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Flex-Betrieb: Was Ihr BHKW können muss

Lesezeit: 5 Minuten

Starke Laständerungen im Regelenergie-Betrieb können bei vielen BHKW zu schweren Schäden führen. Wie Sie diese verhindern können, verrät Michael Wentzke von der IG Biogasmotoren.


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Blockheizkraftwerke (BHKW) gel-ten auch heute noch als das störungsanfälligste Bauteil in der gesamten Biogasanlage. „Die Motoren haben ja schon genug Probleme mit dem Volllastbetrieb. Und jetzt sollen sie im Rahmen der Direktvermark-tung auch noch flexibel betrieben werden mit schnellen Laständerungen – das geht nicht mit jedem BHKW“, warnt Michael Wentzke, Geschäftsführer der IG Biogasmotoren (www.ig-biogasmotoren.de). Er kennt schon Fälle, bei denen rund 50 Lastwechsel innerhalb von drei Tagen mit einem Kolbenfresser und damit mit einem Totalschaden endeten. Darum müssten Hersteller und Betreiber vor dem Einstieg in die Flexibilisierung abklären, was das BHKW überhaupt leisten kann und welche Dienstleistung damit möglich ist, fordert Wentzke.


Ursache der Probleme bei den BHKW ist seiner Beobachtung nach die Gemischbildung. Meist sind die Motoren auf einen bestimmten Methangehalt optimiert, z.B. 52%. „Aber der Gehalt kann schon innerhalb weniger Tage ständig zwischen 50 und 60% schwanken, sodass das Gasgemisch zu mager oder zu fett sein kann“, berichtet er. Die Biogas-BHKW können darauf – anders als Fahrzeugmotoren – nicht ausreichend schnell reagieren.


Im Fahrzeug regelt das die Einspritzanlage, die das Messsignal der Lambda-Sonde auswertet. Das sorgt dafür, dass das Gemisch von Luft und Kraftstoff im Brennraum konstant ist. Beim Biogas kommt erschwerend dazu, dass das Gas neben dem brennbaren Methan auch rund 45% Kohlendioxid enthält, das als „Löschgas“ wirkt und die Verbrennung hemmt. Zur Zündung des Gemisches benötigt man also Zündkerzen mit 30000 Volt, während im Fahrzeug 12000 Volt ausreichen. „Bei den ständigen Schwankungen der Gasqualität verschleißen diese Kerzen gerade bei zu magerem Gemisch sehr schnell und halten nur wenige Hundert Betriebsstunden statt 3000 bis 4000, wie es normal wäre“, merkt der Motorenexperte an. Bei zu fettem Gemisch (also mit erhöhtem Methangehalt) kommt es dagegen zu Überhitzung im Brenn-raum.


Wenn dann zu dieser mangelhaften Gemischbildung mehrere Laständerun-gen innerhalb weniger Tage kommen, kann es zum „Klopfen“ und damit zur Überlastung im Zylinder kommen. Die Folge ist ein Kolbenfresser, wie aktuelle Beispiele zeigen.


BHKW anpassen:

Generell rät Wentzke davon ab, Regelenergie anzubieten. Bei dieser Dienstleistung müssen die Motoren innerhalb von fünf Minuten (bei der Sekundärregelleistung) hoch- oder herunterfahren. Besser geeignet wäre ein Fahrplanbetrieb, bei dem das BHKW wenigstens mehrere Stunden am Tag mit gleicher Last läuft.


Um mit mehreren Starts am Tag zurecht zukommen, muss das BHKW aufgerüstet werden. Dazu zählt Wentzke:


  • Angepasste Kurbelwellen-Hauptlager, denn sie werden bei häufigen Starts stärker belastet.
  • Vorschmierung mit einem Öldruck von ca. 1 bar, um Trockenreibung und damit hohen Lagerverschleiß zu vermeiden.
  • Vorwärmung von Kühlwasser und Schmieröl.
  • Einbau von elektronischen Thermostaten statt der günstigeren mechanischen Modelle; die elektronischen regeln den Temperaturhaushalt des Motors genauer.
  • Sicheres Startverhalten mit ausreichend hoher Anlassdrehzahl; bei Bedarf kann ein Netzstartgerät helfen.
  • Abkühlung des Abgases im Abgaswärmetauscher nicht unter 180 °C; ansonsten kann es zur Kondensation und Säurebildung im Abgasstrang kommen.
  • Die Hersteller sollten Motorsteuerungen mit dynamisch geregelter Gemischbildung entwickeln. Damit könnten sich laut Wentzke viele Probleme lösen lassen, wenn das Biogas nicht mehr mit sehr schwankendem Methangehalt im Brennraum ankommt. Auf dem Markt gibt es seiner Beobachtung nach zwei bis drei Erfolg versprechende Lösungen.
  • Ein Wärmepufferspeicher ist notwendig, um Wärmekunden unabhängig von der Laufzeit des BHKW bedienen zu können. Die Wärme kann aber auch dazu dienen, den Motor vorzuwärmen. Das ist günstiger als eine elektrische Vorwärmung, die den Eigenstrombedarf erhöht.


Zusätzlich sollten alle Baugruppen regelmäßig gewartet und bei Bedarf gesäubert werden, z.B. den Wärmetauscher alle ein bis zwei Jahre. Auch sollten außen liegende Notkühler, Filter usw. regelmäßig gereinigt werden, damit sie einwandfrei funktionieren.


Passende Wartungsverträge:

Wichtig sind auch Wartungsverträge der Hersteller speziell für den Flex-Betrieb. „Aber bislang haben die Hersteller dazu keine Lösung oder sie bieten den Volllastvertrag an, was für den Betreiber zu teuer ist“, berichtet der Motor-Experte. Eine gute Wartung durch qualifiziertes Fachpersonal sieht er auf jeden Fall als Lebensversicherung gegen Schäden: „Das weiß die Windenergiebranche seit zehn Jahren. Nur beim Biogas hat sich das noch nicht durchgesetzt.“


Generell haben seiner Meinung nach Anlagen mit mehreren Motoren Vorteile, weil man bei Lastveränderung die einzelnen Maschinen ganz an- oder ausschalten kann, anstatt einen einzelnen Motor in Teillast laufen zu lassen.


Aber auch der Betreiber muss seine Wartungspläne anpassen. Wenn der Motor statt 8000 Stunden im Jahr nur noch 2000 läuft, verlängern sich einige Wartungsintervalle, andere jedoch nicht. „Regelmäßige Ölanalysen im Labor, Filterüberwachung nicht nur bei Pollenflug im Frühjahr usw., sollten turnusgemäß eingehalten werden“, rät Wentzke.


Vorbeugende Instandsetzung hilft auch, den Wirkungsgrad zu optimieren. „Wenn man Laufbuchsen, Zylinderköpfe und Kolbenringe nach ca. 30000 Stunden überholt, dann ist der Wirkungsgrad fast wieder wie bei einer neuen Maschine“, betont er.


Für die Planung rund um die Flexibilisierung empfiehlt er Betreibern, sich mit einem unabhängigen, technischen Fachplaner zusammenzusetzen und alle wichtigen Punkte genau abzuklären: angefangen von der Dimensionierung der Leitungen über die Anpassung von Vorwärmung und Entschwefelung des Biogases bis zur Einbindung eines Wärmepufferspeichers. Sonst drohe bei der bedarfsgerechten Stromerzeugung schnell „Crash statt Cash“!


Hinrich Neumann

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