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„Direktvermarkter müssen Unternehmer sein“

Lesezeit: 5 Minuten

Worauf kommt es beim Verkauf von Biomethan an Endkunden an? Welche Chancen und Risiken bietet der freie Markt? Antworten gibt Vera Schürmann.


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top agrar: Sie unterstützen als eines der ersten Unternehmen in Deutschland Landwirte bei der Direktvermarktung von Biomethan. Wie sieht Ihre Dienstleistung aus?


Schürmann: Wir helfen nicht nur bei der Suche nach möglichen Abnehmern, sondern begleiten auch die Vertragsverhandlungen bei den Bio-methan-Lieferverträgen. Außerdem übernehmen wir das Management, das für Transport und Bilanzierung des Biomethanes nötig ist. Unter Bilanzierung bezeichnet man in der Gaswirtschaft den Transport, den mengenmäßigen Ausgleich innerhalb des Gasnetzes sowie die Abrechnung und den Lieferantenwechsel. Im Bereich Biomethan nimmt daneben die Abrechnung der Boni nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz eine zusätzliche Rolle ein.


top agrar: Wie aufwändig ist das und welche Kosten kommen auf den Landwirt zu?


Schürmann: Wer sein Biomethan direkt an einen BHKW-Betreiber als Endkunden verkauft, muss Ein- und Ausspeisemengen nach den Regeln der Gaswirtschaft genau bilanzieren. Wir müssen dem Netzbetreiber täglich mitteilen, wie viel Gas zu welcher Zeit durch welches Netz geht. Das geht nur mit einer automatisierten und standardisierten Datenkommunikation mit den Gasnetzbetreibern, den so genannten Marktgebietsverantwortlichen, den Bilanzkreisverantwortlichen und dem Ausspeisenetzbetreiber. Die Kosten für den Landwirt als Einspeiser bewegen sich je nach Aufwand zwischen 0,2 und 0,3 Cent je kWh zuzüglich der Netznutzugsentgelte und Strukturierungskosten.


top agrar: Kommt das Modell mit der Direktvermarktung in der Praxis häufiger vor?


Schürmann: Zurzeit noch nicht. Die meisten Betreiber von Biogasanlagen verkaufen das Rohgas an einen Energieversorger, z. B. an ein Stadtwerk, das die Gasaufbereitungsanlage betreibt. Es gibt aber eine Reihe von interessierten Käufern von Biomethan, so dass ich davon ausgehe, dass sich dieses Modell in Zukunft stärker durchsetzen wird.


top agrar: Sind bei der Direktvermarktung von Biomethan höhere Erlöse drin als beim Rohbiogasverkauf?


Schürmann: Das kommt auf die Preisverhandlung an. Mit der Direktvermarktung ist der Landwirt jedoch nicht nur von einem Abnehmer abhängig, sondern kann sich frei am Markt bewegen. Außerdem beherrscht er alle Wertschöpfungsstufen, von der Rohstoffherstellung bis zum Endprodukt. Beim Verkaufspreis für das Biomethan muss der Einspeiser jedoch die Einspeisevergütung des Abnehmers und damit dessen mögliche Rendite berücksichtigen. Ist das Biomethan zu teuer, hat der BHKW-Betreiber kein Interesse. Das ist besonders im Moment bei dem sehr niedrigen Erdgaspreis ein Problem. Ebenfalls verlangen Banken nach unserer Kenntnis zumindest eine Teilabsicherung über langfristige Lieferverträge.


top agrar: Welche Maßnahmen kann der Landwirt ergreifen, um am Markt zu bestehen?


Schürmann: Zuerst sollte er das eingespeiste Gas nur in einem Gasmarktgebiet anbieten. Denn für den Übertritt von einem Marktgebiet ins nächste muss er zusätzliche Gebühren an die Netzbetreiber zahlen. Außerdem soll-te er die Gasaufbereitungsanlage möglichst mit einer Mindestkapazität von 350 Normkubikmeter je Stunde bauen. Das entspricht einer Biogasanlage mit 700 kW elektrischer Leistung. Denn bis zu dieser Größe erhält der BHKW-­Betreiber, der das Gas verwertet, den Technologiebonus in Höhe von 2 Cent je kWh Strom. Der wichtigste Grundstein wird bei der Investition ­gelegt: Die Produktion von Biomethan muss kostengünstig und effizient sein.


top agrar: Welches Risiko geht der Landwirt bei der Gaslieferung ein?


Schürmann: Bei der Gaslieferung fallen Probleme in der Biogasanlage auch auf den Abnehmer des Biomethans zurück. Denn dieser muss ja seinem Netzversorger nachweisen, dass er zu 100 % Biomethan eingesetzt hat. Ansonsten würde er den Vergütungsanspruch nach dem EEG verlieren. Daher muss der Biogaserzeuger dafür sorgen, dass immer genügend Gas vorhanden ist. Wenn wir allerdings merken, dass ein Biogaserzeuger die nötige jährliche Produktionsmenge unterschreiten wird, können wir Übermengen aus anderen Biomethananlagen nutzen. Für den Biogaserzeuger bieten wir die Möglichkeit, sich auf dem Markt Biomethan von anderen Anlagen zu kaufen und damit Untermengen auszugleichen. Dies senkt die Risiken erheblich.


top agrar: Kann man denn nicht auf Vorrat Biomethan produzieren und dann aus dem Netz abrufen, falls die eigene Anlage zu wenig Gas produziert?


Schürmann: Das ist nur bedingt möglich, da der Einspeiser gewisse Toleranzgrenzen nicht überschreiten darf. Liefert er zu viel Gas, übernimmt der Netzbetreiber dies zum Erdgaspreis, was für den Einspeiser Verluste bedeuten würde. Ein anderer Weg sind Zertifikate. Sie sind der Nachweis, dass das Gas biogene Eigenschaften hat, die nach dem EEG bei der Verstromung geltend gemacht werden können. Hat man zu viel Gas, kann man sich die Zertifikate ausstellen lassen und das Gas als Erdgas verkaufen. Später kann man die gleiche Menge Erdgas zusammen mit den Zertifikaten wieder als Biomethan vermarkten.


top agrar: Wer stellt diese Zertifikate oder Herkunftsnachweise aus?


Schürmann: Bisher haben Organisationen wie der TÜV oder Wirtschaftsprüfer mithilfe der Informationen von Umweltgutachtern diese Aufgabe wahrgenommen. Eine weitere Institution ist die Internetplattform „Biogasregister“ der Deutschen Energieagentur.


top agrar: Ist die Direktvermarktung nur etwas für alte Biogas-Hasen oder kann man sich auch als Neueinsteiger daran wagen?


Schürmann: Diese Art der Vermarktung ist sowohl für alte Hasen wie auch für Neueinsteiger möglich. Wichtig ist nur, dass der Biogaserzeuger ein Unternehmertyp ist, der weiß, auf welches Risiko er sich einlässt, aber auch, welche Chancen der Markt bietet. Und ohne Frage muss er die Erzeugung von Biogas beherrschen. Er muss Kunden suchen, Preisverhandlungen führen und Verträge abschließen, wobei wir ihn unterstützen. Außerdem muss die Gaswäsche und Aufbereitung nach den Regeln der Gaswirtschaft betrieben werden. Und bei allem bleibt der derzeit schwache Erdgaspreis als Wettbewerbshemmnis. Bleibt als Resumee: Die Direktvermarktung ist etwas für risikobereite Unternehmertypen. Wer das Risiko nicht eingehen möchte, sollte sich lieber mit einem Stadtwerk zusammenschließen.


Hinrich Neumann

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