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EEG-Novelle: Schlechte Nachrichten für Landwirte

Lesezeit: 7 Minuten

Der Gesetzentwurf für das EEG 2016 liegt vor. Die Vorschläge aus Berlin stoßen vor allem in der Windkraft- und Biogasbranche auf Kritik.


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Zwei Eckpunktepapiere, zwei Entwürfe und monatelange Diskussionen ohne einen erkennbaren Konsens. Der bisherige Verlauf der EEG-Novelle verläuft eher stockend. Seit Anfang März liegt nun aber immerhin ein 250 Seiten starker Gesetzentwurf vor, den Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bis spätestens bis Mitte des Jahres durch Bundes-tag und Bundesrat boxen will (Stand 10.03.2016). Gelingt ihm das, könnte das sogenannte „EEG 2016“ am 1. Januar 2017 das bislang noch gültige Gesetz ablösen. Bis dahin dürfte es aber noch die eine oder andere Korrektur geben, denn vor allem in der Windkraft- und Biogasbranche formiert sich Widerstand.


Gabriel möchte unter anderem die festen Einspeisevergütungen für den Strom aus Windmühlen durch ein Ausschreibungsmodell ersetzen. Das Wirtschaftsministerium stellt sich die Grundzüge des Verfahrens so vor: Die Bundesnetzagentur schreibt den Bau neuer Windräder mit einer Leistung von mehr als einem Megawatt künftig bis zu viermal im Jahr aus. Interessierte Investoren reichen anschließend ein verdecktes Gebot bei der Agentur ein. Darin müssen die Bewerber unter anderem auflisten, welche Vergütung sie für den Betrieb ihrer Anlagen fordern, die Gesamtleistung des geplanten Windparks und dessen Standort.


Vergütung nicht mehr fix:

Da das Windangebot in Deutschland unterschiedlich ausfällt, muss sich die Vergütung in den Geboten auf einen Standort mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 6,45 m/s in 100 m Höhe be-ziehen (100%-Standort). Andernfalls könnte die Agentur die Angebote der Bewerber kaum miteinander vergleichen. Außerdem ist eine Vergütung auf 7 Cent je Kilowattstunde gedeckelt.


Der Bewerber mit dem günstigsten Gebot erhält als erstes einen Zuschlag. Ist die ausgeschriebene Leistung dann noch nicht komplett vergeben, erteilt die Agentur dem zweitgünstigsten Angebot grünes Licht. Dieses Spiel setzt sich solange fort, bis das Kontingent ausgebucht ist.


Den Gewinnern steht 20 Jahre lang die jeweils von ihnen geforderte Vergütung zu. Dabei können bzw. müssen sie Zu- oder Abschläge einkalkulieren: Fällt der tatsächliche Ertrag höher aus als an dem 100%-Standort, reduziert die Agentur die Vergütung, bei einer schlechteren Ernte gib es einen Zuschlag.


Die Windkraftbranche stört sich weniger an dem Verfahren als an den hohen Anforderungen, die damit verbunden sind. Die Teilnehmer sollen bspw. ihre Projekte im Vorfeld weitestgehend vorplanen, ohne zu wissen, ob sie später überhaupt einen Zuschlag erhalten. In dem Entwurf wird sogar eine gültige Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutz-Gesetz von den Bewerbern eingefordert. Außerdem sollen die Investoren eine Sicherheit für ihr Gebot hinterlegen: 30 € je Kilowatt geplanter Anlagenleistung. Die damit verbundenen Ausgaben können sich somit beispielsweise für einen Windpark mit sechs 3-Megawatt-Anlagen auf 600000 bis 700000 € belaufen.


Kleininvestoren im Nachteil:

In der Branche geht daher die Sorge um, Bürger und Landwirte würden diese Hürden kaum nehmen können. Das finanzielle Risiko sei zu hoch. Stattdessen spiele Gabriel mit seinen Plänen Großinvestoren in die Hände. „Diese verfügen über ein größeres Finanzpolster als der Normalbürger, können Verluste durch eine verlorene Ausschreibung mit den Gewinnen aus anderen Projekten verrechnen und profitieren oft von günstigeren Konditionen beim Einkauf der Anlagen, weil sie diese in der Regel in größerer Stückzahl ordern“, sagt Walter Eggersglüß von der Landwirtschaftskammer in Schleswig-Holstein. Der Windkraftexperte kennt die Szene schon seit Jahrzehnten und betreut Landwirte bei der Planung und dem Betrieb von Windkraftanlagen.


Die Kritik ist Gabriel nicht fremd und immerhin ist er einen Schritt auf die Kleininvestoren zugegangen und hat Ausnahmen für die sogenannten Bürgerprojekte in seinen Entwurf geschrieben. Danach benötigen die Bürgerwindparks für die Teilnahme an den Ausschreibungen keine aufwändige Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutz-Gesetz, sondern lediglich ein Windgutachten. Als Sicherheit müssen sie außerdem anstatt der 30 € lediglich 15 € je Kilowatt Anlagenleistung bei der Bundesnetzagentur hinterlegen.


