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Maisstroh: Aus Reststoff wird Rohstoff

Lesezeit: 8 Minuten

Neue Forschungs- und Praxisergebnisse sprechen für Maisstroh als Biogassubstrat – jedoch nur mit der richtigen Technik zum Bergen, Silieren und Füttern.


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Benjamin Kapp hat sich zum Mischen der Rohstoffe für seine Biogasanlage eine besondere Technik ausgedacht: Er legt mit der Greifschaufel seines Teleradladers eine 30 cm hohe und etwa 10 m lange Schicht mit Silomais aus. Darauf verteilt er eine dünne Schicht Maisstroh-Silage. Dann schiebt er das Ganze zu einem Haufen zusammen und füllt die Mischung in den Feststoffdosierer der Biogasanlage ein. „Mit dieser Methode gibt es die wenigsten Probleme in der Dosiertechnik“, sagt der Mitgesellschafter der Rutz und Kapp Bioenergie aus Gunzenhausen (Bayern). Ihre Biogasanlage hat eine Höchstbemessungsleistung von 237 kW.


Ohne diese Vormischung sammelte sich das Stroh häufig in der Stopfschnecke an, die es aus der Steigschnecke des Dosierers übernimmt und in den Fermenter einbringt. Dadurch meldete der Dosierer ein bis zweimal pro Woche eine Störung, die Kapp von Hand beseitigen musste.


700 kg Maisstroh täglich


Wie viele andere Landwirte in Deutschland sieht Kapp trotzdem in Maisstroh ein interessantes Substrat. Denn der Betrieb Rutz baut jährlich 60 bis 70 ha Körnermais für die Schweinefütterung an. Das anfallende Stroh wurde bislang nicht genutzt. Der Substratmix bestand aus 50% Schweinegülle, 2200 t Maissilage und 1500 t Grassilage pro Jahr. „Mit der Maisstoppelbeseitigung können wir gleichzeitig den Maiszünsler bekämpfen“, nennt Kapp einen weiteren Vorteil.


Jetzt setzt er täglich 700 kg Maisstroh ein. Mit jeder Tonne davon ersetzt er 1 t Maissilage. Dass das möglich ist, zeigen auch aktuelle Forschungsergebnisse der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Die LfL hat seit 2014 verschiedene Verfahren zur Strohbergung und die Silierung sowie die Gasausbeuten der Maisstrohvarianten untersucht:


  • Das Korn-zu-Stroh-Verhältnis lag im Schnitt der Jahre bei 1 zu 0,9.
  • Von den 11,3 t Trockenmasse (TM) Stroh pro Hektar Körnermais ließen sich durchschnittlich 48% abfahren, im Schnitt waren es 5,3 t TM/ha.
  • Verschiedene Techniken wie Bandschwader, Schwadhäcksler oder modifizierter Maispflücker mit Schwadablage sowie die Bergung mit Ladewagen oder Feldhäcksler erzielten im dreijährigen Versuch vergleichbare Ergebnisse. Weder bei der Menge noch beim Erdanhang ließen sich große Unterschiede erkennen. Der Rohaschegehalt im Erntegut lag im Schnitt bei 7,3%.
  • Das Maisstroh hatte im Schnitt einen TM-Gehalt von 35 % und lag damit eher auf dem Niveau von Silomais als von Getreidestroh.
  • Der Methanertrag erreichte 1500 m3 pro ha. Damit kann das Stroh von 1 ha Körnermais etwa 0,2 bis 0,25 ha Silomais ersetzen.
  • Maisstroh vergärt sehr gut, die Silage erreichte in den Praxisversuchen nach DLG-Schlüssel die Qualität „sehr gut“. Dafür sind aber eine sehr gute Verdichtung sowie eine Abdeckung nötig.
  • Längere Feldliegezeiten wirkten sich ungünstig auf die Erntemengen aus.
  • Maisstroh benötigt mehr Silolagerraum: Die Dichte im Silostock lag mit 125 kg TM pro m3 im Durchschnitt nur etwa halb so hoch wie beim Silomais (245 kg TM/m3).


