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Kleinwindrad: Ideale Ergänzung zur Solaranlage

Lesezeit: 9 Minuten

Kleinwindkraftexperte Patrick Jüttemann hat auf einem top agrar-Webinar Tipps zur Planung eines Kleinwindrades in der Landwirtschaft gegeben. Hier die wichtigsten Ratschläge.


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Ein Kleinwindrad ist die perfekte Ergänzung zu einer Photovoltaikanlage für die Selbstversorgung – gerade in der Landwirtschaft. „Während Solarstromanlagen im Sommer und nur tagsüber viel Strom erzeugen, produziert das Kleinwindrad vor allem im Herbst und im Winter rund um die Uhr“, berichtete Patrick Jüttemann auf dem top agrar-Webinar „Kleinwindanlagen in der Landwirtschaft“, auf dem sich über 40 Interessierte über das Thema informierten. Der Kleinwindkraftexperte, der seit nunmehr zehn Jahren das herstellerunabhängige Portal www.klein-windkraftanlagen.com betreibt, zeigte den Weg für die richtige Planung einer Anlage auf. „Die meisten beschäftigen sich sofort mit der Technik. Dabei gibt es viel mehr zu beachten“, betont er.


Bei der Planung sind daher folgende Schritte entscheidend:


  • Die Wirtschaftlichkeit,5


  • der richtige Standort,6


  • die Auswahl der Technik,7


  • die Baugenehmigung.8


Lohnt sich ein Kleinwindrad?


Die Rentabilität einer Anlage wird vor allem von den Stromgestehungskosten bestimmt: Für wie viel ct/kWh kann man Windstrom erzeugen und was spart der Betrieb gegenüber dem zugekauften Strom?


Der wichtigste Einflussfaktor ist das Windangebot. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist ab 5 m/s zu erwarten. Wichtig ist auch eine hohe Eigenverbrauchsquote. Denn nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gibt es keine spezielle Einspeisevergütung für Kleinwindräder. Diese müssen mit den Megawattanlagen konkurrieren. Der Einspeisetarif von 7,4 ct/kWh liegt bei den meisten Anlagen unter den Produktionskosten. Bei heutigen Strompreisen von 25 ct/kWh und mehr ist daher die Eigenversorgung lukrativ. „Anders als bei der Photovoltaik kann ich über 24 h Strom erzeugen und nicht nur tagsüber. Das erhöht die Eigenverbrauchswerte“, sagt der Experte.


Eine weitere Stellgröße für die Stromgestehungskosten sind die Investitionskosten. Diese liegen im Schnitt bei ca. 5000 €/kW. Turm und Fundament machen dabei den Großteil aus. „Ein höherer Turm ist zwar teurer, sorgt aber auch dafür, dass man mehr Wind erntet. Darum sind nicht die Investitionskosten, sondern die Stromgestehungskosten entscheidend“, unterstreicht er. Auf guten Standorten kann sich ein Windrad bei hohen Eigenverbrauchsquoten in etwa zwölf Jahren amortisieren, lautet seine Erfahrung.


Wie viel Wind nötig ist


Es gibt einfache Anhaltspunkte für eine erste Abschätzung. Diese können jedoch ein ausführliches Windgutachten oder eine genaue Messung der Windgeschwindigkeit nicht ersetzen. Allerdings: Windgutachten kosten schnell 1500 € und mehr. Eine Windmessung dagegen ist nur sinnvoll, wenn sie sechs, besser sogar zwölf Monate dauert. „Man sollte auf jeden Fall die Monate in Herbst und Winter berücksichtigen, da hier der meiste Wind weht“, sagt Jüttemann.


Für einen ersten Anhaltspunkt dienen die kostenlosen Windkarten des Deutschen Wetterdienstes. Jüttemann betont, dabei unbedingt die Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe zu berücksichtigen. Als Daumengröße gilt als Mindestwert eine mittlere Jahreswindgeschwindigkeit von 4 m/s. Zum Vergleich: An der Küste oder auf Inseln sind 7 bis 8 m/s möglich. „Eine 30 kW-Anlage produziert auf Fehmarn mit viel Wind über 100000 kWh Strom. Das sind über 3000 kWh/kW Leistung, dreimal so viel wie eine Photovoltaikanlage“, rechnet er vor. Aber wenn man die 30-kW-Anlage in Bayern aufstellt, wird sie vielleicht nur 30000 oder 40000 kWh liefern.


Wo gibt es Winddaten?


Eine Infoquelle für Winddaten ist das dänische Portal www.globalwindatlas.info. Dort kann man für jeden Ort der Welt die Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen ablesen. Über den Global Wind Atlas kann man auch die Hauptwindrichtung in Erfahrung bringen, die in Form der Windrose angezeigt wird.


