Sie haben in Berechnungen festgestellt, dass größere ORC-Anlagen tendenziell wirtschaftlicher sind. Wäre das auch bei einer Anlage mit 1 MW Wärmeinput (bei 1 bis 2 MW elektrischer Leistung) der Fall?
Stockmann: Wir haben nur bis zu einer Biogasanlagengröße von 1 MW gerechnet – mit 70 kW elektrischer Leistung des ORC. Bis zu einer Größe von 1 MW steigt die Gesamtkapitalrentabilität. Über 1 MW würde sie weiter ansteigen, aber nicht mehr so stark.
Die Anlage kostet bis zu 3800 €/kW. Sie haben in Ihrer Marktübersicht Kosten von bis zu 7000 €/kW für kleinere Anlagen angegeben. Gibt es bei ORC-Anlagen Skaleneffekte?
Stockmann: Ja, mit der Größe nimmt der Anschaffungswert pro kW ab. Wir haben aus eigenen Kalkulationen und Literaturrecherchen Eckdaten für die kleinste Anlage und die größte Anlage festgelegt und dann die Abstufungen berechnet. Was definitiv einen starken Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit hat, ist die Nutzungsdauer, der Jahresnutzungsgrad und die Auslastung der ORC-Anlage. Im sehr kleinen Leistungsbereich hat der Anschaffungswert einen deutlichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit, da die Vergütung im Vergleich zu größeren Anlagen geringer ist.
Immer mehr Betreiber planen eine Flexibilisierung ihrer Anlagen bei reduzierten Laufzeiten. Würden Sie in diesem Fall den Einsatz einer ORC-Anlage überhaupt noch empfehlen?
Stockmann: Es gibt ORC-Anlagen, die schon bei geringen Temperaturen verstromen, was einer Flexibilisierung entgegenkommt. Außerdem wissen einige Anbieter, dass eine ORC-Anlage für die Flexibilisierung ausgelegt sein müsste. Hier sind zwei Modelle denkbar: Entweder produziert bei größeren Biogasanlagen (oder Anlagen mit zwei BHKW) ein BHKW dauerhaft, woran die ORC-Anlage angegliedert werden könnte. Oder die Nachverstromung schafft die Flexibilisierung. Unsere Berechnung zeigt, dass, je nach Anlagengröße, eine hohe Auslastung pro Jahr notwendig ist, sonst wird es unrentabel.
Wem würden Sie generell eine derartige ORC-Anlage empfehlen?
Stockmann: Allen Abwärmeproduzenten, die kein oder nur ein unzureichendes Wärmekonzept haben. Optimal wäre eine Kaskade, bei dem die primäre Abwärmenutzung eine Hochtemperatur-Nachverstromungsanlage ist und dann entweder noch ein Niedertemperatur-ORC oder z.B. eine Trocknung für Erntegut, Holz oder Gärreste nachgeschaltet sind. Unsere Berechnungen sind unter www.carmen-ev.de abrufbar.