Bayerische Pilotbetriebe haben in den vergangenen Jahren Maisstrohanteile von 7 bis 20% eingesetzt. Einige Anlagen hatten Probleme mit der Einbringtechnik oder beim Unterrühren des Strohs im Fermenter. Maisstroh ähnelt bei der Verarbeitung Grassilage oder Landschaftspflegematerial.


Unterschiedliche Qualität


Die Qualität des Materials kann stark schwanken: Allein der TM-Gehalt lag in der Praxis je nach Witterung und Dauer der Feldliegezeit zwischen 35 und 70 %. Die Erfahrung hat Benjamin Kapp auch gemacht: Im Jahr 2017 erntete er etwa 9 t Frischmasse (FM) pro ha mit 63 % TM, also 5,68 t TM/ha. 2018 waren es wegen der Trockenheit 55 bis 90 % TM, also 7 t TM/ha.


Die Gaserträge blieben im Vergleich zu vorher im Schnitt gleich, aber sie schwankten seit der Maisstrohzugabe stärker. Der Methangehalt lag weiterhin zwischen 55 und 57 %. Pro Tonne Frischmasse erzielte er im Jahr 2017 rund 600 kWh Strom, im Jahr 2018 waren es 700 kWh. Die Viskosität im Fermenter änderte sich auch nicht.


Schwader erhöht ERdanhang


Allerdings hat Kapp für die Bergung nach dem Mulchen einen herkömmlichen Kreiselschwader eingesetzt mit der Folge, dass sehr viel Erde aufgewirbelt wurde. Der Rohaschegehalt in der Silage lag in beiden Jahren bei etwa 15% und damit sehr hoch.Viel Sand könnte zu Ablagerungen im Fermenter sowie zum erhöhten Verschleiß bei Pumpen, Schnecken und Rührwerken führen.


Um dauerhaft Maisstroh mit wenig Störungen einsetzen zu können, wären für seinen Betrieb folgende Investitionen nötig: ▶


  • Einbau einer Zerkleinerung für das Maisstroh vor dem Feststoffdosierer,
  • Erweiterung der Siloplatte,
  • Anschaffung einer entsprechenden Schwadtechnik, um Maisstroh mit weniger Erdanhang bergen zu können.


Hierbei liebäugelt Kapp mit einem Schwadmulcher eines österreichischen Anbieters, der dort seit Jahren gute Ergebnisse erzielt. „Bei uns gibt es nur wenig Körnermais, daher lohnt es sich für die Lohnunternehmer nicht, für unsere 70 ha in diese Technik zu investieren“, sagt er.


Kosten sind noch zu hoch


Für diese Ausgaben hat er insgesamt 208000 € bzw. Jahreskosten (inkl. Zins und Afa) von 9350 € errechnet. Mit der zusätzlichen Zerkleinerung könnte er auch theoretisch mehr Gas mit der Grassilage erzielen und einen günstigeren Ladewagen zur Grasernte einsetzen. Berücksichtigt man, dass er auch weniger Silomais zukaufen muss, kommt er auf Produktionskosten von 15,6 ct/kWh. Im Vergleich dazu verursacht Silomais Kosten von nur 11,8 ct/kWh. „Daher würden sich die Anlagenumrüstung und weitere Anschaffungen für uns nicht lohnen“, bedauert er. Trotzdem gibt er nicht auf und sucht weiter nach Lösungen.


Mit Rüben silieren


Etwas andere Erfahrungen hat Dr. Dirk Augustin gemacht. Der Leiter der Versuchswirtschaften der Universität Göttingen betreibt eine Biogasanlage mit 500 kW und ist Aufsichtsratsvorsitzender einer Gemeinschaftsanlage von 53 Landwirten bei Göttingen. Beide Anlagen setzten inzwischen Körnermaisstroh ein. „Wir suchen seit Jahren eine Lösung, um Zuckerrüben ganzjährig einsetzen zu können. Da bietet sich die Silierung von Maisstroh mit Zuckerrüben an“, sagt der Wissenschaftler.