Mithilfe des Windprofilrechners des Windenergieverbandes aus der Schweiz können Betreiber außerdem die Windgeschwindigkeit von 10 m Höhe auf 30 oder 40 m Rotorhöhe hochrechnen (wind-data.ch/tools/profile.php). „Viele Kleinwindräder haben diese Nabenhöhe, um 50 m Gesamthöhe nicht zu überschreiten. Denn darüber ist eine Baugenehmigung nötig. Daher ist die Angabe für 40 m interessant“, sagt er. Es gibt einschlägige und akkreditierte Windgutachter. Diese sind auf der Seite der Fördergesellschaft für Windenergie (www.wind-fgw.de) gelistet.


Der optimale Standort


Die Anlage sollte so aufgestellt werden, dass sie möglichst frei aus der Hauptwindrichtung angeströmt werden kann. Bäume, Büsche, Hecken, Gebäude blocken den Wind ab und nehmen ihm die Energie. „Die Erdoberfläche hat bei der Kleinwindkraft einen viel größeren Einfluss als bei Megawattanlagen. Diese haben Nabenhöhen von 200 m und mehr, Windturbulenzen am Boden machen ihnen nicht viel aus“, erklärt der Fachmann.


Der nötige Abstand hängt von der Höhe des Hindernisses ab. Als Daumenregel gilt: Wenn das Hindernis die Höhe H hat, sollte die Kleinwindkraftanlage 20H entfernt sein. Ein Beispiel: Wenn Haus 10 m hoch ist, ist der richtige Abstand 20 x 10, also 200 m. Mit einem höheren Mast könnte man eventuell den Abstand verkürzen.


Anlage auf dem Dach?


Jüttemann rät davon ab: Dächer sind oft nicht geeignet. Zum einen benötigen die Gebäude eine ausreichende Statik. Zum anderen gibt es auf dem Dach Windturbulenzen, die durch das Gebäude selbst verursacht werden. Dazu können Vibrationen der Anlage Körperschall verursachen, der sich im Gebäude durch ein „Brummen“ bemerkbar macht. „Darum ist ein ebenerdiger Mast der Standard“, sagt er.


Welche Leistung sinnvoll?


Das hängt vom Strombedarf des Betriebs und seinem individuellen Lastgang ab. Ideal ist z.B. ein Melkroboter, der den ganzen Tag und auch nachts Strom benötigt. Als Daumengröße gilt: Bei einer Melkroboter-Box sollte eine 10-kW-Maschine auseichen, bei drei Boxen kann schon eine 30-kW-Maschine infrage kommen. Eine weitere Möglichkeit ist es, den Strom zum Heizen zu nutzen, indem man mit dem Strom einen Heizstab oder eine Wärmepumpe betreibt.


Die richtige Technik


Wichtig bei der Wahl der Anlagentechnik ist, dass das Kleinwindrad auch Stürmen standhält. Der Wind kann extreme Kräfte entwickeln, wie man anhand von entwurzelten Bäumen sieht. Es gibt mittlerweile mehrere Testfelder in Deutschland und Österreich, auf denen die Anlagen über einen längeren Zeitraum auf Herz und Nieren geprüft werden. Dazu kommen Zertifizierungen anhand von Qualitätsmerkmalen. „Freiland-Tests haben jedoch ihren Preis, das sollte man bei der Wahl des Herstellers berücksichtigen“, erklärt der Fachmann. Wichtig sind auch unabhängige Prüfungen zu Leistung, Schall etc., die nicht vom Hersteller selbst gemacht sein sollten.


Horizontal oder Vertikal?


Vertikalanlagen sind sehr beliebt. Als Vorteile preisen Hersteller an, dass sie leise sind und aus jeder Windrichtung angeströmt werden können. „Das ist aber auch gleichzeitig der größte Nachteil: Ein Rotorblatt wird vom Wind weggedrückt, ein anderes bewegt sich gegen den Wind und bremst das Windrad wieder“, schildert Jüttemann. Darum sind Vertikalläufer weniger effizient. Anlagen mit einer horizontalen Welle sind – wie bei der großen Windkraft – der übliche Standard.


Entscheidend für die Stromproduktion einer Anlage ist nicht die Nennleistung, sondern das Windangebot in Verbindung mit der Rotorgröße. „Eine 10-kW-Anlage kann 7 bis 11 m Rotordurchmesser haben“, unterstreicht Jüttemann. Größere Rotoren bieten eine größere Erntefläche für die Windenergie, darum kommen sie bei Anlagen für Binnenlandstandorte infrage.


