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Holzasche: Vom Abfall zum Wertstoff

Lesezeit: 7 Minuten

Es gibt neue Ideen, wie man Verbrennungsreste aus dem Holzheizwerk stofflich nutzen kann, z.B. in der Landwirtschaft, beim Straßenbau oder in der Industrie.


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Holzheizkessel liefern im Winter günstig Wärme, z.B. im Haus, in öffentlichen Gebäuden oder für Nahwärmenetze. Doch der Brennstoff hinterlässt als Rückstand auch Asche. Allein 118000 t davon fallen jährlich in bayerischen Holzheizwerken an, zeigen Statistiken.


Entsorgung auf der Deponie


Wie eine Umfrage des Technologie- und Förderzentrums (TFZ) unter 114 Anlagenbetreibern ergab, entsorgen viele Heizwerke die Asche heute auf Deponien. Dabei nennen Praktiker Entsorgungskosten von 100 bis 300 €/t. „Viel sinnvoller ist es aber, die Asche als Wertstoff zu betrachten und beispielsweise als Düngemittel in der Landwirtschaft, zur Kalkung im Forst oder zur Betonherstellung zu verwenden“, sagt Dr. Rainer Schrägle von der Bundesgütegemeinschaft Holzasche. Dazu könnten Inhaltsstoffe wie basisch wirksame Bestandteile, Kalium oder Phosphor beitragen, die in der Holzasche vorkommen.


Um das gesamte Potenzial der Ascheverwertung zu erschließen, hat das Netzwerk „Stoffliche Holz- und Pflanzenaschenverwertung (SAV)“ des Bundesverbands Bioenergie (BBE) nach innovativen und wirtschaftlichen Lösungen gesucht. „Innerhalb des Netzwerks haben wir untersucht, wie sich zum Beispiel der Chrom(VI)-Gehalt über die Zugabe von Reduktionsmitteln in der Asche zuverlässig und dauerhaft reduzieren lässt“, erklärt Netzwerkmanagerin Yvonne Bosch vom BBE. Auch alternative Verwertungen wie der Einsatz zur Bodenstabilisierung im Straßenbau oder die Verwendung bei der Betonherstellung haben die Netzwerkpartner untersucht. Dafür könnte Asche infrage kommen, die nicht als Düngemittel nach dem RAL-Gütezeichen „Dünger“ zertifiziert werden kann.


Asche ist nicht gleich Asche


Wie die Bundesgütegemeinschaft Holzasche (BGH) im Laufe der letzten zehn Jahre seit ihrer Gründung in vielen Analysen und Zertifizierungen festgestellt hat, gibt es je nach Herkunft, Verbrennungstechnik oder Lagerung große Unterschiede bei der Asche. Hier einige Beispiele:


  • Es gibt Rost- oder Flugasche, die im Zyklon der Abgasreinigung sowie in Elektro- oder Gewebefiltern anfällt; Flugaschen können je nach Zusammensetzung „gefährliche Abfälle“ sein und müssen untertage deponiert werden.
  • Weil Holzpellets meist aus rindenfreiem Holz hergestellt werden, ist in der Rostasche – anders, als bei Hackschnitzeln – kaum Cadmium enthalten. Denn dieses steckt meist in der Rinde.
  • Bei einem gleichmäßigen Betrieb unter hohen Temperaturen erreicht Cadmium seine Siedetemperatur und verdampft. Dann findet es sich in der Flugasche wieder. Wird diese Filterasche getrennt von der Rostasche gelagert, kann der Cadmiumgehalt in der Rostasche unter der Nachweisgrenze liegen.
  • Hackschnitzelasche aus größeren Kesseln kann feucht oder nass sein. Im feuchten Milieu wird das ansonsten unerwünschte Chrom (VI) in das ungefährliche Chrom (III) umgewandelt.
  • Ein gleichmäßiger Betrieb sorgt für ein anderes Schadstoffspektrum als beim häufigen Takten der Anlage.
  • Unterschiede gibt es auch bei der Verbrennungstechnik, z.B. hinsichtlich Anlagengröße, Luftführung oder Verbrennungstemperatur.
  • Bei der energetischen Nutzung lässt sich Asche aus der reinen Verbrennung in Heizkesseln oder aus Holzgasanlagen unterscheiden. Holzgasasche enthält zwar viel Kohlenstoff, kann aber auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthalten, die krebserregend sind.
  • Auch bei der Lagerung der Asche unter freiem Himmel können durch Witterungseinflüsse Umsetzungsprozesse in Gang gesetzt werden.


Einsatz als Düngemittel


Der Verbrennungsrückstand ist nicht nur alkalisch mit einem pH-Wert von 10 bis 13. „Er enthält auch basisch wirkende Bestandteile, die umgangssprachlich als Kalk bezeichnet werden“, sagt Schrägle. Zur Einstufung als Kalkdünger muss die Asche z.B. einen Mindestgehalt an basisch wirkenden Stoffen enthalten.


Aber die Asche darf nicht ohne Weiteres auf dem Feld ausgebracht werden. Zu beachten sind u.a. die Grenzwerte der Düngemittelverordnung (DüMV). Diese schreibt u.a. vor, dass nur Aschen „pflanzlicher Herkunft“ verwendet werden dürfen. Auch sind strenge Grenzwerte z.B. bei Schwermetallen einzuhalten. „Zudem gibt es Anforderungen an die Körnung, die die Rohaschen häufig nicht einhalten können“, weiß Yvonne Bosch von etlichen Zertifizierungsverfahren für das RAL-Gütezeichen „Dünger“. Wenn die Asche diese Anforderungen nicht erfüllt, der Reststoff aber die Grenzwerte der DüMV einhält, kann er zumindest als „Ausgangsstoff für Dünger“ zertifiziert werden.


