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Huminstoffe verbessern den Gärprozess

Lesezeit: 5 Minuten

Thomas Sierck hatte im Fermenter Sinkschichten und Rührwerksausfälle. Ein neues Additiv schaffte Abhilfe.


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Putenmäster Thomas Sierck aus Mulsum (Landkreis Cuxhaven, Niedersachsen) vergärt in seiner Biogasanlage mit 600 kW seit 2016 nur noch Mais und Putenmist. Wegen der steigenden Maispreise wollte er den Anteil Putenmist erhöhen. Das klappte zunächst gut. „Aber dann stieg die Viskosität im Behälter, die Flüssigkeit war kaum noch zu rühren oder zu pumpen“, stellte er fest. Die damals standardmäßigen Rohrleitungen mit 110 mm Durchmesser erwiesen sich als zu klein. Immer wieder fielen auch Rührwerke aus. In den Behältern bauten sich zudem Schwimm- und Sinkschichten auf.


Zunächst brachte die Umrüstung auf eine Flüssigfütterung Abhilfe. Hierbei nutzt er Rezirkulat zum Verflüssigen.


Fünf Jahre bis EEG-Ende


„Meine Anlage aus dem Jahr 2006 hat jetzt noch fünf Jahre Restlaufzeit bis zum Ende der EEG-Förderung und niemand weiß, wie es danach mit Biogas weitergeht. Daher will ich in keine zusätzliche Aufbereitung mehr investieren“, erklärt er.


Darum setzt er inzwischen regelmäßig Enzyme ein. „Sie haben zumindest dafür gesorgt, dass die Biologie stabil blieb“, blickt er zurück. Auch verbesserten sie den Gärprozess, sodass der Fermenterinhalt rührfähiger wurde. Der Nachteil sind die Kosten von über 20000 €/Jahr.


Huminstoffe seit 9 Monaten


Eine neue Lösung könnten Humin-stoffe sein, die Sierck seit knapp neun Monaten einsetzt. Sie haben die Viskosität im Fermenter laut Viskosimeter von 2930 Millipascalsekunden (mPas) auf 1388 mPas mehr als halbiert. Wie Sierck berichtet, ist jetzt der Gärprozess stabiler. Dadurch kann er den Putenmistanteil um 36% erhöhen und spart Mais ein. Ebenso stieg die Pumpleistung von vorher 35 bis 45 m3 pro Stunde auf 55 m3.


Während eines dreimonatigen Versuchs hat er den Enzymeinsatz um mehr als zwei Drittel reduziert und nach einer weiteren Abgewöhnungsphase sogar ganz aus dem Prozess genommen. Die Zugabe erfolgt in einer Dosierung von rund 2 l pro Tag bei einer 500 kW-Anlage. Das kostet den Betreiber rund 15 bis 20 €/Tag. Sierck beispielsweise zahlt aktuell für das „GeoHumat Plus“ 15,40 € pro Tag, die Enzyme waren da deutlich teurer. „Trotzdem will ich noch nicht ganz auf sie verzichten, unser Substratmix ist schon sehr extrem“, sagt er.


Neben Enzymen, Pflanzenkohle oder Algenkonzentraten sind Huminstoffe relativ neu am Markt. Sie bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoffverbindungen und fallen in der Natur beim unvollständigen Abbau von organischen Resten im Boden an. Sie sind dreidimensional geformt und können Nährstoffe, wie z.B. Spurenelemente, aufnehmen und damit deren Bioverfügbarkeit erhöhen. Außerdem können sie positiv geladene Teilchen leicht aufnehmen. Heute werden Huminstoffe z.B. zur Bodenverbesserung eingesetzt, denn sie bilden unlösliche Metallionen, Oxide und Hydroxide und geben diese regelmäßig an die Pflanzen ab.


