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EEG 2021: Verhaltene Aufbruchstimmung

Lesezeit: 8 Minuten

Mit der anstehenden EEG-Novelle sollen alte und neue Biogasanlagen wieder eine Perspektive bekommen. Das könnte gelingen – wenn der Gesetzgeber nachbessert.


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Biogas soll auch künftig eine Rolle im Energiemarkt spielen. Das ist die gute Botschaft, die aus dem Entwurf zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021) hervorgeht. Zunächst sah das aber nicht so aus. Im Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zu dem Gesetz gab es nur wenige Lichtblicke für die Biogasbranche. Inzwischen hat der Gesetzgeber nachgebessert. Trotzdem bleiben immer noch viele Fragen offen, wie eine Analyse der wichtigsten Änderungen zeigt.


Ausschreibungsvolumen


Das jährliche Ausschreibungsvolumen soll von 225 auf 350 MW angehoben werden. Das bedeutet: Es können sich mehr Betreiber von bestehenden oder von neuen Anlagen im Ausschreibungsverfahren um eine Vergütung bewerben. Installiert sollen im Jahr 2030 insgesamt 8400 MW Biomasseleistung sein. Die Stromerzeugung aus Biomasse soll – wie im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung vorgesehen – bei 42 Terawattstunden (TWh) liegen, damit Deutschland einen Anteil von 65% erneuerbare Energien im Strommarkt erreicht. Beide Ziele wären aber ein Rückschritt gegenüber heute: Im Jahr 2019 lag die installierte Leistung bei 8900 MW, die Stromerzeugung bei 44,6 TWh.


Das Hauptstadtbüro Bioenergie, das unter anderem vom Fachverband Biogas und dem Bundesverband Bioenergie getragen wird, hält das Ausschreibungsvolumen daher für zu gering: Selbst unter optimistischen Annahmen müsste es mindestens 430 MW pro Jahr ausmachen, besser wären sogar 950 MW.


Denn die Anlagen sollen noch stärker flexibilisiert werden. Hierzu gibt es Anreize im Gesetz wie die Streichung des Deckels für die Flexibilitätsprämie, die Erhöhung des Flexzuschlags von 40 auf 65 €/kW installierter Leistung und die Abschaffung der Vergütung, wenn die Börsenstrompreise länger als eine Stunde negativ sind.


Dazu kommt ein Trend hin zu stärken Schwankungen bei den Börsenstrompreisen, was eine flexible Fahrweise mehr honorieren würde. Es sei deshalb davon auszugehen, dass neue und bestehende Bioenergieanlagen im Jahr 2030 deutlich niedrigere Volllaststunden haben werden als im Maximalszenario der Bundesregierung angenommen. Der Fachverband Biogas hält durchschnittlich 3200 Volllaststunden im Jahr 2030 für realistisch.


Außerdem dürften nicht alle heute existierenden Anlagen eine Verlängerung anstreben, einige werden aussteigen. Auch daher muss das Ausschreibungsvolumen steigen, damit dieser Wegfall kompensiert werden kann. Darum regt das Hauptstadtbüro an, nicht die installierte Leistung, sondern vielmehr die Stromerzeugungsmenge als Zielwert festzuschreiben.


Höhere Gebotswerte


Die Gebotshöchstwerte für Neu- und Bestandsanlagen sowie auch im neuen Ausschreibungssegment für Biomethan-BHKW in der „Südregion“ sollen um jeweils 2 ct/kWh angehoben werden. Gemeint ist die Vergütungshöhe, die Anlagenbetreiber nach der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren bei einem Zuschlag maximal erhalten können.


Vorgesehen sind 16,4 ct/kWh für Neuanlagen und 18,4 ct/kWh für bestehende Anlagen sowie 19 ct/kWh für Biomethan-BHKW. Hintergrund ist, dass sich bei allen fünf der bislang durchgeführten Ausschreibungsrunden zu wenig Betreiber beteiligt hatten. Das hat nach Ansicht der Bioenergieverbände gezeigt, dass die Rahmenbedingungen im EEG 2017 nicht ausreichen, um die Ausschreibungsvolumina auszufüllen. Die Gebotshöchstwerte von 14,44 ct/kWh bei neuen Anlagen bzw. 16,40 ct/kWh bei Bestandsanlagen waren zu niedrig. Diese würden im Biogasbereich nur in Ausnahmen einen Anlagenneubau erlauben und auch nur für wenige Anlagen den Weiterbetrieb nach Auslaufen des ersten EEG-Vergütungszeitraums.


Das Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) hat dagegen 16 bis 20 ct/kWh für Nawaro-Biogasanlagen als Stromproduktionskosten ermittelt, bei Neuanlagen liegt der Wert noch höher. „Eine Erhöhung der Gebotswerte ist auch nötig, um die Güllevergärung stärker anzureizen“, heißt es in der Stellungnahme. Für bestehende Anlagen sollte der Gebotshöchstwert daher um 3 ct auf 19,4 ct/kWh angehoben werden. Zudem sollte die Degression ausgesetzt werden, die im Schnitt der vergangenen elf Jahre zwischen 2,4 bis 3,6% lag. Dadurch ist die Vergütung für Neuanlagen auch wegen steigender Inflation und höherer Umweltauflagen ins Unwirtschaftliche gefallen.


Schub für Güllevergärung


Der Gesetzgeber will den Anteil der Gülle in Biogasanlagen aus Klimaschutzgründen erhöhen. Denn heute werden erst 25 bis 30% der Gülle vergoren. Mit der EEG-Novelle will die Bundesregierung u.a. die Rahmenbedingungen für Kleinanlagen verbessern:


  • Anlagen ab einer installierten Leistung von 100 kW können auch den Flexibilitätszuschlag erhalten.
  • Die Bemessungsleistung soll nicht mehr auf 75 kW begrenzt sein.


