Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Aus dem Heft

Mehr Gas mit neuen Rührwerken

Lesezeit: 8 Minuten

Tauchmotorrührwerke in Biogasanlagen sind typische Verschleißteile. Experten geben Tipps, was Sie beim Austausch beachten sollten.


Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Seit über 16 Jahren arbeiten Hersteller daran, ehemalige Tauchmotorgeräte aus Güllegruben an die anspruchsvollen Aufgaben im Biogasfermenter anzupassen. Denn anders als das Aufrühren dünnflüssiger Gülle muss ein Rührwerk in Gärbehältern heute deutlich mehr leisten:


  • Es muss das eingefüllte Substrat im Behälter verteilen, um die Mikroorganismen gleichmäßig mit „Nahrung“ zu versorgen.
  • Es muss die über Wand- oder Fußbodenheizung angewärmte Flüssigkeit homogen im Behälter verteilen, damit überall die gleiche Temperatur herrscht.
  • Die Durchmischung sorgt auch dafür, dass das produzierte Biogas an der Oberfläche austreten kann.
  • Es soll Sink- und vor allem Schwimmschichten verhindern.


Hoher Stromverbrauch:

Diese Funktionen können jedoch im Laufe der Zeit gestört sein. Das kann an einem höheren Trockensubstanzgehalt im Fermenter aufgrund von Substratumstellungen liegen, mit dem die vorhandene Rührtechnik nicht mehr zurechtkommt. Folge: Allein eine schlechte Temperaturverteilung kann zu lokalen Kältezonen oder Überhitzungen an der Heizung führen, was die Arbeit der Bakterien zum Erliegen bringen kann. „Auch sorgt ein Hitzestau an den im Fermenter installierten Heizschlangen zum Anbacken des Substrats, wodurch der Wärmeübergang behindert und der Heizungswirkungsgrad gesenkt wird“, heißt es in dem Abschlussbericht „Repowering von Biogasanlagen“ des Fraunhofer- Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT.


Nicht selten erhöhen Betreiber bei nachlassender Rührwirkung nur die Rührzeit, was den Stromverbrauch stark in die Höhe treibt. Denn die Rührtechnik ist neben dem BHKW in der Regel der größte Stromverbraucher in der Biogasanlage. Nach einer Untersuchung bayerischer Pilotanlagen können Rührwerke zwischen 6 und 58 % des Stromverbrauchs einer Biogasanlage ausmachen. Besonders kritisch ist es, wenn noch ältere Rührwerke mit hoher Drehzahl und hoher Stromaufnahme von 20 kW und mehr eingesetzt werden. Das kann pro Rührwerk Stromkosten von 5000 bis 10000 € im Jahr verursachen sowie Leistungsspitzen bei ungünstiger Steuerung mehrerer Stromverbraucher, die auf der Stromrechnung extra ausgewiesen werden.


Zu langes und zu intensives Rühren kann aber zur Folge haben, dass die Symbiose der Mikroorganismen im Gärgemisch gestört wird und die Gasausbeute sinkt.


Aber auch verschlissene Rührflügel oder simple Ausfälle des Rührwerks können die Ursache für eine mangelhafte Durchmischung sein. Eine Ausfallursache kann beispielsweise die Überhitzung des Motors beim Tauchmotorrührwerk sein. „Ist das Fermentersubstrat zu zähflüssig und dreht der Propeller daher nur in einem kleinen Bereich, ohne das umgebende Medium zum Fließen zu bringen, wird der Motor nicht ausreichend gekühlt“, erklärt Andreas Kronberg von Repowering Technik Ost (RTO) aus Halle, die sich schwerpunktmäßig mit dem Ersatz der Rührtechnik bei Biogasanlagen beschäftigt.


Eine weitere Ausfallursache können Partikel wie Sand oder Fasern sein, die durch die Gleitringdichtung in die Ölkammer eindringen und Schäden am Lager verursachen.