Zudem hat die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) das Gütesiegel für „Dolomit-Holzasche-Gemische für die Bodenschutzkalkung“ entwickelt. Bei der Waldkalkung in Baden-Württemberg dürfen beispielsweise nur noch Produkte eingesetzt werden, die dieses Siegel tragen.


Verkauf an Düngerhersteller


Bei der Zertifizierung mit dem RAL-Gütezeichen „Ausgangsstoff Dünger“ wird die Asche in Düngemittel- oder Kalkwerken weiterverarbeitet. Ein Abnehmer ist z.B. der Kalkdüngerhersteller Hermann Trollius GmbH aus Lauterhofen (Bayern), der Gemische aus Holzasche und Magnesiumkalk herstellt. Die Mischungen dienen u.a. im Wald zur Bodenverbesserung. „Nach der Aufbereitung wie Sieben, Metallabscheidung und Anfeuchten mischen wir die Asche mit kohlensaurem Kalk zu einem schüttfähigen Düngemittel“, erklärt Trollius-Werksleiter Wolfgang Scheurer. Seit 2012 bereitet das Unternehmen Holzasche auf. Die Kalk- und Magnesiummenge von 15000 t Asche ersetzt ca. 30000 t Gestein.


Lösungen für kleine Anlagen


Die Kosten für die Ascheverwertung hängen von mehreren Faktoren wie Transportentfernung sowie physikalischen und chemischen Eigenschaften ab. Damit auch Betreiber kleinerer Anlagen Asche anliefern können, bietet Trollius zusammen mit der Bundesgütegemeinschaft Holzasche für alle Lieferanten eine Poolzertifizierung an. Die Kosten dafür hängen von den Aschemengen ab. „Dabei besichtigen wir das Heizwerk, beproben die Asche, schulen das Personal und geben Ratschläge zur Qualitätsüberwachung“, zählt Bosch auf.


Ebenfalls für kleinere Anlagen bietet der Entsorger B+T Cineris aus Alsfeld (Hessen) das „Kleinmengen-Entsorgungskonzept“ an. Auch B+T setzt auf die Poolzertifzierung. Für die praktische Entsorgung liefert das Unternehmen eine Systembox, in der die Asche gelagert und abgeholt wird. Die Firma erledigt die weitere Verwertung, die Probenahmen, die nötige Dokumentation einschließlich eines Entsorgungsnachweises. Die Kosten hängen von der Transportentfernung und den Schadstoffen ab und können bei hochbelasteter Filterasche bei bis zu 400 €/t liegen.


In Österreich werden laut TFZ jährlich etwa 40% der anfallenden Asche in der Zement- und Baustoffindustrie verarbeitet. Zudem gibt es Forschungsvorhaben, bei denen die Wissenschaftler den Rückstand erfolgreich im Straßenbau getestet haben.


Einsatz in der Zementindustrie


Auch in Deutschland könnte dieser Weg interessanter werden. „Denn wegen des Kohleausstiegs fällt in Deutschland weniger Flugasche an, die seit Jahren ein wertvoller Zuschlagstoff im Beton ist“, erklärt Piotr Lazik, der sich an der Universität Stuttgart mit der Ascheverwertung beschäftigt hat. So wurden im Jahr 2018 in Deutschland fast 2,4 Mio. t Flugasche in der Beton- und Zementherstellung verwendet.


Wie Untersuchungen der Uni Stuttgart zeigen, haben Zyklonaschen aus Holzheizanlagen ähnliche Eigenschaften wie die Flugasche aus Kohlekraftwerken. Filterasche dagegen enthält häufig zu viele Schwermetalle. Holzasche könnte dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck von Betonprodukten zu senken. Laut Lazik ist der Einsatz z.B. in Fertigbauteilen, im Straßen- oder Hochbau möglich. „Zement- und Betonhersteller sind aktuell unter Druck, weil sie neue Zuschlagsstoffe ohne CO2-Vorbelastung finden müssen. Diese Eigenschaft hat Holzasche als Reststoff. Daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt, auf die Industrie zuzugehen“, sagt Dr. Schrägle.


Die heutige Praxis


„Die Nutzung von Holzasche als Dünger oder Bodenverbesserer ist aktuell mit Sicherheit die erste Wahl. Dies entspricht auch dem Gedanken einer Rückführung der Nährstoffe auf die jeweilige Fläche, also einer Kreislaufwirtschaft“, erklärt der Biomasseexperte Dr. Daniel Kuptz vom TFZ. Andere Nutzungspfade, beispielsweise die Nutzung als Kalkersatz und in der Zementindustrie, sind denkbar, kommen aber bislang in Deutschland so gut wie nicht in der Praxis vor. „Steigende CO2-Preise für die Industrie könnten das aber ändern“, erwartet er. Zudem gibt es Überlegungen zur Wiedergewinnung von Edelmetallen aus Holzaschen und zur Nutzung der Rostasche im kosmetischen Bereich. Die letzten beiden Punkte befinden sich aber noch in einem sehr frühen Forschungsstadium.


Die Verwertung der Asche sorgt heute auch noch nicht für Erlöse für die Anlagenbetreiber, reduziert aber zumindest die Entsorgungserlöse. Auch das könnte sich bei steigender Nachfrage nach dem Wertstoff Asche ändern.


hinrich.neumann@topagrar.com

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