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„Landwirte stellen künftig auch Wasserstoff her“

Lesezeit: 4 Minuten

Windstrom lässt sich über die Elektrolyse in Wasserstoff umwandeln. Wir sprachen mit Ove Petersen, Geschäftsführer der GP Joule aus Reußenköge (Schleswig-Holstein) über die Chancen für die Landwirtschaft.


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Welche Vorteile bietet die Wasserstoffproduktion?


Petersen: Wenn wir überschüssigen Strom, der wegen Netzüberlastung gar nicht eingespeist werden kann, in der Elektrolyse (Power-to-Gas genannt) nutzen, müssen weniger Wind- oder Solarparks abgeregelt werden. Die Abregelung ist gerade hier bei uns an der Westküste Schleswig-Holsteins ein immer größeres Problem. Den produzierten Wasserstoff können Landwirte in einer Biogasanlage mit bis zu 30 % Anteil im Gasgemisch einsetzen und damit ein Drittel der Rohstoffe wie Mais ersetzen. Außerdem lässt sich aus Wasserstoff und Kohlendioxid synthetisches Methan für die Einspeisung ins Erdgasnetz herstellen.


Welche Vorteile hätte das für die Landwirte?


Petersen: Während wir bei Wind- und Solarstrom noch großes Wachstumspotenzial haben, ist die Anbaufläche für Biomasse begrenzt. Die Wasserstoffproduktion mit Power-to-Gas ist eine Riesenchance für uns Landwirte, weil wir nicht nur überschüssigen Windstrom nutzen, sondern mit den Biogasanlagen eine wichtige Speicherfunktion für die Energiewende bereitstellen. Wir können also die erneuerbaren Energien, die auf vielen Höfen vorhanden sind, stärker vernetzen. Biogasanlagen werden dabei nicht mehr in Dauerlast, sondern nur noch dann laufen, wenn Wind- und Solarstrom nicht zur Verfügung stehen. Damit holen wir das meiste aus der Produktion von Wind-, Solar- und Biogasstromproduktion heraus , da es keine Überschüsse mehr gibt.


Die Zahl der Power-to-Gas- Projekte wächst stetig. Auch Sie haben ja mit dem „Stromlückenfüller“ ein Pilotprojekt im kleinen Leistungsbereich angestoßen. Wo sehen Sie noch Hemmnisse für den Durchbruch?


Petersen: Derzeit werden Elektrolyseure wie Letztverbraucher betrachtet. Das bedeutet: Kauft der Betreiber einer Power-to-Gas-Anlage oder eines Speichers Windstrom ein, muss er da­rauf alle Steuern und Abgaben zahlen. Auf den Letztverbraucher kommen dann nochmals die gleichen Abgaben zu. Diese Abgaben verteuern den Wasserstoff so sehr, dass er nicht mit aus fossilem Erdgas erzeugtem Wasserstoff konkurrieren kann. Die Politik muss aber erkennen, dass die Wasserstoffproduktion das Stromnetz entlastet und den CO2-Ausstoß reduziert. Auch haben wir damit die Möglichkeit, die Energiewende auch endlich im Wärme- oder Verkehrssektor voranzubringen. Daher fordern wir die Abschaffung dieser massiven Benachteiligung. Auch muss die Bundesregierung Power-to-Gas stärker im neuen Strommarktgesetz berücksichtigen, das derzeit im Entwurf vorliegt. Die 8 000 Biogasanlagen in Deutschland könnten mit einer entsprechenden Flexibilisierung die Aufgaben der Kohlekraftwerke leisten.


Aber heute produziert Deutschland ja auch schon Wasserstoff für viele Anwendungen. Wie konkurrenzfähig ist da der „Biowasserstoff“?


Petersen: In Deutschland werden jährlich 8 Mrd. m3 Erdgas, das zu 90 % importiert wird, nur zur Wasserstoffproduktion verwendet. Zu den enormen Ausgaben für den Kauf des Erdgases aus teilweise politisch in-stabilen Staaten kommen also auch erhebliche CO2- Emissionen, die bei der Reformierung des Erdgases zu Wasserstoff entstehen. Wenn wir für die Produktion sauberen Wind- und Solarstrom verwenden, der zu Grenzkosten anfällt, sind wir langfristig günstiger und klimaschonender. Wasserstoff ist auch deutlich günstiger als Biomethan. Denn dieses muss ja aus Biomasse hergestellt werden. Da diese teuer sind, sind auch die Erzeugungskosten bis zu dreimal so hoch wie beim Wasserstoff.


Wie lässt sich der Wasserstoff noch verwerten?


Petersen: Es gibt viele Möglichkeiten: Man kann ihn auf Flaschen ziehen und als Kraftstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge verkaufen. Die Zahl der geeigneten Fahrzeuge und der Tankstellen wächst vor allem in Ballungszentren, weil damit nicht nur Pkw, sondern auch Busse fahren wie jetzt schon in Berlin oder Hamburg. Bereits drei Automobilhersteller haben serienreife Brennstoffzellenfahrzeuge auf dem Markt, die Zahl wächst. Man kann daraus aber auch Dimethylester als synthetischen Kraftstoff produzieren, der sich als Ersatz für Benzin oder Diesel einsetzen lässt. Diesen Weg treibt u. a. die Automobilindustrie voran. Außerdem lässt er sich für die Stromproduktion nutzen. Ich sehe noch viel Potenzial für diesen Weg.


Was kostet eine Power-to-Gasanlage und wann ist sie serienreif?


Petersen: Die Kosten sind in den letzten Jahren rapide gesunken. Im Moment können Sie von einem Richtwert von etwa 1 000 Euro je installiertem kW Leistung inklusive Installation für einen PEM-Elektrolyseur ausgehen. Wenn man z. B. eine Elektrolyse in der Leistungsklasse von 200 kW installiert, reicht eine Biogasanlage mit einem BHKW von 500 kW vollkommen aus. Da die Technik ausgereift ist, lohnt es sich bereits jetzt, über eine solche Investition nachzudenken.


Hinrich Neumann

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