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Biogasstrom selbst verbrauchen – geht das?

Lesezeit: 7 Minuten

Auf der Versuchsstation der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub steht seit 2014 eine kleine Hofbiogasanlage mit 75 kW, die sehr innovativ Strom und Wärme erzeugt.


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Die Selbstversorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien wird für Gewerbebetriebe – so auch für Landwirte – immer interessanter. Bislang sprach vieles dafür, vor allem Solarstrom dafür zu nutzen. Aber auch Biogasanlagen können diesen Part übernehmen. Wie das funktioniert und für welche Betriebe das interessant sein kann, soll jetzt eine Pilot- und Demonstrationsanlage auf der Versuchsstation der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub bei München zeigen.


Der Stromverbrauch an dem Versuchsstandort mit Landwirtschaftsbetrieb, Labor, Schlachthaus, Kantine, Internat sowie Seminar- und Bürogebäuden und Wohnungen liegt im Mittel bei 190 Kilowatt (kW), schwankt aber von 90 bis 400 kW. Damit ist er mit einem Gewerbe- oder kleinem Wohngebiet zu vergleichen.


Großzügig ausgelegt:

Die Biogasanlage ist im Jahr 2014 in Betrieb gegangen. „Bei ihr handelt es sich zwar um eine Forschungsanlage, die aber dennoch praxistauglich ist und als Demonstrationsobjekt für die Landwirte dienen soll“, erklärt Versuchsstationsleiter Dr. Christoph Härle. Die technischen Besonderheiten der Anlage:


  • Die Anlage besteht aus einem Fermenter (1 200 m3) und einem Gärrestlager (2 700 m3). „Eigentlich wollten wir die bestehenden Güllebehälter abdecken und als Gärrestlager nutzen“, erklärt Härle. Aber das zuständige Landratsamt forderte, dass die Behälter laut „Biogashandbuch Bayern“ mit Leckageerkennung ausgestattet sein müssen. Das hätte hohe Investitionskosten verursacht. Daher haben sie neue Behälter gebaut.
  • Der Fermenter ist mit einer 12 cm dicken, isolierten Betondecke ausgestattet, da diese weniger Wärme abgibt als eine Folienabdeckung.
  • Der Feststoffdosierer ist mit 16 m3 so groß ausgelegt, dass nur alle zwei Tage gefüttert werden muss.
  • Der Gasspeicher ist mit 1 300 m3 relativ groß.
  • Die Anlage hat eine installierte Leistung von 75 kW, aber kann bei Bedarf mehr Strom produzieren. Zu diesem Zweck soll ein weiteres BHKW mit 200 kW Leistung installiert werden.


Die Anlage hat brutto insgesamt 1,1 Mio. € gekostet. Darin enthalten ist auch das Fernwärmenetz sowie der Wärmeanschluss von drei Gebäuden. Allerdings ist sie sehr großzügig ausgelegt mit asphaltierten Flächen und entsprechenden Gebäuden, um auch größere Besuchergruppen empfangen zu können. Auch ist viel Messtechnik installiert. „Ein Landwirt würde sie deutlich kompakter und günstiger bauen“, ist Härle überzeugt.


Vor allem Gülle und Mist:

Als Subs­trat kommt überwiegend (80 %) Rindergülle zum Einsatz. Zwei Drittel davon stammen täglich frisch aus dem Milchviehstall mit 125 Tieren, der Rest aus dem Bullenstall mit 80 GV. Weitere Substrate sind 10 % Rinder- und Schafmist, 13 % Maissilage sowie 10 % Maissilage und Futterreste. „Der inhomogene Strohmist führt zu relativ hohen Schwankungen im Biogasertrag“, erklärt Härle. Auch müssen der Dosierer mit Vertikalmischer und die Rührwerke relativ oft arbeiten. Der Eigenverbrauch der Anlage war im ersten Jahr mit rund 15 % relativ hoch. Darin ist allerdings auch die Startphase enthalten, in der mehr Strom benötigt wird. Auch verbrauchen die Tischkühler am BHKW noch relativ viel Strom, weil die LfL erst einen Teil der Abwärme nutzen kann. „Unser Ziel ist es, auf unter 10 % Eigenstrombedarf zu kommen.“


Die Anlage soll mittelfristig im Lastregelbetrieb fahren, um den Standort mit Strom zu versorgen. Das bedeutet: Die Anlage produziert dann Strom, wenn er gebraucht wird. Hierfür will die LfL im Frühjahr ein zweites BHKW installieren.


Zur Versorgung soll auch eine Photovoltaikanlage mit 55 kW Leistung beitragen, die tagsüber Solarstrom erzeugt. Als spezielle Lösung für den Strom-Eigenverbrauch hat die Lfl eine Eiswasserbank installiert. Die Anlage nutzt Solarstrom, der nicht im Betrieb verbraucht wird, um daraus Eiswasser zu produzieren. Das Eiswasser kühlt die Milch in einem Plattenkühler ab. „Damit können wir dann zwei Tage lang die Milch kühlen, auch wenn einmal keine Sonne scheint“, nennt Härle die Vorteile. Seiner Erfahrung nach ist das eine einfache Möglichkeit, Strom zu speichern und den Eigenverbrauch auch im Milchviehbetrieb zu erhöhen.


