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Flexibilisierung: Größe ist nicht alles

Lesezeit: 7 Minuten

Beim Einstieg in die bedarfsgerechte Stromerzeugung müssen Landwirte entscheiden, wie viel Mehrleistung sie installieren wollen. Wir zeigen, wie sich welche Optionen rechnen.


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Flex-Prämie, Stromerlöse und Entgelte für Regelleistung: Betreibern von Biogasanlagen winkt eine Reihe von Mehrerlösen, wenn sie in die flexible Stromproduktion einsteigen. Allerdings stehen den Erlösen auch etliche Kosten gegenüber. Welche, hängt vom Grad der Flexibilisierung ab. Welche Optionen es dabei gibt, erklären wir im Folgenden anhand einer Musterkalkulation.


Für das Beispiel haben wir eine Biogasanlage mit 500 kW Bemessungsleistung aus dem EEG 2009 mit 500 kW-BHKW im Dauerbetrieb gewählt. Die Auslastung liegt demnach bei 100%. Dies ist in der Praxis nicht möglich, vereinfacht jedoch die Rechnung, ohne das Ergebnis zu verfälschen.


Drei Optionen:

Der Betreiber hat folgende Optionen:


  • Einfache Überbauung, also Verdopplung der installierten Leistung um 500 auf 1000 kW (Option „Flex 1.0“),
  • Zweifache Überbauung, also Verdreifachung der installierten Leistung um 1000 auf 1500 kW (Option „Flex 2.0“),
  • Vierfache Überbauung, also Verfünffachung der installierten Leistung um 2000 kW auf 2500 kW (Option „Flex 4.0“). In unserem Beispiel beträgt der gewählte Überbauungsgrad das 4,94-Fache der Ursprungsanlage bezogen auf die produzierte Leistung. Ab der fünffachen Überbauung wird die Flex-Prämie laut EEG gestrichen (siehe Kasten). Bezogen auf die eingespeiste Leistung (500 kW) ist sogar die Grenze von 20% erreicht. Daher ist die Variante 4.0 am Limit. Die Optionen sind auch noch einmal in Übersicht 1 aufgeführt.


Darauf müssen Sie achten:

Jede Anlage muss bei der Überbauung eine Reihe von Bedingungen einhalten:


  • Die jährliche Höchstbemessungsleistung darf nicht überschritten werden, weil der Betreiber für die zu viel produzierte Strommenge nur den Markterlös (ca. 2 bis 4 ct/kWh) als Vergütung erhält. Wer im Winter genug Wärme liefern will, sollte Reserven haben, um nicht zu viel Strom zu produzieren.
  • Die Gasspeicherung sollte auf die gewünschte Betriebsweise abgestimmt werden. Hier sind auch Reserven für Produktions- und Druckschwankungen (Außentemperatur, Witterung) einzuplanen.
  • Die Zahl der Startvorgänge sollte realistisch sein. Nicht jeder automatische Start gelingt.
  • Der Grad der Überbauung richtet sich auch nach der vorhandenen Technik wie Trafo, Umfang des Gaslagerraumes, usw. und dem Risikogefühl des Betreibers. So könnte es sein, dass ab einer bestimmten installierten Leistung ein neuer Trafo nötig wird und damit die Kosten übermäßig steigen.


In Übersicht 2 ist dargestellt, wie die Strom- und Gasproduktion bei der Option „Flex 2.0“ in einer Woche im 1. Quartal des Jahres aussehen würde. In diesem Beispiel produzieren die BHKW am Wochenende wenig Strom (die rechten zwei Säulen sind sehr schmal), weshalb sich der Gasspeicher stark füllt. Um diese Menge am Montag und Dienstag abzufahren, produziert auch das Alt-BHKW zusätzlich für 1,5 Tage. Würde der Betreiber am Wochenende weniger füttern, könnte er die Gasproduktion drosseln, womit sich der Gasspeicher nicht so stark füllen würde.


In Übersicht 3 haben wir die Investitionen aufgeführt, die bei den einzelnen Optionen anfallen. Die Investitionssummen unterscheiden sich erheblich. Entscheidend ist unterm Strich die spezifische Investitionssumme je kW installierter Leistung. Bei Variante 2.0 sinkt diese im Vergleich zu Variante 1.0 ab, hier würde der Betreiber von Skaleneffekten profitieren. Variante 4.0 wird hingegen wieder leicht teurer. Dies liegt vor allem an dem deutlich höheren Aufwand für den Wärmepufferspeicher und die Gaslagerung, die eine Produktionsabsenkung zum Wochenende ermöglichen sollen. In diesem Fall haben wir auf eine Gasreinigung verzichtet, da der Betreiber das Gas hier erst entschwefelt und gereinigt im „Saubergasspeicher“ lagert.


Die Wirtschaftlichkeit:

Übersicht 4 zeigt die Wirtschaftlichkeit der drei Optionen. Auf der Erlösseite („Leistungen“) macht die Flex-Prämie bei allen drei Optionen den größten Block aus (zur Berechnung und weiteren Infos siehe Kasten). Weitere Einkünfte ergeben sich über den Stromverkauf. Mehrerlöse sind möglich, wenn der Strompreis zu bestimmten Zeiten höher liegt als der Monatsmittelwert. Diese Differenz wird als „Spread“ bezeichnet. Die Kurven in Übersicht 4 zeigen, welche Mehrerlöse in den vergangenen Jahren möglich waren. Aufgeführt sind die jeweils besten 4, 8, 12, 16 oder 20 Stunden eines Tages, die zwischen 0,5 und 2,7 ct/kWh Mehrerlös bringen können.