Schutz der Spurenelemente


„Der Effekt der Huminstoffe im Fermenter geht u.a. darauf zurück, dass sie die Spurenelemente im Fermenter schützen“, erklärt Matthias Thielicke, Biologe beim Huminstoffanbieter Geofert Germany GmbH aus Teterow (Mecklenburg-Vorpommern). Spurenelemente sind wichtig als Nährstoff, z.B. für die natürlich vorkommenden Enzyme, die wiederum für einen besseren Abbau der Substrate im Fermenter sorgen. Die Folge davon ist eine geringere Viskosität. Das bedeutet: Sind weniger Spurenelemente verfügbar, sinkt die Enzymaktivität und der Fermenterinhalt wird zäher.


Bioverfügbare Spurenelemente liegen in Form von geladenen Metallionen wie z.B. von Kalium, Kupfer, Nickel, Molybdän oder Cobalt vor. Sie sind sehr anfällig für Nebenreaktionen. So reagieren sie sehr leicht mit Schwefelwasserstoff zu Metallsulfiden. Dann sind sie kaum noch bioverfügbar, also von den Mikroorganismen für die Funktion von Enzymen nicht zu nutzen. „Bei vielen Anlagen ist nicht der Spurenelementemangel, sondern deren schlechte Verfügbarkeit das Problem“, sagt Thielicke. Vor allem bei der Zugabe über fermentierbare Säcke sind die Spurenelemente zwar leicht löslich, aber auch sehr anfällig für diese unerwünschte Reaktion mit Schwefelwasserstoff.


„Huminstoffe besitzen, vereinfacht gesagt, eine stark verästelte Struktur. Sie bilden dank ihres chemischen Aufbaus einen Komplex mit Spurenelementen“, schildert der Biologe.


Diese Chelatisierung genannte Reaktion sorgt dafür, dass die Spurenelemente keine Reaktion mit Schwefelwasserstoff mehr eingehen können. Gleichzeitig bleiben sie für die Mikroorganismen verfügbar.


Zugabe bei zähen Substraten


Der Anbieter empfiehlt die Zugabe bei allen Anlagen mit komplizierten, zähen Substraten (z.B. Mist), Anlagen in denen zur Verbesserung der Rührbarkeit des Gärsubstrats viel rezirkuliert werden muss, oder mit einem rechnerischen Restgaspotenzial im Endlagerinhalt von über 15 m³ je Tonne. Betreiber mit guten Verweilzeiten und unkomplizierten Substraten wie Gülle und Mais sollten dagegen erst über eine Restgasanalyse durch ein akkreditiertes Labor prüfen lassen, ob sich der Einsatz lohnt.


Aber auch bei stark schwankender Substratlage, wie sie in Abfallvergärungsanlagen vorkommt, könnten die Anlagenbetreiber nach Herstellerangabe mit GeoHumat Plus von einer stabileren Biologie profitieren.


Zu dem Material gibt es inzwischen eine Reihe von Untersuchungen verschiedener Labore. „Uns ist wichtig zu zeigen, dass es sich nicht wieder um ein Zaubermittelchen handelt, bei dem man pauschal 10% mehr Gasausbeute verspricht“, sagt Klein.


So hat beispielsweise der Biogasanlagendienstleister MT Energy Service aus Zeven (Niedersachsen) mit einer fluoreszenzmikroskopischen Analyse nachgewiesen, dass die Zahl der methanbildenden Mikroorganismen (methanogene Archaea) um 115% nach der Huminstoffzugabe zugenommen hat. Die meisten Organismen im Fermenter (75 bis 95%) gehören der Gruppe der Zelluloseabbauer und Säurebildner an. Sie spalten Zellulose auf oder sorgen für den Abbau von niedermolekularen Verbindungen wie Zucker zu organischen Säuren. Die Methanbildner dagegen machen nur 5 bis 25% der Mikroorganismen aus. Die Menge beider Gruppen lässt sich mit einer fluoreszenzmikroskopischen Analyse ermitteln. Die Universität Rostock stellte in einem Versuch eine höhere Biogas- und Methanausbeute aus dem Restgaspotenzial des Inokolums fest.


Bislang werden die Huminstoffe im Ausland produziert. Um die Wege kurz zu halten und die Qualität weiter zu erhöhen, lässt GeoFert Germany sie aber ab Oktober in Deutschland herstellen.

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