Rüben für schnelles Gas:

Um die Biogasanlage noch flexibler fahren zu können, hat die LfL zwei ehemalige Güllebehälter mit innen liegender Folie sowie Füllstandsanzeige und Leckageerkennung ausgerüstet, sodass sie darin Zuckerrübenbrei lagern kann. Wird kurzzeitig mehr Gas benötigt, soll der Brei in den Fermenter gepumpt werden. Schon länger ist bekannt, dass die Bakterien Zucker schnell in Gas umwandeln können. „Wir wollen nicht kontinuierlich Gas produzieren wie es in anderen Anlagen üblich ist, sondern punktuell je nach Bedarf“, begründet der Versuchsstationsleiter.


Eigenes Stromnetz:

Die Anlage hat im ersten Jahr 8 480 Volllaststunden erreicht und dabei 636 000 kWh Strom produziert. Diesen hat der Standort Grub zu 100 % genutzt, es wird kein Strom ins öffentliche Netz eingespeist. Die Besonderheit: Das Stromnetz gehört der LfL selbst, daher waren für die Insellösung keine besonderen Einrichtungen nötig wie z. B. besondere Stromzähler. „Allerdings kann der Netzbetreiber theoretisch auch eingreifen und bei Bedarf die Stromproduktion drosseln, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist“, erklärt Härle.


Für den Strom bezahlte der Versuchsbetrieb bislang rund 20 ct/kWh (brutto). Da dieser jetzt nicht mehr zugekauft werden muss, sorgt die Biogasanlage für eine Stromkosteneinsparung von 108 000 € pro Jahr. Diese Einsparung ist mit einer Einspeisevergütung gleichzusetzen, die andere Betreiber bei Einspeisung des Stroms ins öffentliche Netz kassieren würden – allerdings deutlich weniger als die aktuelle EEG-Vergütung von 23,73 ct/kWh, die Anlagen bis 75 kW bekommen würden. „Wir wollen zwar so ökonomisch wie möglich produzieren, aber die Wirtschaftlichkeit ist bei der Anlage nicht das oberste Ziel, sondern mehr Bildung und Demonstration“, sagt Härle. Dazu kommt: Weil die LfL nicht an das EEG gebunden ist, kann sie die Anlage auch größer konzipieren und nicht auf 75 kW festgelegt.


Die LfL muss auch die anteilige EEG-Umlage von ca. 2 ct/kWh nicht zahlen, die Landwirte auf den selbst verbrauchten Strom bezahlen müssen.


Zusätzlich stellt die Anlage am Tag fast 2 000 kWh Wärme zur Verfügung. Davon benötigt der Fermenter rund 550 kWh, sodass netto zum Heizen von Häusern und Ställen etwa 1 450 kWh zur Verfügung stehen. Diese werden über ein Nahwärmenetz auf dem Standort genutzt. „Wir wollen jetzt noch eine Hackschnitzelheizung installieren, um ganzjährig Wärme anbieten zu können“, ergänzt Härle. Das Holz dafür stammt aus dem eigenen Wald, aber auch von 30 ha Kurzumtriebsplantagen. Außerdem soll das Fernwärmenetz ausgebaut werden. „Sobald wir die komplette Abwärme nutzen können, wird die Wirtschaftlichkeit deutlich besser“, ist er überzeugt.


Fazit nach einem Jahr:

Folgendes Fazit zieht Härle nach rund einem Jahr:


  • Wie die bisherigen Erfahrungen zeigen, ist eine Biogasanlage in dieser Größenordnung für Betriebe mit mehr als 200 GV Rinder geeignet. „Ob die Betriebe die Energie dann selbst verbrauchen oder mit entsprechender EEG- Vergütung ins Netz einspeisen, hängt auch vom zu zahlenden Strompreis ab“, erläutert der Versuchsstationsleiter. So lange der Landwirt mehr für den produzierten Strom erlöst, als er für den aus dem öffentlichen Netz bezogenen bezahlen muss, ist der Verkauf des erzeugten Stroms die wirtschaftlichere Alternative.
  • Je mehr Abwärme genutzt werden kann (entweder durch Einsparung von anderen Energieträgern im eigenen Betrieb oder durch Verkauf), desto wirtschaftlicher wird die Anlage. Die aktuell sehr niedrigen Heizölpreise bieten nur wenig Anreize, möglichst viel Abwärme zu nutzen. Denn die Investitionen in Fernwärmeleitungen und Übergabestationen in den abnehmenden Gebäuden sind verhältnismäßig teuer. Härle: „Hier muss langfristig geplant werden, denn es ist nicht zu erwarten, dass die Heizölpreise dauerhaft so günstig bleiben.“Hinrich Neumann

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