Beide Substrate können sich im Silo sowie im Fermenter gut ergänzen:


  • Die Silage aus gebröckelten Zuckerrüben bildet viel Sickersaft, der den Beton im Fahrsilo angreift, aufgefangen und weiterverarbeitet werden muss.
  • Maisstroh dagegen ist trockener, lässt sich schwer verdichten und hat wenig Restzucker, der für die Silierung vorteilhaft wäre.
  • 1 ha Maisstroh als Nebenprodukt und 1 ha Zuckerrüben ersetzen zusammen 1,5 ha Maissilage. „Das ist ein großer Hebel in der Wirtschaftlichkeit, insbesondere, wenn Flächen knapp und teuer sind“, sagt Augustin.
  • Rüben und Körnermais haben den gleichen Erntezeitpunkt, sodass sich Rübenschnitzel und Maisstroh sehr gut zeitgleich einsilieren lassen.


Und es gibt noch einen Vorteil: Der Einsatz von Hühnertrockenkot (HTK) als günstiger Maisersatz führt zu einer höheren Ammoniakbelastung. Die Rübe wirkt dem entgegen: Der Ersatz von 1 t Mais durch 1 t Rübe sorgt dafür, dass sich 0,3 t mehr HTK einsetzen lassen, ohne dass es zu einer Ammoniakhemmung im Fermenter kommt. HTK ist je nach Standort bis zu 30 €/t günstiger ist als Mais. Rüben kosten etwa das gleiche wie Silomais. Mit einer ganzjährig verfügbaren Zuckerrübensilage lassen sich also der HTK-Einsatz erhöhen und damit mehr Kosten einsparen.


Nicht genügend Körnermais


In den ersten Jahren haben Augustin und sein Team je nach TM-Gehalt 1 t Stroh mit bis zu 3 t Rüben einsiliert. „Wir haben diese Mischung zu 50 % im Substratmix eingesetzt und im Vergleich zur Maissilage keine Unterschiede bei der Gasausbeute festgestellt“, sagt Augustin.


Allerdings haben die Versuche in jedem Jahr bislang nur 2,5 Monate gedauert, längere Erfahrungen liegen noch nicht vor. „Unser größtes Problem ist es, aufgrund der begrenzten Trocknungskapazitäten für die Maiskörner genügend Körnermaisstroh an einem Termin abfahren zu können“, sagt er. Denn in der Ernte fallen große Mengen Körnermais mit 40 % TM an, die schnell getrocknet werden müssen.


Augustin will jetzt testen, ob es möglich ist, die Körnermaisernte auf einen längeren Zeitraum zu strecken, um die Trocknung besser auslasten zu können. Dabei liegt das Maisstroh zwar länger auf dem Feld und verliert Restzucker. Außerdem wird das Material trockener. „Aber mit der Zugabe von Zuckerrüben im Silo würden wir das wieder ausgleichen“, lautet seine Überlegung.


Außerdem hofft er darauf, dass eine Silierung quasi ein Voraufschluss für das Maisstroh bedeutet. Damit könnten sich Bergekosten senken lassen. Die Ernte mit Überladewagen und Häcksler kostet 45 €/t TM. Bislang hat er das Stroh vor der Silierung geschreddert, was weitere 7 €/t kostete. Würde er dagegen das Stroh per Ladewagen bergen und unzerkleinert einsilieren, kämen nur Kosten von 25 €/t TM zusammen.


Eine weitere Überlegung: Der geringere TM-Gehalt des Strohs sorgt dafür, dass auch weniger Gärrest anfällt. „Das ist gerade für Betriebe interessant, die wegen der Düngeverordnung neun Monate Lagerkapazität schaffen müssen“, sagt er. Zudem sorgt der fehlende Maiskolben dafür, dass der P-Gehalt im Gärrest sinkt. Auch bindet die Strohrotte auf dem Feld Stickstoff, der der Folgefrucht fehlt. Wird das Maisstroh abgefahren, ist mehr N im Boden. „Dann können die Landwirte in der Vegetationszeit gezielt N nachdüngen und werden die Maisstrohabfuhr begrüßen“, erwartet Augustin.


Diese Gründe könnten dafür sorgen, dass der Maisstroheinsatz in Deutschland weiteren Auftrieb bekommt.


hinrich.neumann@topagrar.com

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