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Geben Sie Heuschrecken keine Chance!

Lesezeit: 9 Minuten

Wie Sie ein Projekt gut umsetzen können, zeigen die Erfahrungen von erfolg­reichen Parks aus drei Bundesländern.


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Was können Landwirte tun, wenn die „Herren im schwarzen Anzug“ klingeln und mit fünfstelligen Pachten je Anlage locken? Der einhellige Rat von erfahrenen Bürgerwindparkbetreibern lautet: Auf keinen Fall einen Vertrag ohne Prüfung unterschreiben! Stattdessen haben sich folgende Schritte als vielversprechend herausgestellt:


  • Gemeinsam handeln,
  • Kommune einbinden,
  • Planungs- und Entscheidungshoheit behalten,
  • Pachtsumme fair verteilen,
  • Bürger richtig beteiligen,
  • optimale Rendite anstreben.


1. Gemeinsam handeln


Immer wieder versuchen einige Pro­jektierer, Flächenbesitzer gegeneinander auszuspielen. Genau in dieser Phase wird die Basis für einen erfolgreichen Bürgerwindpark gelegt. Wichtig ist, dass die Grundstückseigentümer sich nicht ausbooten lassen. Je nach Region gibt es dafür unterschiedliche Methoden:


In Schleswig-Holstein liegt die Federführung bei der Kommune. „Die Gemeinde Löwenstedt hatte im Jahr 2009 zur Einwohnerversammlung eingeladen, Vorverträge mit den Grundstückseigentümern abgeschlossen und zusammen mit den Einwohnern früh über Anlagemöglichkeiten informiert“, berichtet Astrid Jensen, eine der Geschäftsführerin des Bürgerwindparks Löwenstedt.


Später übergibt die Gemeinde die Verträge an die Betreibergesellschaft, meist eine GmbH & Co. KG. Bis zur Firmengründung hat die Gemeinde die Verträge in der Hand. „Das bietet auch für die Anwohner Sicherheit“, urteilt Oke Carstensen vom Bürgerwindpark-Planungsbüro WEB Andresen aus Breklum. Denn sollte sich die Betreibergesellschaft nicht an die Vereinbarungen wie z. B. den Mühlentyp halten, kann die Gemeinde es ablehnen, die Verträge an die Betreibergesellschaft abzugeben.


Im Raum Diepholz (Niedersachsen) übernimmt dagegen der Kreislandvolkverband die Planung. Die Landwirte schließen mit der Tochtergesellschaft des Landvolkverbandes Verträge ab. „Wir bekommen häufig Verträge zur Prüfung vorgelegt, die unsere Landwirte von Projektierern erhalten haben. Dann informieren wir die Landwirte, dass sie auch gemeinsam handeln können“, erläutert Algrid Hagen-Gerdes, Windenergie-Expertin bei der Landvolk Betriebs GmbH.


In Westfalen dagegen gründen die Grundstückseigentümer in einem Windvorranggebiet in der Regel eine Entwicklungs GbR. Allein in den letzten knapp zwei Jahren sind nahezu 60 GbRs entstanden. Darin schließen sich Landbesitzer und direkte Anwohner zusammen und verpflichten sich, nicht mit externen Projektierern zusammenzuarbeiten. Wird der Park gebaut, geht die GbR in die Betreibergesellschaft über.


2. Die Kommune ­einbinden


In vielen Regionen schließen die Planer ohne rechtliche Grundlage Verträge mit den Landwirten ab. Insider werten das als Zeichen dafür, dass die Flächenakquise für externe Firmen immer schwieriger wird. Aber auch für Landwirte ist das nicht ohne Risiko. „Wenn die Planung weder auf dem Regionalen Raumordnungsplan noch auf der kommunalen Bauleitplanung beruhen, ist sie rechtlich nicht zu halten“, teilt der Landkreis Emsland als zuständige Genehmigungsbehörde für die Umsetzung von Windparks in der Region auf top agrar-Anfrage mit.


Auch bei Flächen, die zukünftig z. B. durch eine Überarbeitung der Planungsgrundlagen in Frage kommen könnten, rät die Kommune den Grundstückseigentümern zur Vorsicht.


Der Landkreis Steinfurt (Nordrhein-Westfalen) hat nicht nur Leitlinien für Bürgerwindparks entwickelt (siehe Kasten), sondern auch einen Wind-Masterplan erstellt. Danach gibt es 2 000 ha als potenzielle Flächen, bei denen es genügend Abstand zur Wohnbebauung und keine Einwände zum Artenschutz gibt. Im zweiten Schritt werden die Eigentümer dieser Flächen informiert und eine regionale Entwicklungs GbR gegründet.


