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EEG-Novelle - Rote Karte für Biogas

Lesezeit: 7 Minuten

Für Altanlagen gibt es jede Menge Fußangeln, und der Neubau lohnt sich nicht mehr. Das ist die Bilanz der EEG-Novelle. Einziger Lichtblick: Kleine Gülleanlagen werden weiter gefördert.


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Bundestag und -rat haben sich auf ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2014) verständigt. Damit stehen die neuen Spielregeln für die kommenden drei Jahre fest. Sie betreffen längst nicht nur diejenigen, die jetzt neu bauen wollen. Auch die Altanlagenbetreiber müssen aufpassen, sich nicht in den Fußangeln des Gesetzes zu verheddern. Wir sagen Ihnen, was auf Sie zukommt.


1. Vertrauensschutz ade:

Eigentlich hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zu Beginn der EEG-Novelle immer wieder betont: Altanlagen erhalten Vertrauensschutz. Dran gehalten hat er sich nicht. Denn nach dem Willen der Regierung zählen zu den Altanlagen nur diejenigen, die bis zum 31.07.2014 in Betrieb genommen werden. Eine Verlängerung gibt es lediglich für Betreiber, die bis einschließlich zum 23.01.2014 eine Genehmigung für ihr Projekt erhalten haben und die bis spätestens zum 31.12.2014 ihr Kraftwerk ans Netz anschließen.


Viele Investoren haben allerdings im Vertrauen auf den Bestandsschutz nach den Regeln des derzeit noch gültigen Gesetzes (EEG 2012) eine Anlage geplant oder bauen derzeit eine. Zudem ist nicht die Genehmigung nach Baurecht entscheidend, sondern die nach dem Bundes-Immissionsschutz-Gesetz. Somit stehen nicht wenige nun vor einem Scherbenhaufen und haben unter Umständen fünf- oder sechsstellige Beträge „in den Sand gesetzt“.


Der Fachverband Biogas rät denjenigen, die derzeit eine Anlage bauen, diese möglichst noch bis zum 31. Juli dieses Jahres in Betrieb zu nehmen. Um sich die Vergütung nach dem EEG 2012 zu sichern, muss das Kraftwerk allerdings technisch betriebsbereit sein und spätestens bis Ende Juli mindestens einmal Strom ins öffentliche Netz eingespeist haben. Da die Gasproduktion erst nach und nach gesteigert werden kann, können die Betroffenen auch Biomethan zukaufen und damit übergangsweise das Blockheizkraftwerk (BHKW) betreiben.


Achtung: Die technische Betriebsbereitschaft setzt voraus, dass die Anlage bis auf die Biologie auch tatsächlich funktionsbereit ist und keine Bauteile fehlen. Wenn beispielsweise die Gashaube noch nicht installiert wurde oder aber das BHKW-Haus fehlt, gilt die Anlage nicht als technisch betriebsbereit.


Wer seine Anlage dennoch nicht rechtzeitig in Betrieb nehmen kann, dem bleibt nur der Gang vor ein Gericht. Das muss nicht chancenlos sein. Einige Juristen gehen davon aus, dass die Stichtagsregelung gegen den Vertrauensschutz im Grundgesetz verstößt. Der Fachverband Biogas prüft daher derzeit die Rechtslage und will unter Umständen eine Sammelklage vor dem Verfassungsgericht einreichen.


2. Fußangeln für Altanlagen:

Doch auch wer noch Bestandsschutz genießt, kommt nicht ungeschoren davon:


  • Die Regierung will die Stromvergütung deckeln. Die Betreiber erhalten dann nur noch eine Entlohnung für den Strom, der die sogenannte „Höchstbemessungsleistung“ nicht überschreitet. Wer mehr erzeugt, erhält dafür nur noch den Marktwert. Dieser liegt derzeit bei drei bis vier Cent je Kilowattstunde an der Leipziger Strombörse.


Für die Berechnung der Höchstmenge ist die Leistung der Anlage entscheidend. Die Große Koalition hat hierzu zwei verschiedene Berechnungsmethoden in das Gesetz geschrieben, zwischen denen sich die Betroffenen entscheiden müssen:


  • Die maximal vergütbare Menge Strom in Kilowattstunden ergibt sich aus „95 % der installierten Leistung multipliziert mit einer theoretischen Laufzeit von 8 760 Stunden“. Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang die installierte Leistung am 31.07.2014. Leistung, die danach installiert wurde, wird nicht berücksichtigt.
  • Für die Berechnung der Höchstmenge ist die bisher höchste Bemessungsleistung pro Jahr entscheidend, die ein Kraftwerk jemals in den Jahren vor dem 01.01.2014 erzeugt hat. Beispiel: Eine 120 Kilowatt-Anlage (installierte Leistung) hat im Jahr 2010 im Schnitt 95 Kilowatt erzeugt, ein Jahr später 110 und in 2013 im Mittel 100 Kilowatt. In diesem Beispiel werden somit die 110 Kilowatt als Maßstab herangezogen und damit künftig maximal 963 600 Kilowattstunden vergütet (110 Kilowatt x 8 760 Stunden pro Jahr).


