Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Aus dem Heft

„EEG 2021: Gute Chancen für neue Flex-Anlagen“

Lesezeit: 5 Minuten

Uwe Welteke-Fabricius vom Netzwerk „Flexperten“ erklärt, welche Auswirkungen das neue EEG für Betreiber von bestehenden und geplanten Biogasanlagen hat.


Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Die Bundesregierung hat im EEG 2021 den bisherigen Flexdeckel aufgegeben. Damit könnten jetzt weitere Betreiber die Flexibilisierungsprämie beantragen. Wie hoch schätzen Sie das Potenzial für weitere Anlagen ein?


Welteke-Fabricius: Es war richtig, den bremsenden Flexdeckel zu beseitigen, wie wir es seit Jahren empfohlen hatten. Aber jetzt kommt der Beschluss zu spät. Darum bleibt das Potenzial für die weitere Umrüstung gering.


Warum?


Welteke-Fabricius: Das liegt daran, dass die Flexprämie starr für zehn Jahre gezahlt wird und höchstens bis zum Ende der ersten Vergütungsperiode. Die meisten Biogasanlagen wurden allerdings vor 2011 gebaut. Für sie endet die erste Vergütungsperiode vor dem Jahr 2031. Also reicht die Zeit für die vollen zehn Jahre Flexprämie bei den meisten Anlagen nicht mehr. Es gibt nur etwa 10 % jüngere Anlagen. Von denen haben sich auch manche schon früher zur Flexibilitätsprämie angemeldet. Wenn sie jetzt nochmal Leistung zubauen wollten, haben sie ebenfalls keinen vollen Anspruch mehr.


Wie könnte man das Problem lösen?


Welteke-Fabricius: Der Fachverband Biogas und das Netzwerk Flexperten hatten ein Stauchungsmodell vorgeschlagen. Stauchung bedeutet, dass die Flexibilitätsprämie für die zusätzlich installierte Leistung bei gleicher Gesamthöhe auf eine kürzere EEG-Restlaufzeit aufgeteilt wird. Leider hat der Gesetzgeber die Idee nicht aufgegriffen – im Gegenteil: Er hat die Förderung für bestehende Anlagen sogar eingeschränkt.


Inwiefern?


Welteke-Fabricius: Wer nach 20 Jahren EEG-Förderung nach der Teilnahme an einer Ausschreibung in den zweiten Vergütungszeitraum wechselt, hat bislang für die gesamte installierte Leistung den Flexzuschlag in Höhe von 40 €/kW erhalten. Im Gesetz steht jetzt, dass man in der zweiten Vergütungsperiode nur noch den Flexzuschlag bekommt für Leistung, die gegenüber der Inanspruchnahme der Flexprämie zusätzlich bereitgestellt wird. So könnte der zukünftige Flexzuschlag nur für neu gebaute BHKW gelten. Offenbar wurde diese Regelung im Ministerium nicht bis zu Ende gedacht.


Ist das ein Nachteil gegenüber dem EEG 2017?


Welteke-Fabricius: Die ursprüngliche Flexibilitätsprämie aus dem EEG 2012 hatte nicht funktioniert. Sie hatte meistens nur die ohnehin notwendigen Ersatzinvestitionen und einen zusätzlichen Trafo finanziert – mehr hatte das Gesetz auch nicht gefordert. Für eine echte Flexibilisierung mit neuen BHKW, Trafo, Gasspeicher, Wärmepuffer, Modernisierung, Planung und Genehmigungen haben Betreiber erst nach Einführung des Flexzuschlags ab dem Jahr 2017 Millionen investiert. Denn sie hatten ja die Aussicht auf die zweite, zehnjährige Förderperiode. Da der Flexzuschlag jetzt entfallen soll, fehlen in der Finanzierung mittelfristig sechs- bis siebenstellige Beträge. Das lässt sich auch nicht durch höhere Gebotspreise in der Ausschreibung auffangen.