Auch in Schleswig-Holstein läuft ohne die Landkreise nichts. Die Kommunen melden Windvorrangflächen an das Land, auf denen ohne Konflikte mit der Bevölkerung Windparks errichtet werden können. Das Land bearbeitet die Anträge und gibt dann den Landkreisen die endgültige Gebietskulisse vor.


Wird die Gemeinde dagegen nicht eingebunden, können auch bei den politischen Vertretern Zweifel entstehen. „Man wird als Gemeindevertreter von Bürgern gefragt, wie z. B. 150 m hohe Anlagen auf das Dorf wirken. Das muss man als Lokalpolitiker auch erklären können“, berichtet Reimer Detjens, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Grevenkop (Landkreis Steinburg, Schleswig-Holstein). In der Gemeinde soll ein bestehender Bürgerwindpark repowert, also alte Anlagen gegen neue und höhere ausgetauscht werden. „Als wir nach der Besichtigung eines anderen Parks sicher waren, dass es keine negativen Effekte gibt, konnten wir das Projekt auch guten Gewissens in unserer Gemeinde vertreten“, fasst Detjens zusammen.


3. Planungshoheit behalten


Externe Projektierer haben großes Interesse an der Entwicklung und dem späteren Verkauf von Windparks, weil sie hohe Gewinne schon während der Planung einstreichen. Das Geld kann jedoch in der Region bleiben, wenn Bürger und Bauern die Planungshoheit behalten. „Das Mindeste, was die Landwirte tun sollten, ist sich zusammenzuschließen und mit einem Projektierer über die Vertragskonditionen zu verhandeln“, rät Landvolk-Justitiar Harald Wedemeyer aus Hannover. Für den besseren Weg hält er es jedoch, wenn auch die Gewinne aus Planung und Betrieb vor Ort bleiben.


Dabei müssen die Landwirte nicht selbst zu Planern werden. Der Kreislandvolkverband Diepholz beauftragt dazu beispielsweise ein Planungsbüro als Dienstleister.


Noch einen Schritt weiter geht der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV), der zur Planung von Windparks die BBWind gegründet hat. Die BBWind ist eine Beratungs- und Dienstleistungsgesellschaft, die bäuerliche Bürgerwindparks entwickelt. Bei der BBWind arbeiten neben Mitarbeitern des WLV auch Windpark-erfahrende Landwirte und Geschäftsführer bestehender Windparks mit. „Die BBWind übernimmt die Aufgaben, die sonst ein externer Projektierer durchführt“, fasst Jörg Tiemann (Windpark Hollich) zusammen, der ebenfalls mit an Bord ist.


Bei echten Bürgerwindparks bleibt die Geschäftsführung in der Hand der Anleger. „Es gibt auch Modelle, bei denen externe Projektierer die Geschäftsführung übernehmen. Aber dabei fließt wieder Geld aus der Region heraus“, nennt Wedemeyer einen Nachteil.


Gleichwohl gibt es Sicherheit, wenn erfahrene Personen in die Geschäftsführung einsteigen, wie z. B. beim Windpark Löwenstedt: „Wir wussten gar nicht, auf was wir in der Geschäftsführung alles achten und in welchen Schritten wir vorgehen mussten“, berichtet Astrid Jensen.


4. Faire Pachtverträge


Ein großer Streitpunkt bei jedem Windpark sind die Pachtflächen. Auch bei echten Bürgerwindparks bekommen die Landwirte als Grundstückseigentümer eine Pacht für die Fläche sowie eine Entschädigung für den Standort der Windmühle. Doch anders als bei den Windparks externer Investoren werden hierbei möglichst viele Flächenbesitzer einbezogen, um Neid zu vermeiden.


Im Windpark Löwenstedt erhalten die Grundstückseigentümer insgesamt 4 % der Stromeinnahmen als Pacht. 15 % davon erhalten die Landwirte, auf deren Grundstück ein Windrad steht. 85 % der Summe dagegen wird auf die gesamte Fläche verteilt und je nach Hektar ausgezahlt. Dabei haben die Planer einen großzügigen Radius um die Windvorrangfläche gelegt, um möglichst viele Landwirte einzubeziehen. „Die Höhe der Pacht ist auch nicht so entscheidend für die Landwirte, da sie sich ja auch finanziell an dem Windpark beteiligen und Einnahmen über die Ausschüttungen erhalten“, sagt Carstensen.


