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„Die gemeinsame Vermarktung bietet viele Chancen“

Lesezeit: 5 Minuten

Dr. Helmut Kern vom Biomethanspezialisten und Servicedienstleister Arcanum schildert die Erfolgsfaktoren für ein gelungenes Gemeinschaftsprojekt mit einer Rohgassammelleitung.


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Herr Kern, Sie haben auch die Biogaspartner Bitburg bei der Umsetzung des Projekts unterstützt. Welche Vorteile bietet eine Sammelleitung wie in diesem Beispiel?


Kern: In erster Linie bietet es die Chance zu einer größeren, effizienten Aufbereitungstechnik. Diese ist bezogen auf die produziete Menge günstiger. Muss man bei einer kleinen Anlage mit einer Kapazität von 250 m3 Rohbiogas pro Stunde mit Gesamtkosten von über 4000 €/m3 rechnen, sinken diese bei einer Größe der Anlage wie in Bitburg mit 1800 m3 etwa auf 1500 €/m3 Aufbereitungskapazität. Gleichzeitig reduzieren sich die Netzanschlusskosten, weil diese unabhängig von der Größe der Anlage sind. Und außerdem können die Betreiber wegen der größeren Biomethanmenge andere Vermarktungswege einschlagen.


Mit welchen Kosten rechnen Sie bei der Sammelleitung?


Kern: Das hängt von verschiedenen Faktoren wie z.B. von der Topografie oder von den Durchleitungsrechten ab. Wenn Sie ein Grundstück umgehen müssen, weil der Besitzer keine Leitung duldet, wird es teurer. Im Schnitt kann man von 40 bis 80 € pro laufendem Meter Rohrleitung ausgehen. Dazu kommen Erdarbeiten sowie Pachtzahlungen an die Grundstücksbesitzer.


Welche weiteren Kosten muss man einplanen?


Kern: Auch das ist stark von der Region abhängig. Das Netzanschlussbegehren kann je nach Netzbetreiber zwischen 4000 und 16000 € kosten, eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz rund 30000 € bis 50000 €. Auch beim Netzanschluss müssen die Betreiber der Aufbereitungstechnik 25% der Kosten tragen, die allerdings auf 250000 € für den ersten Entfernungskilometer gedeckelt sind. Gleichzeitig gibt es aber verschiedene Fördermittel, die man nutzen kann.


Wie weit sollten die einzelnen Biogasanlagen maximal auseinander liegen?


Kern: Grob gesagt: je näher, desto besser. Die größte Biogasanlagendichte haben wir in Niedersachsen, im nördlichen Nordrhein-Westfalen und in Bayern. Doch das Beispiel Bitburg zeigt, dass es auch an anderer Stelle gelingen kann. Genauso wichtig wie die räumliche Nähe ist aber auch, dass die Anlagenbetreiber zueinander passen und sich konfliktfrei auf eine gemeinsame Gasaufbereitung einigen können. Bezüglich der Vermarktung ist es dann auch vorteilhaft, wenn die Anlagen möglichst eine ähnliche Technologie besitzen und in etwa die gleichen Substrate einsetzen. Auch sollte sich die EEG-Restlaufzeit der einzelnen Anlagen nicht zu sehr unterscheiden.


Warum ist das wichtig?


Kern: Anlagen, die eine ähnliche EEG-Restlaufzeit haben, sind sich auch bei den Rahmenbedingungen wie der Abschreibung sowie der Laufzeit der BHKW und den Ersatzinvestitionen sehr ähnlich. Das ist entscheidend für die Vermarktung des Gases.


Welche Aufbereitungstechnologie empfehlen Sie?


Kern: Grundsätzlich können die Betreiber zwischen einer chemischen und einer physikalischen Wäsche, der Druckwechselsadsorption oder der Membrantechnologie wählen. Diese sind heute am Markt verfügbar. Alle haben Vor- und Nachteile. Es kommt immer auf die örtlichen Gegebenheiten an. Wenn z.B. viel Wärme vorliegt, wäre eine chemische Lösung wie die Aminwäsche zu bevorzugen. Denn für die Regeneration der Waschlösung ist Wärme nötig. Ist dagegen im Gasnetz ein gewisser Druck vorhanden, kann wie in Bitburg die Druckwechseladsorption die bessere Lösung sein. Es gibt Verfahren, bei denen das aufbereitete Gas die Biogasaufbereitungsanlage mit einem Vordruck verlässt, der bei der Einspeisung nur unwesentlich weiter angepasst werden muss. Aber auch Fragen wie die notwendige Gasvorreinigung insbesondere bei Abfallanlagen, die geforderte Methanreinheit, die Einhaltung des maximal erlaubten Methanschlupfes über eine notwendige Nachverbrennung oder die insgesamt über die Laufzeit anfallenden Betriebskosten sollten neben den Investitionskosten bei der Wahl eine Rolle spielen.


Sie beobachten den Markt schon viele Jahre. Wo sehen Sie künftig vermehrt Absatzchancen für das Biomethan, wenn noch mehr Biogasanlagen von der Strom- auf die Gasproduktion umsteigen?


Kern: Aktuell ist die Biomethanvermarktung bei Gas aus nachwachsenden Rohstoffen für BHKW schwierig. Heute gibt es ca. 11 Terawattstunden (TWh) von dem Gas am Markt, vermarkten lassen sich laut Branchenzahlen aber nur 9 bis 9,5 TWh. Allerdings sinkt der Vorteil von Erdgas in KWK-Anlagen durch die CO2-Besteuerung um ca. 0,45 ct/kWh. Mit dieser ab 2021 steigenden CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe wie Erdgas oder Heizöl verbessert sich automatisch die Wettbewerbssituation. Zudem ist es jetzt möglich, mit Biomethan auch die Verpflichtung nach dem neuen Gebäudeenergiegesetz nachzukommen. Dieses schreibt einen Mindestanteil an erneuerbaren Brennstoffen im Neubau vor. Darum gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach Ökogas steigen wird.


Im Biokraftstoffmarkt sehen wir im CNG-Markt geringere Chancen. Schon heute nimmt die Zahl der am Markt verfügbaren Gas-Pkw-Modelle oder der Gastankstellen ab. Nur an ausgewählten Standorten sehen wir eine größere Marktbedeutung.


Anders sieht es beim verflüssigten Erdgas (LNG) bzw. verflüssigten Biomethan (Bio-LNG) aus. Es ist ideal für den Schwerlast- und Schiffsverkehr. Für eine wirtschaftliche Produktion von Bio-LNG ist derzeit eine entsprechende Biomethanmenge nötig. Hier haben große Anlagen Vorteile. Auch das spricht sehr für die Errichtung von Biogassammelleitungen.


hinrich.neumann@topagrar.com

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