Was ist der Grund für die Änderung?


Welteke-Fabricius: Angeblich will der Gesetzgeber eine Doppelförderung bzw. Mitnahmeeffekte vermeiden. Diese gibt es aber nicht. Der Eindruck dazu könnte entstanden sein, da es mit Flexprämie und Flexzuschlag zwei Förderinstrumente gibt. Allerdings gab es vier Jahre lang keine Beanstandung dazu. Daher sehen wir keinen Grund für diese Einschränkung.


Welche Strategie sollten Anlagenbetreiber jetzt wählen, die eine zehnjährige Verlängerung anstreben?


Welteke-Fabricius: Wer künftig Strom erzeugen will, braucht eine einträgliche Wärmeverwertung. Ohne die Nutzung der Wärme ist ein BHKW sinnlos. Die Anlagen mit BHKW müssen sich darauf einstellen, dass in wenigen Jahren an vielen tausend Stunden im Jahr Wind- und Solarstrom das Netz füllen und die Preise zu diesen Zeiten nahe Null liegen. Dafür kann man aber in den übrigen Zeiten umso höhere Preise erwarten. Darum raten wir zu einer konsequenten Flexibilisierung. Das heißt, die drei- bis fünffache Leistung zu installieren. Reingasspeicher und Wärmepuffer sollte man auf eine Ruhezeit von 2 bis 3 Tagen ausrichten.


Wer das noch nicht getan hat, sollte sich schleunigst darum kümmern, an Förderung mitnehmen, was es eben gibt. Solche Umbauten lassen sich meistens nur mit Flexprämie und Flexzuschlag finanzieren. Idealerweise erklären betroffene Betreiber das ihrem zuständigen Bundestagsabgeordneten, um eine EEG-Änderung zu bewirken.


Erstmals schreibt das EEG auch Qualitätskriterien für flexible Anlagen vor. Welche sind das?


Welteke-Fabricius: Die neuen Anforderungen laufen darauf hinaus, dass die installierte Leistung zwischen 1000 und 4000 Stunden des Jahres betrieben werden soll. Für die Entwicklung des Strommarktes ist das sinnvoll. Die Anforderung, das die BHKW mindestens 4000 Viertelstunden mit mindestens 85 % Leistung betrieben werden müssen, zwingt allerdings dazu, an diesen 1000 Jahresstunden auch ein älteres BHKW mitlaufen zu lassen. Denn sonst erreicht der Betreiber die 85 % der Leistung nicht. Bei einer wirklich flexiblen Anlage ist das unsinnig und verschwendet Biogas. Aber so steht es jetzt im Gesetz.


Gilt es auch für bestehende Anlagen?


Welteke-Fabricius: Nein, die neuen Qualitätskriterien gelten erst nach dem Wechsel in die zweite Vergütungsperiode.


Wie bewerten Sie das neue EEG insgesamt?


Welteke-Fabricius: Das EEG 2021 enthält einige wichtige Verbesserungen für die Biogasbranche. Bei Neuanlagen ist der höhere Flexzuschlag absolut richtig. Mit den neuen Gebotshöchstpreisen kann es auch wieder Neubau geben. Die Neubauten werden zweifellos zeigen, was flexible Biogasanlagen können.


Hier wirkt allerdings eine neue Daumenschraube als Hemmnis: die „endogene Mengensteuerung“. Wenn nicht genügend Bieter an der Ausschreibung teilnehmen, sollen nochmals 20 % der Gebote gestrichen werden, anstatt die Gebotshöchstpreise aufzustocken. Die Regelung ist unsinnig, da es zusätzlich ja die Höchstgebotspreise gibt.


Für die dringend erwünschte Flexibilisierung der bestehenden Anlagen ist die angesprochene Flexprämienanrechnung ein Rückschlag. Wir hoffen jetzt auf ein Einlenken der Politik.


hinrich.neumann@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.