Tausch gut planen:

All das sind Gründe, um über den Austausch der Rührtechnik nachzudenken. Doch ein neues Rührwerk kann inklusive Montage je nach Qualität Kosten von 10000 bis 20000 € verschlingen. „Man sollte den Tausch möglichst planmäßig angehen, bevor ein Rührwerk ausfällt und es dann schnell gehen muss“, rät Sven Nefigmann vom Ingenieurbüro Neue Energie Steinfurt (NEST).


Dabei sollten Sie die gesamte Fütterungs-, Pump- und Rührtechnik im Zusammenspiel betrachten. So kann z.B. die Umstellung auf Nassfütterung mit dem Anmaischen des Substrats die Viskosität des Gärgemisches verändern. Auch eine Vorzerkleinerung oder der Einsatz von Enzymen wirkt sich darauf aus. „Sie sollten aber auch an künftige Entwicklungen denken: Kommen zukünftig eventuell mehr Gülle oder mehr Mist in die Anlage?“, so Nefigmann.


Bei der Wahl des richtigen Rührwerks sollten Sie Propellerdurchmesser und Motorgröße auf Form und Volumen des Fermenters sowie auf das eingesetzte Substrat abstimmen, rät Fraunhofer UMSICHT. Tauchmotorrührwerke mit großem Propellerdurchmesser könnten bei geringen Drehzahlen einen maximalen Schub bei niedrigem Stromverbrauch bewirken. Wenn sich das Rührwerk über einen Mast in der Höhe verstellen lässt, können Sie so gezielt Sink- oder Schwimmschichten aufrühren. Geeignet hierfür sind laut Fraunhofer dreiflügelige Schubpropeller, die eine turbulente Strömung in den Schichten erzeugen können.


Grundsätzlich müssen die Rührwerke zu den Einsatzstoffen passen. Das Biogasforum Bayern rät in der Fachinformation „Empfehlungen für die Auswahl von Rührwerken für Gärbehälter“ bei dünnflüssigem Substrat eher zu schnell drehenden Rührwerken. Diese könnten Partikel, die bei dünnem Substrat schneller aufschwimmen, effektiver einmischen. Als Faustformel gibt das Biogasforum an: Je dünnflüssiger das zu durchmischende Medium ist, desto mehr Masse muss das Rührwerk in kurzer Zeit in Bewegung bringen. Das erhöht zwar die Stromaufnahme kurzzeitig. Dafür können Sie die Rührzeiten aber kürzer halten.


Bei zäherem Substrat sind langsam drehende Rührwerke mit weniger als 350 bis 400 Umdrehungen pro Minute und mit großem Flügeldurchmesser besser geeignet. „Bei hohen Drehzahlen und hoher Viskosität des Gärgemisches können Rührflügel nach ein bis zwei Jahren so verschlissen sein, dass ein Tausch notwendig wird“, berichten die Autoren der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).


An Tauchmotoren mit Riefen, wie sie in Güllegruben zum Einsatz kommen, kann sich langfaseriges Material im Gärgemisch ansammeln bzw. um diese herumwickeln. „Daher sollten in Biogasanlagen nur Motoren mit glatter Oberfläche eingesetzt werden“, rät Kronberg.


Auch sollten Sie auf Langlebigkeit achten. „Ein Rührwerk im Gärbehälter lässt sich nicht so einfach austauschen wie in einer Güllegrube“, warnt er. Seiner Beobachtung nach achten Betreiber noch zu häufig auf den reinen Kaufpreis des Rührwerks. Doch Folgekosten bei einem ungeplanten Ausfall können die Anschaffungskosten um ein Vielfaches übersteigen: Das Foliendach der Behälter muss geöffnet werden, die Gasproduktion und -speicherung fällt für mehrere Tage aus. Auch sind die Kosten für Kran, Personal und Montage nicht unerheblich. „Daher sollten Betreiber bei der Wahl des richtigen Rührwerks Energie-, Wartungs- und Montagekosten beim Tausch einbeziehen“, rät Kronberg.