„Da die Begrenzung der installierten Leistung von 150 kW beibehalten sowie die Pflicht zur Flexibilisierung aufrechterhalten wird, können de facto keine Gülleanlagen mit deutlich höherer Bemessungsleistung als bisher gebaut werden“, analysieren die Bioenergieverbände. Im zum Entwurf gehörigen Anschreiben der Bundesregierung an den Bundestag ist notiert, dass zwischen Bundeswirtschaftsministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) noch Uneinigkeit zur zulässigen Größe der Gülleanlagen besteht und dass eine Einigung eventuell noch im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens eingearbeitet werden müsste.


In ihrer Stellungnahme schlagen die Verbände vor, die Bemessungsleistung auf 150 kW zu verdoppeln. Denn es gibt in vielen Betrieben deutlich mehr Gülle oder Mist, als für eine 75 kW-Anlage nötig wäre. Da die Anlagen auch flexibilisiert werden können, sollte die Begrenzung der installierten Leistung wegfallen.


Positiv bewerten die Verbände, dass die Bundesregierung eine Möglichkeit schaffen will, um bestehenden Anlagen mit maximal 150 kW installierter Leistung eine Anschlussvergütung zu gewähren, wenn diese auf die Güllevergärung umsteigen. Hierfür ist jedoch eine Verordnungsermächtigung vorgesehen. Die Verbände plädieren dafür, diese Regelung bereits im Gesetz zu verankern.


Ein weiterer Änderungsvorschlag der Verbände betrifft Pferdemist. Die Definition von Gülle für den Güllebonus im EEG 2009 bezieht sich auf die EG-Verordnung 1774/2002, bei der Pferdemist nur von Schlachttieren erlaubt ist. In der neuen EG-Verordnung 1069/2009 gilt dagegen der gesamte Pferdemist (auch aus Reitställen) als „Gülle“. Nur eine Änderung des Verweises auf die neue Verordnung könnte die Vergärung von Pferdemist stärker anreizen.


Mehr Flexibilität


Die Pflicht zur Flexibilisierung soll teilweise deutlich verschärft werden. Demnach würden neue bzw. neu in Betrieb genommene Biogasanlagen nur noch eine Vergütung für eine Bemessungsleistung erhalten, die 45% ihrer installierten Leistung entspricht. Das bedeutet: eine Anlage kann zwar 1000 kW installieren, vergütet wird aber nur die Strommenge, die mit einer Leistung von 450 kW erzeugt wird. Damit sollen die Betreiber angeregt werden, die Laufzeit der Anlage mehr als zu halbieren, also nur bei Bedarf Strom zu produzieren.


Wer seine Anlage flexibilisiert, ist auf die Flexibilitätsprämie (Flexprämie) zur Refinanzierung von BHKW, Speicher, Leitungen usw. angewiesen. Die Prämie wird zehn Jahre lang gezahlt. Wer dagegen eine ältere Anlage hat, die in weniger als zehn Jahren das Ende des ersten EEG-Förderzeitraums erreicht, kann die Prämie nicht mehr in voller Höhe ausschöpfen. Das sorgt dafür, dass ältere Anlagen nicht mehr flexibilisieren.


Dazu kommt, dass einige der Pioniere, die bereits flexibilisiert haben, jetzt weitere Maßnahmen scheuen. Denn auch für sie ist die Prämienlaufzeit zu kurz. Der Fachverband Biogas schätzt, dass insgesamt 2500 Biogasanlagen aus einem der beiden Gründe keine Umrüstung mehr vornehmen.


Daher schlägt der Verband das „Modell OptiFlex“ vor. Bei diesem würden die Anlagen die volle Prämie erhalten, die aber nicht für zehn Jahre gezahlt, sondern auf die Jahre der Restlaufzeit verteilt wird. Im Gegenzug sollte sichergestellt sein, dass die Anlagen auch wirklich flexibel betrieben werden, z.B. über die Vorgabe, dass sie an mindestens 800 Stunden im Jahr unter Volllast betrieben werden. Das würde verhindern, dass die Prämie für nicht betriebsfähige BHKW gezahlt wird.


Mehr Anlagen im Süden


Ab 2021 soll mindestens die Hälfte der in der regulären Biomasse-Ausschreibung vergebenen Leistung an Gebote aus „Südregionen“ vergeben werden, heißt es im Gesetzesentwurf. Die Bioenergieverbände und der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) lehnen diese geplante „Südquote“ als fachlich unbegründet ab. Auch in den übrigen Landesteilen würden Biomasseanlagen für das Stromsystem gebraucht, vor allem deren Flexibilität. Gerade auch in Norddeutschland sei es besonders wichtig, Ausgleichskapazitäten zu schaffen.


Im Gegensatz zur Südquote bei den Ausschreibungen für Windenergie an Land soll die Quote bei einer Unterzeichnung nicht mit Geboten aus dem übrigen Deutschland aufgefüllt werden dürfen. Sie soll stattdessen auf das Folgejahr übertragen werden. Im Extremfall könnte dies nach Ansicht der Verbände dazu führen, dass in einer überzeichneten Ausschreibung, für die keine Gebote aus südlichen Landkreisen eingereicht werden, nur die Hälfte des ausgeschriebenen Volumens überhaupt vergeben wird. Die Folge wäre ein Abbau der gesicherten Leistung in Norddeutschland.


Das Fazit: Die Bioenergieverbände begrüßen neben weiteren Verbesserungen insbesondere die Anhebung der Gebotshöchstwerte, sehen aber eindeutig Klärungs- und Anpassungsbedarf bei mehreren Regelungsdetails, vor allem bei der Güllevergärung.


hinrich.neumann@topagrar.com

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