„Bei uns handeln die Landwirte untereinander aus, wie die Pachtsumme verteilt wird“, berichtet Albert Magens, Geschäftsführer des Windparks Grevenkop. Es gibt eine feste Summe für jeden Standort eines Windrades sowie einen festen Betrag je Meter Wegfläche. Der Rest wird auf die Fläche verteilt.


Beim Windpark Hollich werden auch die direkten Anwohner einbezogen. „Sie sind oder fühlen sich möglichweise betroffen und bekommen so auch einen Teil der Pachtsumme“, erklärt Geschäftsführer Jörg Tiemann.


5. Bürger richtig ­beteiligen


„Die Beteiligung muss fair sein. Die Bürger sagen sich: Wenn ich ohnehin jeden Tag auf die Windräder schauen muss, dann will ich auch etwas davon haben“, lautet die Erfahrung von Oke Carstensen (WEB).


Er kennt ein Negativbeispiel: Bei einem Repoweringprojekt sollten ältere Windräder durch größere, neue ersetzt werden. Eine kleine Gruppe Altanlagenbetreiber beanspruchte die Hälfte der neuen Windräder, am Rest sollten sich 500 Einwohner des Dorfes beteiligen. Die Bürger fühlen sich über den Tisch gezogen, es gibt massive Proteste.


Anders läuft es dagegen im Windpark Löwenstedt. „Wir haben hier eine Mindestbeteiligung für alle Bürger, die zu einem Stichtag in der Gemeinde gewohnt haben und 18 Jahre alt sind“, schildert Mitgeschäftsführer Jan Peter Thoröe das Modell.


Die Mindestbeteiligung liegt bei 5 000 €. Dieser Betrag ist so gewählt, dass einerseits möglichst viele Bürger mit einsteigen können. „Andererseits informiert man sich bei 5 000 € auch ernsthaft, wofür man das Geld ausgibt. Die Bürger sollen wissen, dass das eine Unternehmensbeteiligung und kein Sparbuch ist“, merkt Thoröe an.


Aber nicht nur die finan­zielle Beteiligung ist bei einem erfolgreichen Bürgerwindpark entscheidend. „Die Akzeptanz ist am größten, wenn die Bürger des Dorfes an allen Entscheidungen, die den Windpark betreffen, auch mitbestimmen können“, weiß Uwe Stahl, Landwirt und Ex-Bürgermeister der Gemeinde Grevenkop, der im Jahr 1995 einen der ersten Bürgerwindparks in Schleswig-Holsteins Binnenland mit geplant hat.


6. Hohe Rendite ­anstreben


Hohe Planungskosten und Margen beim Verkauf eines Windparks können hohe Kosten verursachen, die die Rentabilität des Parks über seine gesamte Laufzeit verschlechtert. „Wir haben hier so einen Park in der Nachbarschaft, der auch weiterverkauft wurde. Wegen der fehlenden Gewinne hat die Gemeinde noch keinen Cent Gewerbesteuer gesehen, obwohl es offiziell ein Bürgerwindpark ist“, berichtet Albert Magens, Geschäftsführer des Windparks Grevenkop.


Gut geplante Bürgerwindparks zeichnen sich durch geringe Planungskosten aus. „Wir haben pro Kilowatt.stunde Jahresleistung unter 60 Cent investiert. Es gibt jedoch Fondsgesellschaften, die haben 80 oder 85 Cent/kWh an Kosten gehabt“, bestätigt Jörg Tiemann vom Windpark Hollich. Bei so hohen Kosten bleiben die Ausschüttungen niedrig oder in schwachen Windjahren sogar ganz aus.


Kosten kann man auch senken, wenn die Anlagen günstig gekauft werden. Bleibt der Park in der Hand einer Bürger-Betreibergesellschaft, profitieren die Anleger vor Ort von niedrigen Einkaufspreisen – und nicht der Wiederverkäufer.


„Wir sind dafür an der landesweiten Einkaufsgemeinschaft SH Wind GmbH beteiligt, mit der mehrere Windparks zusammen eine große Zahl Windräder kaufen wollen“, berichtet Albert Magens (Grevenkop).


Mit dieser Gesellschaft sollen günstige Einkaufskonditionen, aber auch der Service der Anlagen ausgehandelt werden.


Hinrich Neumann

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