Auf Qualität achten:

Bei der Auswahl von Rührwerken sollten Sie daher grundsätzlich auf die folgenden Qualitätsmerkmale achten:


  • Es gibt inzwischen robuste Modelle, deren Motor bis zu 180000 Betriebsstunden leistet. Auch arbeiten die Hersteller permanent an der Verschleißfestigkeit der Propeller. Flügel aus speziellem Kunststoff sind beispielsweise deutlich langlebiger als aus Metall.
  • Spezielle, extra gehärtete Gleitringdichtungen können verhindern, dass Material eindringt und Lager usw. beschädigt.
  • Das Rührwerk sollte möglichst stromsparend sein. Dazu gehört z.B. ein frequenzgesteuerter Motor. Ältere Modelle hatten nicht selten eine Anschlussleistung von 20 kW und mehr. Moderne Rührwerke sind dagegen schon ab 3 kW auf dem Markt.
  • Dennoch sollte das Gerät sowohl thermische als auch elektrische Leistungsreserven haben. Kronberg nennt ein Beispiel: „Wenn nach Berechnungen ein 6 kW-Motor ausreichen würde, sollten Sie 10 kW wählen. Das kann die Lebensdauer um bis zu 20% verlängern.“
  • Nicht der Anschlusswert des Motors, sondern die Schubkraft beschreibt die Leistung des Rührwerks. Leistungsstarke Rührwerke haben einen Axialschub von 4000 Newton (N). Wichtig dabei ist aber, dass diese Werte nach DIN ISO 21630 gemessen und garantiert werden, ansonsten sagt die Zahl nicht viel aus.
  • Empfohlen werden je nach Einsatzbedingungen möglichst große Propeller bis zu 2,5 m, da damit große Volumenströme von bis zu 4,5 m3 pro Sekunde bei sehr geringem Energieverbrauch möglich sind.


Garnitur muss passen:

Soll die Rührwirkung im Behälter verbessert werden, bringt es wenig, das neue Rührwerk am vorhandenen Mast des alten Geräts zu befestigen. Sinnvoller kann es sein, eine neue Position zu wählen, also weiter weg von der Behälterwand oder dichter an der Einfüllöffnung für das Substrat. „Wenn Sie ein Rührwerk mit mehr Schubkraft einsetzen, sollten Sie außerdem darauf achten, ob die Einbaugarnitur dafür ausgelegt ist“, rät Kronberg. Genauso sollten der Drehkranz des Rührwerks, mit dem es sich horizontal schwenken lässt, sowie die entsprechenden Zahnräder aus verschleißfestem Material wie Edelstahl oder Kunststoff hergestellt sein.


Wollen Sie ein Rührwerk an einem neuen Mast oder Dreibock im Fermenter aufstellen, mussten Sie den Behälter früher erst einmal komplett entleeren. Bei einer 500 kW-Anlage schätzen Fachleute die Ausfallzeit für Fermenterentleerung, Rührwerksmontage, Wiederbefüllung und erneutes Hochfahren auf mehr als 20 Tage. Das kann Ihnen Umsatzausfälle von bis zu 50000 € bescheren. Günstiger ist die Montage, wenn ohnehin eine Revision des Behälters ansteht, z.B., um Sand am Boden abzusaugen oder den Gasraum neu zu beschichten.


Doch inzwischen lässt sich ein Rührwerk auch bei gefüllten Behältern einbauen. Ein Hersteller bietet hierfür eine sogenannte Repowering-Pipe an, mit der sich die Ausfallzeit je nach Fermenter auf 1 bis 2 Tage verkürzen lassen soll. Die Röhre mit ca. 1 m Durchmesser wird in den geöffneten Behälter abgesenkt. Anschließend wird die Flüssigkeit innen abgepumpt, die neue Garnitur mit dem Rührwerk eingelassen und am Behälterboden montiert. Am Ende wird die Röhre per Kran wieder nach oben gezogen.


Hinrich Neumann

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.