mit einer guten Pflege des Motors, einem sauberen BHKW-Raum, Ölanalysen und vollständigen Aufzeichnungen über die tägliche Arbeit lassen sich viele Schäden im Vorfeld vermeiden bzw. frühzeitig entdecken.

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