Besänftigen konnte Gabriel seine Kritiker damit aber nicht. Sie verweisen beispielsweise darauf, dass die Ausgaben im Vorfeld einer Ausschreibung trotz der Lockerungen immer noch bis zu fünfstellige Beträge erreichen können. Erschwerend kommt hinzu, dass der SPD-Chef nur Gesellschaften als Bürgerwindprojekt anerkennt, wenn:


  • diese aus mind. 10 Personen bestehen,
  • jedes Mitglied nur einen Anteil von höchstens 10% der Stimmrechte ausübt,
  • mind. 51% der Stimmrechte bei Mitgliedern der Gesellschaft liegen,
  • die Gesamtleistung des Windparks sechs Anlagen mit max. 18 MW nicht überschreitet und
  • die Beteiligten nicht an einer Ausschreibung für einen anderen Standort innerhalb der vergangenen zwölf Monate teilgenommen haben.


Geringe Margen:

Wer diese Voraussetzungen erfüllt und das Risiko nicht scheut, steht anschließend vor der nächsten Hürde: Durch die Deckelung der Vergütung und dem zu erwartenden harten Wettbewerb im Ausschreibungsmodell werden die künftigen Investoren ihre Kosten noch kritischer als bislang auf den Prüfstand stellen müssen.


Wie eng die Regierung den Gürtel für die Windkraftbranche schnallt, verdeutlichen auch Berechnungen von Eggersglüß. Er hat die Überschüsse für eine typische Anlage aus der Praxis an einem durchschnittlichen Windstandort (100-%-Standort) und einem eher windschwächeren (80-%-Standort) kalkuliert. Setzt man die maximal zulässige Vergütung an, lassen sich jeweils rund 50000 Euro Überschuss pro Jahr erzielen. Wer allerdings mit der Maximalvergütung in den Wettbewerb einsteigt, dürfte kaum einen Zuschlag erhalten. Sinkt die Vergütung hingegen auch nur um einen halben Cent, tendiert der Überschuss am durchschnittlichen Standort gegen Null, am schlechteren halbiert er sich.


Asmus Thomsen von der Volks- und Raiffeisenbank in Niebüll sieht allerdings noch Spielraum bei den Kosten – vor allem für die Bürgerwindparks. Der Leiter des Geschäftsfeldes Erneuerbare Energien hat in den vergangenen Jahren beobachtet, dass Bürgerprojekte oft bei den sogenannten „weichen Kosten“ punkten können. Dazu zählen zum Beispiel die Ausgaben für die Planung, den Betrieb, für die kaufmännische Geschäftsführung oder die Pachten. Sein Fazit: „Für Bürgerwindprojekte wird es schwieriger, chancenlos sind sie nicht“, so seine Prognose.


Kaum Änderungen für Solar:

Die wenigsten Änderungen muss die Solarbranche befürchten, sofern es der Entwurf ungebremst durch Bundestag und Bundesrat schaffen sollte. Anders als im ersten inoffiziellen Entwurf hat Gabriel die Grenze, ab der Investoren an der Ausschreibung teilnehmen müssen, sogar von 100 Kilowatt auf 1 Megawatt angehoben. Wer eine kleinere Anlage (weniger als 1 MW) bauen will, könnte dann nach wie vor mit einer festen Einspeisevergütung rechnen, deren Höhe sich an den aktuell gültigen Sätzen orientieren soll.


Der Solarexperte der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen, Elmar Brügger, macht allerdings darauf aufmerksam, dass derzeit nur wenige Anlagen gebaut werden, weil sich eine Investition oft kaum auszahlt. Rentabel lässt sich eine Anlage nur betreiben, wenn möglichst viel Solarstrom selber verbraucht wird, um damit teuren Steckdosenstrom zu ersetzen. Die meisten Tierhalter haben zwar einen hohen Strombedarf. Es gibt aber eine Vorschrift im aktuellen Gesetz, die für Landwirte, deren Betrieb steuerlich aus mehreren Gesellschaften besteht, zum Fallstrick wird: Wer Strom erzeugt und diesen an Dritte liefert, muss demnach die volle EEG-Umlage in Höhe von 6,345 Cent je erzeugte Kilowattstunde an seinen Übertragungsnetzbetreiber zahlen.


Landwirte, die Solarstrom erzeugen und diesen bspw. an ihre GBR liefern und dort verbrauchen, müssen daher die Umlage einkalkulieren, wodurch der Eigenverbrauch oft unrentabel wird. „Wer den Bau neuer Anlagen wieder ankurbeln will, muss diese strenge Vorschrift abschaffen“, so Brügger.


Diethard Rolink

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