Allerdings wird an dem Beispiel auch deutlich: Der Betreiber würde unter diesen Bedingungen die 95 %-Regel wählen. Denn dann steht ihm eine Vergütung für Strom aus 114 Kilowatt zu (120 Kilowatt x 95 %).


„Es ist jedoch vollkommen offen, wie diese Regeln in die Praxis umgesetzt werden“, sagt Dr. Stefan Rauh vom Fachverband Biogas. Er hat Bedenken, dass es bis zum 1. August noch keine praxistaugliche Lösung geben wird. Denn anders als bei den Novellen zuvor liegen zwischen der Verabschiedung im Bundesrat und dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht einmal drei Wochen. Früher waren es hingegen oft Monate, in denen sich die Branche auf die neuen Bedingungen einstellen konnte.


  • Betreiber alter Anlagen müssen sich entscheiden, ob sie weiterhin rund um die Uhr Strom erzeugen oder ob sie in die Flexibilisierung einsteigen wollen. Wer sich für die letzte Variante entscheidet, für den gelten weiter die Regeln der Flexprämie des alten EEG (2012). Allerdings ist die Zahl derer, die davon profitieren können, begrenzt. Insgesamt will die Regierung nur 1 350 Megawatt Leistung in die bedarfsgerechte Stromproduktion aufnehmen.


Wichtig: Betreiber, die in die Direktvermarktung einsteigen, müssen sicherstellen, dass der Energieversorger auf die Anlage per Fernsteuerung zugreifen kann. „Das gilt auch für alle Altanlagenbetreiber im Marktprämienmodell. Diese müssen bis zum 31.03.2015 ihre Anlage nachrüsten“, so Rauh. Die entsprechende Technik (inkl. Installation) kostet etwa 5 000 Euro.


  • Die Regierung hat den Landschaftspflege-Bonus für Energiepflanzen gestrichen. Das gilt auch für Altanlagen, die nach dem EEG 2009 gebaut wurden. Das heißt: Mais mit Untersaat wird nicht mehr als Landschaftspflegematerial gewertet.


Aufpassen müssen auch Betreiber, die Grünschnitt aus privaten oder öffentlichen Anlagen einsetzen. „Dieses Material gilt ab 01.08.2014 nicht mehr als Landschaftspflegematerial und deren Einsatz führt dann zum Verlust des NawaRo-Bonus“, warnt Rauh. Ebenso betroffen sind Ökobetriebe, deren Anbaubiomasse kann mit dieser Änderung ebenfalls nicht mehr für den Landschaftspflegebonus angerechnet werden.


3. Neue Anlagen unerwünscht:

Wer in Zukunft eine neue Biogasanlage bauen will, muss sich auf neue Rahmenbedingungen einstellen.


  • Die Grundvergütung für neue Anlagen ist in etwa gleich geblieben (Übersicht). Die Boni für den Einsatz von Energiepflanzen wurden hingegen komplett gestrichen. Hinzu kommt: Betreiber von neuen Anlagen mit mehr als 100 Kilowatt Leistung erhalten nur für den Strom aus der Hälfte der installierten Leistung eine Vergütung. Damit sind sie quasi dazu verpflichtet, flexibel Strom zu erzeugen, andernfalls wären die finanziellen Einbußen zu groß. Im Gegenzug ist der Gesetzgeber dazu bereit, einen Flexibilitätszuschlag in Höhe von 40 Euro je installiertes Kilowatt Leistung zu zahlen.


Erste Überschlagsberechnungen zeigen allerdings: Der Zuschlag wiegt zwar in etwa die zusätzlichen Investitionen für die Flexibilisierung auf, dennoch sind neue Anlagen kaum noch rentabel. Lesen Sie dazu auch den Beitrag in der top agrar 5/2014 auf der Seite 134.


  • Angesichts der Tatsache, dass vermutlich nur noch vereinzelt Anlagen gebaut werden, erscheint es fast zweitrangig, dass die Regierung den Zubau von neuen Anlagen auf 100 Megawatt begrenzen will. Werden dennoch mehr Anlagen gebaut, wird die Vergütung im Jahr darauf stärker gekürzt als vorgesehen, um das Wachstum wieder einzudämmen.


4. Kleinanlagen beliebt:

Die kleinen Biogasanlagen (75-Kilowatt-Anlage) genießen weiterhin das besondere Wohlwollen des Gesetzgebers. Für sie bleibt fast alles beim Alten:


  • Die Vergütungssätze wurden nur leicht angepasst und Festmist darf nun mit angerechnet werden. Das dürfte vielen Landwirten entgegenkommen.
  • Trotz einiger Proteste, ist die Regierung bei der sogenannten 15-Tage-Vorschrift für Kleinanlagen geblieben. Das heißt: Nach wie vor müssen deren Betreiber ihr Substrat mindestens 150 Tage lang vergären. Ausnahme: Wer zu 100 % Gülle einsetzt, braucht sich nicht an diese Vorgabe halten.


Diethard Rolink

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