Ist ein Speicher nötig?


Das kommt auf das Energiekonzept des Betriebes und die Gesamtkosten je kWh Strom an. Noch sind die Speicherkosten hoch, trotzdem kann sich die Investition rechnen, wenn der Betrieb insgesamt weniger für den Strom bezahlt als beim Zukauf. Die Produktion von Wasserstoff mit überschüssigem Windstrom ist dagegen heute nicht wirtschaftlich.


Wie wird genehmigt?


Bauten in der Landwirtschaft und im Gartenbau sind nach dem Baugesetzbuch im Außenbereich privilegiert. Das gilt auch für ein Kleinwindrad. Bedingung dafür ist zwar, dass der Betrieb mehr als die Hälfte des Stroms selbst verbrauchen muss. Allerdings ist das bei der Kleinwindkraft aufgrund der fehlenden Einspeisevergütung ohnehin üblich.


Die wichtigste Gesetzesgrundlage für Kleinwindräder ist die jeweilige Landesbauordnung in den Bundesländern. Dazu kommt die unterschiedliche Genehmigungspraxis in den Behörden.


Jüttemann rät zu einer Bauvoranfrage. Hilfreich ist eine professionelle Begleitung durch den Hersteller, der sich um wichtige Dokumente wie Gutachten, Statik, Zertifizierung, Schallkurve usw. kümmern, aber auch den gesamten Dialog mit dem Bauamt übernehmen kann.


Bei der Baugenehmigung ist nicht die Leistung in kW entscheidend, sondern die Gesamthöhe. Diese beträgt bei einem Kleinwindrad maximal 50 m. Gemeint ist die Höhe bis zur Flügelspitze. „Wenn der Mast 42 m hoch ist, dürfen die Rotorblätter maximal 8 m lang sein“, sagt Jüttemann.


Welche Abstände sind nötig?


Wie Jüttemann ausführt, sind Abstände selten ein Problem im Außenbereich. Diese hängen wieder von der jeweiligen Landesbauordnung ab. In der Regel sind Betreiber aber mit einem Abstand von 1H auf der richtigen Seite, bei 50 m Gesamthöhe der Kleinwindkraftanlage also auch ein Abstand von 50 m zu Gebäuden, Straßen oder Nachbargrundstücken.


Dazu gibt es immissionsschutzrechtliche Abstandsbestimmungen, die vom Schall und Schattenwurf abhängen. „Es hilft, wenn Betreiber der Behörde klarmachen, dass Kleinwindanlagen optisch unauffällig sind und keinen Einfluss auf das Landschaftsbild haben. Im Gegensatz zu Megawattanlagen mit 200 m Nabenhöhe“, fasst Jüttemann zusammen. Dazu tragen auch die die im Vergleich zu Großwindkraftanlagen sehr schmalen Rotorblätter bei.


Bei der Standortwahl könnte es sinnvoll sein, die Anlage auf einem Hügel oder einer anderen Stelle zu errichten, wo es lokal viel Wind gibt. Bei der Baugenehmigung ist jedoch zu beachten, dass Anlage und Betrieb eine „optische Zuordnung“ bilden müssen. Damit soll die Landschaft nicht zersiedelt werden. In der Praxis gelten in der Regel Abstände von Anlage zu Hof von 150 m als Maximum. Das örtliche Bauamt hat auch hier das letzte Wort.


Welche Fördermittel gibt es?


Bislang hat es keine Förderung für die Kleinwindkraft gegeben. Das hat sich mit dem „Bundesprogramm zur Förderung der Energieeffizienz und CO2- Einsparung in der Landwirtschaft und im Gartenbau“ massiv geändert: Danach können Landwirte mit Primärproduktion (also keine Biogaserzeuger) einen Zuschuss bekommen. Dieser liegt beispielhaft bei einer 30-kW-Anlage zwischen 15000 bis 22000 €. „Sie sollten beachten, dass sie dafür ein Gutachten über ein CO2-Einsparkonzept von einem Energieberater benötigen“, erklärt Jüttemann.


Er sieht darin keine bürokratische Hürde. Denn es geht um die Energieversorgung für die nächsten 20 Jahre. „Diese wird sich in der Zeit radikal ändern, auch bei elektrischen Antrieben für Hoflader, Fütterung oder andere Geräte im Betrieb“, sagt er. Daher rät er dazu, nicht einfach nur verschiedene Anlagen und Speicher zu installieren, sondern ein gutes Konzept für die Energieproduktion zu entwickeln und die Komponenten entsprechend sinnvoll zusammenzustellen. Ein Kleinwindrad kann dann Teil des Konzepts sein.


hinrich.neumann@topagrar.com

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