In unserem Beispiel sind wir davon ausgegangen, dass der Erzeuger 60% der Mehrerlöse erhält, 40% bekommt der Direktvermarkter für seine Dienstleistung. Wir haben dabei Mehrerlöse zwischen 0,10 bis 0,60 ct/kWh entsprechend den hinterlegten Fahrplänen angenommen. In Variante 1.0 ist dabei im Wesentlichen der Ersatz des vorhandenen BHKW ohne engagierten Fahrplan geplant. Die Mehrerlösmöglichkeiten sind in Übersicht 5 in der Zeile „Spread“ aufgeführt.


Weniger Rohstoffe:

Die nächste Zeile zeigt die eingesparten Kosten für die Rohstoffe. Die Einsparung ergibt sich allein über den höheren elektrischen Wirkungsgrad, den die jeweiligen Flex-BHKW gegenüber dem Alt-BHKW bieten. Da bei der Option „Flex 4.0“ der Wirkungsgrad bei 42% am höchsten ist, sind hier auch die größten Substrateinsparungen möglich.


Zusätzlich sind die Möglichkeiten der Regelenergie interessant. Hier unterscheidet man in positive Regelenergie, bei der der Direktvermarkter kurzfristig BHKW-Leistung anfordert, und negative Regelenergie, bei der der Direktvermarkter die BHKW-Leistung abregelt. Regelenergieerlöse sind in den letzten Jahren stark verfallen (insbesondere die der negativen Regelenergie). Im Rahmen der Beispiele haben wir einen Preis von rund 25000 €/Jahr und MW (positiv) mit 95%iger Verfügbarkeit und 60% Erzeugeranteil für die Nebenzeit (NT) angenommen. Beim Hochtarif (HT) haben wir Einkünfte von 12500 € einkalkuliert.


Wärmeerlös mit KWK-Bonus:

Weitere Einkünfte sind hier über den Wärmeverkauf eingerechnet. Dabei sind wir von einer Wärmeabgabe von 1,5 Mio. kWh ausgegangen. Da die Anlage unter das EEG 2009 fällt, erhält sie noch den KWK-Bonus in Höhe von 3 ct/kWh. Der Flexibilisierung können aber nur die Mehrerlöse zugerechnet werden, die sich aus der Veränderung der Stromkennzahl gegenüber dem Standard-BHKW ergeben.


Betrachten wir zunächst die Mehrleistungen insgesamt, so fällt auf, dass auch hier die Variante 2.0 fast doppelt so gut wie 1.0 abschneidet (1,88-fach), hingegen Variante 4.0 nur 1,71-fach besser ist als 2.0 trotz höherer Substrateinsparung und höheren Markterlösen. Der Grund liegt in der geringeren Flexibilitätsprämie, die trotz vierfacher Überbauung nur 2,77-fach höher ist als in Variante 1. Das liegt daran, dass die Flex-Prämie nicht linear ansteigt, sondern der Anstieg bei höherer Leistung flacher verläuft.


Vemiedene Investitionen:

Bei den Kosten haben wir zunächst die festen Kosten aufgeführt, die sich bei zehnjähriger Nutzung und einem Zins-satz von 2% aus den Investitionskos-ten der Übersicht 1 ergeben. Außerdem haben wir vermiedene Ersatzkosten eingerechnet. Diese hätte der Betrei-ber ohne das Flex-BHKW gehabt, weil er für sein Alt-BHKW noch einmal ein Ersatz-BHKW hätte anschaffen müssen.


Die eingesparten Ersatzinvestitionen haben wir in diesem Beispiel willkürlich in Höhe von 50% der Anschaffungskosten des Flex-BHKW mit 500 kW angenommen. Die Substrateinsparungen haben wir entsprechend den veränderten Wirkungsgraden auf Basis von 45 ct/m3 Methan ermittelt. Beide Positionen muss jeder Betreiber für seine Anlage individuell berechnen.


Bei den Kosten für Reparatur, Wartung und Unterhalt (RWU) ergeben sich bei Variante 2.0 und 4.0 jeweils Gutschriften.


Denn die RWU-Kosten sinken, weil die Wartungskosten der größeren BHKW bezogen auf die Kilowattstunde Strom sinken. Trotzdem kann Variante 4.0 trotz degressiver Wartungskosten unterm Strich nicht mit den anderen Varianten mitziehen.


Variante 2 gewinnt:

Als Ergebnis dieser Berechnung zeigt die Variante „Flex 2.0“ den höchsten Gewinn, während die Varianten 1.0 und 4.0 Mühe haben, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erreichen. Erst, wenn man den kalkulierten Restwert des Flex-BHKW einrechnet („Gewinn mit Chance“), kann die Variante 4.0 im absoluten Ergebnis fast gleichziehen mit Variante 2.0. Dieser Restwert ist bei Variante 4.0 am höchsten, weil das BHKW nach Ablauf der zehn Jahre deutlich weniger Betriebsstunden aufweist als die BHKW der anderen Varianten. Abgestimmt auf die Investitionshöhe ist aber die Gesamtkapitalrentabilität der Variante 2.0 deutlich höher als bei den anderen beiden Varianten.


Auch wenn man verschiedene Positionen verändert wie Investitionskosten, Wirkungsgrad des bestehenden BHKW und Substratkosten (Übersicht 6), schneidet die Variante 2.0 wegen ihrer hohen Stabilität am besten ab.


Fazit: Eine hohe Überbauung bringt zwar ein Maximum an Flex-Prämie ein, doch ist der Gewinn gegenüber einer mittleren Überbauung deutlich niedriger. Darum gilt bei der Flexibilisierung: Größe ist nicht alles!

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